Aarau
Stadt Aarau will mehr Kongresse – aber es fehlt noch ein Hotel mit 100 Zimmern

Im Frühjahr 2016 wird das Hotel Kettenbrücke in Aarau eröffnet. Doch die zusätzlichen Betten sind nicht genug, wenn es darum geht, mehr Tagungen und Kongresse in die Stadt Aarau zu bringen.

Hubert Keller
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So wird sich das Hotel Kettenbrücke nach dem Umbau präsentieren.

So wird sich das Hotel Kettenbrücke nach dem Umbau präsentieren.

Visualisierung/ZVG

Vor wenigen Wochen sind die Pläne für ein Aparthotel mit 35 Zimmern in der Überbauung Römerpark in Oberentfelden ad acta gelegt worden. AAR bus+bahn hat entsprechende Pläne an der Hinteren Bahnhofstrasse aufgegeben – aus Kostengründen.

Lohnen sich Hotels in der Region Aarau nicht? Im «Suhrepark» in Suhr ist ein neues Hotel mit 55 Zimmern geplant, die Baubewilligung liegt vor, die Bauarbeiten haben begonnen. Auf Ostern nächstes Jahr wird Werner Eglin das Hotel Kettenbrücke eröffnen. Der Badener Eglin ist nicht bekannt dafür, dass er in Projekte investiert, die sich nicht rentieren.

«Es gibt zwei Gründe, kein Hotel zu bauen», sagt Dominik Wyss, «entweder es besteht kein Bedarf oder es hat keiner gemerkt, dass Bedarf besteht.» Dominik Wyss herrscht als Chef der Aargau Hotels über zehn Betriebe und 397 Betten. Zudem ist er Präsident von Aarau Standortmarketing. Er muss es also wissen.

Günstige Logis für Langzeitgäste

Dominik Wyss bietet im 3-Sterne-Hotel «aarau west» nicht nur 70 Zimmer an, sondern auch sechs Studios für Langzeitmieter, nämlich in der «Villa», wie er sagt, im Dachgeschoss über dem Golfrestaurant.

Hier logieren Langzeitgäste, die ein günstiges Logis suchen, denen aber die familiäre Bed & Breakfast-Atmosphäre zu eng ist. Geschäftsleute, Monteure, Handwerker, die für längere Zeit an ein Projekt in der Region gebunden sind.

Auf solche Gäste zählt auch Markus Spiess, Geschäftsführer der Projektentwicklungsgesellschaft FIBA Real Estate AG in Basel, die das 3-Sterne-Hotel Suhrepark erstellt. Die Zimmer werden mit Kochnischen eingerichtet.

Und Werner Eglin, der in der Kettenbrücke 24 Doppelzimmer und zwei möblierte Wohnungen anbietet, ist sich sicher: Unter der Woche, an den Werktagen, dürfte es kein Problem sein, das Hotel zu füllen. Anders sieht es am Wochenende aus. Da hat es genug Betten. Touristen, die nicht nur einen Tag oder am Wochenende die schöne Stadt geniessen, hat es kaum.

In der Region Aarau hat es fast nur 3-Sterne-Hotels, ganz wenige im 2-Sterne-Segment. Die «Kettenbrücke» wird sich klar im oberen Segment positionieren. «Das ist ein Gewinn für den Tourismus in der Region und die hiesige Hotelbranche», sagt Wyss, der es bedauert, dass die «Kettenbrücke» nicht mehr Zimmer anbieten kann.

Was die Stadt Aarau noch bräuchte, ist ein grösseres Hotel, eines mit 70 bis 100 Zimmern, sagt Wyss. Zusammen mit dem Aarauerhof und den anderen Hotels kämen so rund 300 bis 350 Betten zusammen. Das würde an den Wochenenden Veranstaltungen in die Stadt bringen, Kongresse und Tagungen, Delegiertenversammlungen von Branchenverbänden.

Solche Anfragen, sagt Wyss, müssten oft abgewiesen werden, weil die Gäste nicht untergebracht werden könnten beziehungsweise ausserhalb von Stadt und Region platziert werden müssten.

Solche Veranstalter verabschieden sich in andere Städte. «Wenn aber die Infrastruktur und das Hotelangebot stimmen, gibt es genug Anlässe», sagt Wyss. Das Angebot schafft Bedarf.

Und es fehlen in Stadt und Region Aarau Zimmer im Niederpreis-Segment. «Klein, sauber, preisgünstig, unkonventionell», sagt der Hotelier. Jugendherbergen zum Beispiel für Velotouristen.

Tagestouristen reisen weiter

Esther Schmid, Geschäftsführerin von aarau info, bestätigt dies: «Es sprechen immer wieder Tagestouristen am Schalter vor, die ihren Aufenthalt in der Stadt der schönen Giebel um einen Tag verlängern möchten. Doch es fehlt am passenden Angebot.»

Esther Schmid freut sich auf die «Ketti», mit der sie schöne Jugenderinnerungen verbindet. Sie ist begeistert von der stilvollen Einrichtung, die Mitte Oktober am Tag der offenen «Kettenbrücke» in einem Musterzimmer gezeigt worden ist. Esther Schmids Produkt, die Stadt, wird mit dem neuen Hotel aufgewertet.

Im ersten Halbjahr 2014 hat Aarau Standortmarketing 47 971 Logiernächte registriert. Von Januar bis und mit Juli 2015 waren es 49 585 Logiernächte, also 3,35 Prozent mehr. Dabei handelt es sich um 17 Betriebe unterschiedlicher Grösse nicht nur in der Stadt, sondern in der Region Aarau. Zu beachten ist auch, dass Aarau Standortmarketing Zahlen verwendet, die auf der freiwilligen Abgabe der Tourismustaxe beruhen. Es sind nicht alle Hotels der Region erfasst. Und in den Zahlen von 2015 sind zwei neue Betriebe eingerechnet, die im Vorjahr noch keine Abgabe entrichtet haben. Bereinigt ergibt sich also ein Minus von 1,12 Prozent.

Dass ein neues Hotel das Geschäft beleben kann, beweist Werner Eglin in Baden. Er hat im November 2014 das «Trafo» eröffnet und damit seinem anderen Hotel, dem «Blue City», das nur 50 m vom «Trafo» entfernt liegt, Konkurrenz verschafft. Tatsächlich ging im «Blue City» die sehr gute Belegung von gegen 70 Prozent auf etwas über 60 Prozent zurück. Doch innert einem Jahr schaffte es auch das «Trafo» auf eine Belegung von guten 60 Prozent.

Thomas Lütolf, Leiter Standortmarketing in Baden, bestätigt: «Die Nachfrage hielt mit der Steigerung des Angebots mit.» Bis Ende August zählte er in Baden 58 900 Logiernächte, das sind 29 Prozent mehr als in der gleichen Vorjahresperiode. Seine Hochrechnung ergibt 84 000 Logiernächte bis Ende Jahr, 2014 waren es noch 70 000. Die Stadt Baden hat sieben Hotels mit 537 Betten; mit dem Hotel Trafo erhöhte sich das Bettenangebot mit einem Schlag um fast einen Drittel. Und im Stadtteil Dättwil entsteht ein neues Hotel, das Aparthotel Baregg, mit 102 Zimmern und 12 Appartements.

Wie sagt doch Hotelier Dominik Wyss: Ein weiteres grösseres Hotel hat in Aarau Platz. Die aktuelle Kampagne des Badeners Lütolf heisst übrigens www.kulturpicknick.baden.ch. Er will mit dieser Aktion jährlich rund 1000 Logiernächte genierten – an Wochenenden.