Vier Wochen vor der Abstimmung steigt die Spannung: Nun äussern sich Bürgerliche Vereinigung, Grüne und «IG» zu Vor- und Nachteilen eines Zusammenschlusses.
Am 13. Juni stimmen Turgi und Baden darüber ab, ob ein Fusionsvertrag ausgearbeitet werden soll. In Baden haben bis auf die SVP alle Parteien die Ja-Parole beschlossen (Ausgabe vom 17. April). Und wie sieht es in Turgi aus? Dort sind aktuell drei Parteien aktiv. Die Wichtigste ist die Bürgerliche Vereinigung Turgi (BVT), die vier von fünf Gemeinderäten stellt. Die Partei spricht sich klar für ein Ja am 13. Juni aus, wie Präsident Robert Landis sagt.
«Die Menschen in Turgi haben erkannt, dass eine so kleine Gemeinde wie wir mittelfristig alleine in vielerlei Hinsicht nicht genügend Potenzial hat.» Es sei zum Beispiel schwierig, geeignete Leute für den Gemeinderat zu finden, sagt Landis. «Wenn Baden Nein sagt, beziehungsweise wenn die Fusion nicht zustande kommt, wird Turgi einige Anstrengungen unternehmen müssen, um weiterhin gut funktionieren zu können», glaubt Landis.
Die Vorteile einer Fusion überwiegen klar, ist der BVT-Präsident überzeugt. «Der grösste Nutzen für die Menschen in Turgi: Der Steuerfuss würde nach einer Fusion deutlich sinken, von 113 auf 92 Prozent.» Für ein Ja spreche auch, dass die Gemeinde durch die guten Verbindungen im öffentlichen Verkehr bereits stark auf Baden ausgerichtet sei. Als grössten Nachteil für Turgi erachtet Robert Landis die Aufgabe der Selbstständigkeit. «Es könnte sein, dass gewisse Themen, die für Turgemerinnen und Turgemer sehr wichtig sind, künftig im grossen Baden nicht auf dasselbe Gehör, dieselben Empfindlichkeit stossen.»
Turgi habe Baden gleichzeitig einiges zu bieten, glaubt er: «Ich bin überzeugt, dass einige Firmen nach Turgi kommen werden, weil die Adresse dann offiziell in Baden liegt.» Ausserdem habe Turgi schöne Wohnlagen in der gesamten Limmatschlaufe. Und: «Baden hätte nach der Schliessung des Bahnhofs Oberstadt nach der Fusion mit Turgi wieder einen zweiten Bahnhof.»
Auf die Frage, mit welchem Abstimmungsergebnis er rechne, antwortet Landis: «Das Resultat in Baden ist schwierig abzuschätzen. Zwar war der Einwohnerrat dafür, ebenso hat sich nun die Mehrheit der Parteien für ein Ja ausgesprochen. Aber es gibt bekanntlich Widerstand von der SVP und von Teilen der FDP.» Was Turgi betrifft, sei er sehr zuversichtlich, dass die Mehrheit der Bevölkerung einen Zusammenschluss befürworte.
Die IG Turgi, im Gemeinderat mit einem Sitz vertreten, führte wegen Corona schon länger keine Versammlung mehr durch. «Aber die Mehrheit der Mitglieder ist für die Ausarbeitung des Fusionsvertrags,» sagt Eva Eliassen, Mitglied der sogenannten IG-Kerngruppe. Die Kerngruppe spreche sich ganz klar für ein Ja aus.
Eliassen sagt, sie sei zu Beginn eher skeptisch gewesen, «weil ich mich in Turgi so wohl fühle». Doch an Workshops habe sie realisiert, dass eine Fusion wichtig wäre. «Inzwischen bin ich eine klare Befürworterin eines Zusammenschlusses», sagt Eliassen. In Turgi sei es extrem schwierig geworden, Leute für Ämter zu finden, sei es für den Gemeinderat, die Schulpflege oder Kommissionen. Dieses Problem würde mit einer Fusion wegfallen. «Turgi könnte enorm von einer Fusion mit Baden profitieren. Baden ist eine grosse Stadt mit einer sehr guten Verwaltung und mit Ressourcen, die wir alleine nie haben könnten», sagt Eliassen.
Doch Turgi müsse sich nicht verstecken, habe Baden viel zu bieten. «Baden baut zwar ein grosses Oberstufenzentrum, aber früher oder später wird der fehlende Schulraum wieder zum Thema.» Turgi verfüge erstens bereits heute über eine Bezirksschule, und hätten zweitens direkt daneben noch eine riesige freie Parzelle, ein grosses Stück Rasen, das von der Gemeinde seit jeher für eine mögliche Erweiterung freigehalten worden sei, sagt Eliassen. Für Schülerinnen und Schüler aus dem Kappelerhof wäre die Bezirksschule am Standort Turgi wohl fast schneller zu erreichen als das Oberstufenzentrum Burghalde. «Hinzu kommt, dass nach einer Fusion das Verwaltungsgebäude frei werden würde. Ausserdem haben wir bekanntlich noch weitere freie Flächen für Wohnungen und Gewerbe, etwa beim Bahnhof», sagt Eliassen. Sie hoffe sehr auf ein Ja an beiden Orten. «Wir würden auch von der Mentalität her wunderbar zusammenpassen. Die Menschen in Turgi sind bereits heute sehr in Richtung Baden orientiert.»
Grünen-Präsident Guido Bertozzi: «Die Zusammenarbeit zwischen Baden und Turgi läuft vorbildlich, deshalb steht dem Kreditantrag für die Ausarbeitung des Fusionsprojektes am 13. Juni nichts im Wege.» Aus Sicht von Turgi für eine Fusion sprechen laut Bertozzi die zunehmend anspruchsvoller werdenden Geschäfte der Gemeinde. «Diese verlangen nach professionellen Strukturen mit genügend Ressourcen, über die Baden verfügt.» Aus Sicht der Stadt, glaubt Bertozzi, könnte eine erfolgreiche Fusion mit Turgi frischen Wind in die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit bringen. Das sei dringend notwendig, wenn die Klimaziele in der Region in nützlicher Frist erreicht werden sollen. Und Bertozzi sagt: «Der Blick nach Westen stärkt Baden und den Kanton, wenn es Baden gelingt, die Fusion auf den Weg zu bringen und Gebenstorf und dem Siggenthal ein Stück näher zu kommen.»