Coiffeur
20 Jahre Sandro Bross – um ein Haar wäre er dieses Jahr aus Baden weggezogen

Am 1. Dezember 1999 eröffnete Sandro Bross sein Coiffeur-Geschäft in Baden – fast hätte er dieses Jahr seinen Salon nach Zürich gezügelt.

Martin Rupf
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Sandro Bross mit «Benji» in seinem Salon.
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Der Badener Coiffeur zeigt sich immer wieder gerne mit Promis wie Ex-Mister-Schweiz André Reithebuch (2009)...
...oder der damaligen SRF-Moderatorin Nicole Berchtold (2010).
Sandro Bross
Sandro Bross war 2009 Artistic Director der Mister Schweiz Wahl.

Sandro Bross mit «Benji» in seinem Salon.

Sandra Ardizzone

«Der Starcoiffeur ist auf den Hund gekommen»: So könnte der Titel dieses Artikels lauten. Doch er würde erstens die Story nicht auf den Punkt bringen, sondern zweitens vor allem Sandro Bross keine Freude bereiten. «Ich störe mich immer daran, wenn ich als Promi- oder Starcoiffeur bezeichnet werde», so der 51-Jährige. Ob es sich dabei um Koketterie handelt, oder er es wirklich so meint, bleibt sein Geheimnis.

Verbürgt ist hingegen, dass Bross genau morgen Sonntag mit seinem Coiffeursalon am Schlossbergplatz sein 20-jähriges Firmenjubiläum feiert. Am 1. Dezember 1999 eröffnete er im 1. Stock des «Neuenschwanderhauses» sein Geschäft. Dass er Coiffeur werden würde, sei schon früh klar gewesen. «Mein Vater hat in Birsfelden, wo ich auch ein Teil meiner Kindheit verbrachte, zwei Coiffeursalons betrieben.» Klein-Bross sei schon früh vom Beruf fasziniert gewesen. «Ich habe schon als kleiner Knirps Haare an Puppenköpfen geschnitten und zum Leidwesen meiner älteren Schwester auch die Zöpfe ihrer Barbiepuppen abgeschnitten.» Doch nicht nur das Handwerk, sondern das ganze Drumherum hat früh eine grosse Anziehung auf ihn ausgeübt. «Mein inzwischen leider verstorbener Vater war immer ein Vorbild in Sachen Freundlichkeit für mich. Er war bei allen Menschen beliebt.» Auch habe ihn sein Vater früh alle wichtigen Benimmregeln gelehrt. «Und vor allem hat er mir die Liebe für alles, was mit Schönheit, Genuss und Ästhetik zusammenhängt vermittelt», erinnert sich Bross.

In der Lehre bediente er Kunden aus dem «Basler Daig»

Auch in der Schule habe sich nichts an seinem Wunsch, Coiffeur zu werden geändert. «Ich war in der Sek, doch das war mir zu streng, weshalb ich mich in die Realschule versetzen liess», sagt Bross lachend. Er habe sich dann für eine Lehre beim legendären Coiffeur Beat Bühler in Basel entschieden. Kaum in der Lehre habe er es mit sehr anspruchsvollen Kunden aus dem «Basler Daig» zu tun bekommen. «Schon nach wenigen Tagen war ich voll im Zirkus.» Auch sei er nach Feierabend immer in den Quartieren Haare schneiden gegangen. «Ich war mir für nichts zu schade, habe sehr viel gearbeitet, dafür aber sehr viel gelernt.» In dieser Zeit las Bross auch sehr viele Hochglanzmagazine und stellte sich immer vor, wie es wohl wäre, Prominenten die Haare schneiden zu können.

Nach der dreijährigen Lehre wollte Bross weg aus Basel. Das Geschäft seines Vaters zu übernehmen, sei dabei keine Option gewesen. «Ich wollte mich nie ins gemachte Nest setzen.» Über zehn Angebote haber er nach seiner Lehre gehabt. Eher zufällig entschied er sich für Grimm&Wassmer in Baden – das war 1989. «Einen Kulturschock hatte ich überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ich fand Baden megacool.» Es habe über ein halbes Jahr gedauert, ehe er sich ein erstes Mal nach Zürich traute. «Ich hatte vor dieser Stadt regelrecht Angst, was natürlich unbegründet war», sagt Bross lachend.

In den kommenden Jahren arbeitete er in verschiedenen Geschäften in Baden, Zürich und Neuenhof. «Eines Tages sass der Unternehmer Dres Kern bei mir auf dem Stuhl und fragte mich, wieso ich mich eigentlich nicht selbstständig mache.» Es seien Räume im sanierten «Neuenschwanderhaus» am Schlossbergplatz frei. «Ich zögerte zuerst: Ein Geschäft hinter der Bäckerei Moser? Da sagte mir Kern, es seien auch Räume im 1. Stock frei.»

Kurz vor Eröffnung fehlten plötzlich 30'000 Franken

Und so kam es, dass er den Schritt in die Selbstständigkeit wagte – es war der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser: «Wenige Tage vor der Eröffnung sprang mein Geschäftspartner ab. Ich musste innerhalb von 48 Stunden 30'000 Franken zusammenkriegen. Sein Vater habe schliesslich einen Teil seiner Pensionskasse aufgelöst. «Das restliche Geld bekam ich vom Mann einer Kundin, die mich gefragt hatte, weshalb ich so niedergeschlagen dreinschaue.»

Doch wie wurde aus Sandro Bross der Promicoiffeur, auch wenn er gar nicht so genannt werden möchte? «Eines Tages habe ich ein Foto der Sängerin und Moderatorin Jeanette Macchi-Meier gesehen und mir gedacht: Die braucht eine geile Frisur.» Also habe er sie angerufen. Erst habe sie gemeint, er sei ein frecher Kerl. Doch vom Resultat sei sie so sehr angetan gewesen, dass sie ihn ihrem Bekanntenkreis ans Herz gelegt habe. Später kamen Aufträge für «Switzerland’s next Topmodel» oder für die Mister-Schweiz-­Wahlen dazu. «Mich hat an der Promiwelt nie das Oberflächliche oder die Fassade interessiert, sondern vielmehr der Umstand, dass es eben ganz normale Menschen mit all ihren Hochs und Tiefs sind.»

Bross ist es wichtig zu betonen, dass sein Coiffeursalon ein ganz normaler ist, und hier jedermann und -frau willkommen sei. «Wir sind nicht teurer als die vergleichbare Konkurrenz.» Apropos Konkurrenz: Baden ist bekannt für seine Coiffeur-Dichte. Wie steht Bross zu seinen Konkurrenten? «Ich spreche nicht gerne von Konkurrenten, eher von Mitbewerbern.» Überhaupt kenne er weder privat noch beruflich Neid. «Missgunst ist Gift für die Kreativität, die wir täglich an den Tag legen wollen.»

Sein Geschäft hatte er schon einem Badener Coiffeur verkauft

Mit acht Angestellten hat Bross vor 20 Jahren begonnen. Heute sind es doppelt so viele – davon drei Auszubildende. «In all den Jahren gab es immer wieder Up and Downs. Aber heute kann ich sagen, dass das Geschäft gut dasteht. Aber: Mit Haareschneiden wird man nicht reich», so Bross, der täglich selber mit der Schere die Kunden bedient. «Mein Partner und ich lieben schönes Design, schöne Reisen und ich fahre auch gerne schöne Autos. Dafür verzichte ich bei anderen Sachen.»

Bross ist stolz darauf, dass er auf Mitarbeiterinnen zählen könne, die seit fast 20 Jahren dabei sind. «Wir sind wie eine Familie.» Doch diese Familie wäre um ein Haar umgezogen. Denn dieses Jahr passierte, was laut Bross in seinem Leben oft passiert sei: «Ich musste nie etwas suchen, es kam immer automatisch auf mich zu.» Ein Objekt an der Zürcher Goldküste sei ihm diesen Sommer angeboten worden. «Als ich vor Ort war, habe ich sofort eine gute Energie gespürt.» In der Folge habe er einen Mietvertrag unterschrieben und für sein Geschäft sogar einen Käufer gefunden – ein bereits in Baden ansässiger Coiffeur. «Ich wollte nochmals raus aus der Komfortzone. Doch der Vermieter in Zürich hat einen Rückzieher gemacht; der Vertrag kam doch nicht zu Stande.» Was sich wie eine Niederlage anhört, hat für Bross aber auch sein Gutes. «Der Rückzug hat mich gezwungen, zu überlegen, weshalb ich überhaupt aus Baden wegziehen will, wo es mir hier doch eigentlich so gut gefällt.» Zum Glück habe er vom Käufer sein Geschäft unkompliziert wieder zurückkaufen können. «Heute bin ich überzeugt, dass dies ein Zeichen ist, dass ich einfach zu Baden gehöre.»

Und so könne er sich gut vorstellen, auch die nächsten 20 Jahre in Baden zu bleiben. «Ob ich dann noch arbeite, weiss ich nicht», so Bross lachend. Er sei heute einfach nur stolz, auch in schwierigen Zeiten durchgehalten zu haben. Auch das hat er von seinem Vater gelernt. «Junge, halte die Ohren steif.»