Bezirksgericht
53 Kilo Marihuana: Wegen einem Schuldenberg zum Drogenhändler

Drogenhandel und Diebstahl, Betrug, Urkundenfälschung und Hehlerei: Wegen dieser Vorwürfe stand ein 37-jähriger Kosovare vor dem Bezirksgericht Baden. Der Staatsanwaltschaft forderte 6,5 Jahre Gefängnis. Ganz so schlimm kam es nicht für ihn.

Rosmarie Mehlin
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Marihuana: Mit dem Handel dieser Droge versuchte ein Kosovare, seine Schulden abzuzahlen. (Symbolbild)

Marihuana: Mit dem Handel dieser Droge versuchte ein Kosovare, seine Schulden abzuzahlen. (Symbolbild)

Keystone

Kadri (alle Namen geändert), als Zweijähriger aus dem Kosovo hierher gekommen, war 33 Jahre alt, verheiratet, Vater von zwei Kindern und kaufmännisch tätig im Reisebranche-Geschäft seines Vaters, als er 2010 eine Gerüstebau-Firma gründete. Dafür stürzte Kadri sich in sehr grosse Schulden, dies hauptsächlich bei seinem Vater. Als es Kadri ein Jahr nach seiner Firmengründung dämmerte, dass er auf geradem Wege geschäftlich wohl nie auf einen grünen Zweig kommen würde, begab er sich auf krumme Touren, die ihn jetzt schliesslich vor Gericht brachten.

Da sass Kadri, nunmehr bald 37-jährig und klüger als zuvor. Dies versicherte der eher feingliedrige Mann mit dem kurz geschnittenen Haar jedenfalls in larmoyantem Tonfall. Eine gehörige Portion Selbstmitleid stand ihm ins glattrasierte Gesicht geschrieben. Kunststück – der Staatsanwalt forderte eine Freiheitsstrafe von 6 1/2 Jahren für Kadri. Angeklagt war er des bandenmässigen Diebstahls, des Betrugs, der Urkundenfälschung, Hehlerei und der gewerbs- und bandenmässigen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Baumaterial und Haushaltgeräte

Im Oktober 2011 hatten Zoran und Memet, zwei Angestellte von Kadri, mit dessen Wissen und Einverständnis von der Firma, für die Kadris Unternehmen im Unterakkord tätig war, ab Baustellen und Lager Gerüstbaumaterial im Wert von rund 229 000 Franken gestohlen. Allerdings bemerkte die Geschädigte den Diebstahl rasch und holte sich ihr Material zurück.

Das diebische Trio indes hatte die besagte Gerüstefirma auch noch um knapp 19 800 Franken betrogen: Memet hatte, nach Absprache mit seinen beiden Kumpels, als bauführender Akkordarbeiter in die Abrechnungsformulare nicht geleistete Regiestunden eingetragen. Kadris Mittäter wurden vor einiger Zeit vom Bezirksgericht Lenzburg verurteilt: Memet zu 17 Monaten bedingt, der vorbestrafte Zoran zu 30 Monaten unbedingt.

Auch Kadri ist – wegen Urkundenfälschung, Nötigung und Körperverletzung – vorbestraft. Und wie sich nach seiner Festnahme im Januar 2012 herausstellte, hatte er zwischen 2006 und 2012 auch ordentlich als Hehler auf die Pauke – respektive diverse Haushaltsgeräte – gehauen.

Nachdem Kadri erfahren hatte, dass sein ehemaliger Schulkollege Milko zusammen mit einem Arbeitskollegen ihre Arbeitgeber – eine Firma in Spreitenbach und eine in Dietikon – wie die Raben beklauten, besorgte Kadri sich entsprechende Verkaufskataloge. Daraus stellte er keinen Poschti, sondern einen Klau-Zettel zusammen.

Der umfasste vom Tumbler bis zur Kaffeemaschine, vom Weinkühler bis zur Geschirrwaschmaschine alles, was das Leben im Haushalt erleichtert. Milko beschaffte die «bestellten» Geräte im Gesamtwert von 115 000 Franken und Kadri exportierte sie zu Verwandten und Bekannten in den Kosovo.

53 Kilo Marihuana

Nachdem Kadri Anfang 2012 zwei Monate in U-Haft gesessen hatte, war sein Schuldenberg immer noch enorm. Also suchte er einen neuen Weg zum Abbau desselbigen und wurde bei einem Brüderpaar – Landsleute von ihm – fündig, das einen Draht ins Drogenmilieu hatte. Zwischen Dezember 2012 und April 2013 erwarb und verkaufte das Trio zirka 53 Kilo Marihuana und erzielte dabei einen Gewinn von rund 89 000 Franken.

Kadri habe aus dem Schatten seines Vaters treten wollen, begründete dessen Verteidiger – ein sehr bekannter Milieu- und Rocker-Anwalt aus Zürich – die Missetaten seines Mandanten. Er forderte Freisprüche in verschiedenen Punkten und eine teilbedingte Strafe von 30 Monaten – neun davon unbedingt - und plädierte rund zweieinhalb Stunden für dieses Ziel. Erfolglos: Das Gericht unter Vorsitz von Gabriela Fehr sprach Kadri zwar in einigen Nebenpunkten frei, verurteilte ihn aber zu einer Freiheitsstrafe von 4 3/4 Jahren.