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In Wettingen und Endingen stehen 5G-Mobilfunkanlagen auf dem Dach des Gemeindehauses. Nur, die Gemeinden wussten nichts davon.
Noch befindet sich das Mobilfunknetz der fünften Generation (5G) im Aufbau. Die Anbieter nehmen derzeit aber Antenne um Antenne in Betrieb, Swisscom etwa will bis Ende Jahr 90 Prozent der Bevölkerung mit der neuen Technologie versorgen. Auch in der Region Baden und Zurzach investieren die Mobilfunkanbieter ins 5G-Netz, das eines Tages das Internet der Dinge ermöglichen soll, also die Vernetzung von Maschinen und Geräten fast in Echtzeit.
Laut Bundesamt für Kommunikation stehen in den beiden Bezirken bereits acht Mobilfunkantennen der neusten Generation. Dass die Gemeinden oftmals keine Kenntnis davon haben, wo überall auf ihrem Gebiet 5G-Anlagen stehen, zeigte sich bereits diesen Februar in Baden: Sunrise rüstete die Anlage auf dem Dach der Liegenschaft an der Stadtturmstrasse 8 auf den neusten Standard um, ohne dass die Eigentümerin, eine Anlagestiftung, oder die Stadt Baden davon Kenntnis hatten.
«Man sollte eine Volksabstimmung machen»:
Kaum zu glauben: Teilweise befinden sich 5G-Antennen sogar auf Dächern von Rat- und Gemeindehäusern, ohne dass die örtlichen Behörden davon wussten. Der Wettinger Gemeindeschreiber Urs Blickenstorfer sagt auf Anfrage: «Wir hatten bis zur Berichterstattung in den Medien tatsächlich keine Kenntnis über die drei Standorte in der Gemeinde. Einer befindet sich effektiv auf dem Rathausdach.» Diese Zeitung publizierte am 2. Mai die Karte mit allen Standorten von 5G-Antennen im Bezirk Baden (siehe unten). All diese Antennen seien bereits in Betrieb, teilte das Departement Bau, Verkehr und Umwelt gestern auf Anfrage mit.
Auch auf dem Dach der Gemeindeverwaltung von Endingen im Bezirk Zurzach befindet sich eine 5G-Mobilfunkanlage. «Aus rechtlicher Sicht lief alles korrekt ab», sagt Gemeindeammann Ralf Werder. «Im Herbst 2017 lag ein Baugesuch für einen Antennen-Umbau in den bestehenden Frequenzbändern auf, das bewilligt wurde. Die Bewilligung zur Aufrüstung der Mobilfunkanlage auf 5G lief jedoch über ein vereinfachtes Verfahren beim Kanton ab, in das wir nicht involviert waren.» Er selber nutze das Handy intensiv, er sei kein Gegner von 5G, sagt Ralf Werder. «Dennoch finde ich, es wäre angebracht gewesen, wenn der Antennenbetreiber uns über die Aufrüstung der Antenne informiert hätte.»
Beim Kanton heisst es, die Bewilligung von Mobilfunkantennen liege zwar grundsätzlich bei den Gemeinden beziehungsweise Städten. «Wird jedoch eine Antenne ersetzt, kann dies im Rahmen eines sogenannten Bagatellverfahrens abgewickelt werden.» Dabei können Antennen auf 5G umgerüstet werden. Swisscom erklärte dazu schon mehrfach, technologisch gesehen sei die verwendete Frequenz entscheidend, nicht die Mobilfunkgeneration. Darum würden die Baugesuche technologieneutral eingegeben.
Für die Mobilfunkanbieter geht es um ein Milliardengeschäft. Kunden sollen so schnell wie möglich von 5G profitieren können. Die Anbieter suchen darum nach idealen Antennen-Standorten. Die Eigentümer werden entschädigt – die Gemeinde Wettingen beispielsweise erhält für die Antenne auf dem Rathausdach jährlich einen «tiefen fünfstelligen Betrag», wie es auf Anfrage heisst. Eine Zahl, die grosso modo jener entspricht, welche die SRF-Sendung «Kassensturz kürzlich öffentlich machte: Sunrise bot für eine Antenne auf einem Mehrfamilienhaus in der Stadt Zürich 120'000 Franken, als Einmalzahlung oder in Raten über 15 Jahre. Angesichts dieser Summen ist es wahrscheinlich, dass auch in der Region Baden und Zurzach bald Antennen auf Grundstücken von Privaten zu sehen sein werden.
5G sorgt seit Monaten für Diskussionen. Gegner befürchten gesundheitliche Schäden wegen ihrer Meinung nach zu hoher Strahlenbelastung. Befürworter versprechen sich eine Revolution des Internets. Autonome Autos etwa rücken einen Schritt näher, weil sie dank der Technologie innert Millisekunden Informationen über veränderte Verkehrssituationen erhalten können.