Startseite
Aargau
Baden
Rentner Karl Frutiger erhielt eine Busse wegen illegaler Abfallentsorgung – aus dem Kanton Thurgau. Die Gemeinde Raperswilen hat inzwischen eingelenkt, Frutiger muss die Busse nicht zahlen.
Karl Frutiger aus Würenlos staunte nicht schlecht, als er vor kurzem in seinem Briefkasten Post aus Raperswilen im Kanton Thurgau vorfand. In einem Couvert erhielt er ein Schreiben der Ostschweizer Gemeinde, in dem der 92-Jährige aufgefordert wird, 200 Franken innert fünf Tagen mit dem beiliegenden Einzahlungsschein zu bezahlen.
Eine Busse, weil Frutiger Haushaltskehricht illegal in der Grüngutmulde in Raperswilen entsorgt haben soll. Dem Brief beigelegt war zudem ein Foto des Mülls sowie eine Kopie von Papierschnipseln mit einem Aufdruck der Adresse von Frutiger. «Ich vermute, die Schnipsel stammen von alten Zeitungen. Ich belege den Boden meiner Müllsäcke mit alten Zeitungen, damit sie gerade stehen», sagt Frutiger. Irgendwie müssen seine Zeitungen bis nach Raperswilen gelangt sein.
Den restlichen Müll, unter anderem eine Schachtel des Gebäckherstellers Kambly und kleineres Autozubehör, habe er noch nie gesehen: «Mir ist unerklärlich, wie meine alten Zeitungen in den Kanton Thurgau kamen.» Er sei auf alle Fälle unschuldig: «Ich fahre doch nicht 70 Kilometer, um meinen Müll zu entsorgen. Ausserdem besitze ich gar keinen Führerschein mehr.»
Der Fall schien ihm derart skurril, dass Frutiger zuerst daran dachte, dass dahinter Betrüger stecken könnten. Der Brief wies Grammatikfehler auf: «Wer bei der Gemeinde arbeitet, sollte doch im Stande sein, fehlerlos Briefe zu schreiben.» Die Hauswartin riet ihm, die Polizei zu verständigen. Er verwarf den Gedanken jedoch wieder: «Ich war mir sicher, die Angelegenheit ohne die Polizei aufklären zu können.»
Frutiger ist nicht nur irritiert über die Busse. Am meisten stört ihn, dass die Gemeindeverwaltung von Raperswilen gleich einen Brief mit Zahlungsaufforderung schickte, ohne zuerst telefonisch mit ihm Kontakt aufzunehmen: «Meine Nummer ist ja im Telefonbuch zu finden.» Zum Hörer griff schliesslich Frutiger, um mit dem Gemeindepräsidenten zu sprechen, der das Schreiben unterzeichnet hatte: «Ich gelangte an eine Sekretärin, die mir sagte, dass der Gemeindepräsident nicht erreichbar und sie nicht zuständig sei. Ich nannte meine Nummer mit der Bitte, er solle sich bei mir melden.» Frutiger wartete vergeblich auf einen Anruf aus der Gemeinde Raperswilen.
Für die Aargauer Zeitung hingegen fand Gemeindepräsident Willi Hartmann dann doch Zeit für ein telefonisches Gespräch. Den Ärger von Frutiger, dass man ihn nicht zuerst anrief, versteht Hartmann. Er fügt aber hinzu: «Ein Telefonat würde nichts an der Sachlage ändern. Wir folgen in solchen Fällen einem Muster, das gewisse Schritte beinhaltet. Es ist nicht das erste Mal, dass solche illegale Entsorgungen bei uns vorgekommen sind.» Auch Hartmann kann sich nicht erklären, wie die Zeitungen aus dem Kehricht von Frutiger in Würenlos nach Raperswilen in die Grüngutmulde gelangten: «Wir bitten Herrn Frutiger, sich in seinem Umfeld zu erkundigen, ob jemand seinen Kehricht entsorgt hat.»
Mittlerweile hat sich die Gemeinde Raperswilen nun doch bei Frutiger gemeldet. Die Sekretärin liess ihm per Telefon von Präsident Hartmann ausrichten, dass Frutiger die Busse nicht zahlen müsse. Zudem entschuldige sich Hartmann. Frutiger freut das, obwohl er mit der Busse bereits abgeschlossen hatte: «Ich zahle sicher nicht für Fehler anderer Leute. Noch einmal: Ich habe keinen blassen Schimmer, wie meine Zeitungen in eine Grüngutmulde im Kanton Thurgau gelangen konnten.»