Am Sonntag stimmt der Aargau über das neue Steuergesetz ab – eine Annahme würde den Druck auf den Wettinger Steuerfuss weiter erhöhen. Die Fraktion SP/WettiGrüen ist alarmiert.
Am 15. Mai wird im Aargau über die Steuergesetzrevision 2022 abgestimmt: Sie enthält tiefere Tarife für Firmen und höhere Abzüge für natürliche Personen, rückwirkend auf den 1. Januar. Dies würde bei Kanton und Gemeinden zu Mindereinnahmen führen, was der Wettinger Einwohnerratsfraktion von SP/WettiGrüen Sorgen bereitet.
Linksgrün schreibt in einer Interpellation: «In den letzten zehn Jahren hat Wettingen die vielen Investitionen für Schulhäuser, den Strassenunterhalt oder die Tägi-Sanierung nur zum Teil mit den Steuereinnahmen finanzieren können, für den Rest mussten wir Schulden machen. In einer solchen Lage sind Steuerausfälle Gift für den Finanzhaushalt der Gemeinde.» Den Vorstoss reichte die Fraktion im März beim Gemeinderat ein, dessen Antwort nun vorliegt.
Wettingen ächzt unter einem stetig gewachsenen Schuldenberg. Erst 2021 konnte dieser für einmal wieder gesenkt werden, um 12 auf 111 Millionen Franken – vor allem dank Zahlungen umliegender Gemeinden an die Sanierung des Tägi Sportzentrums.
Der Kanton hat aufgrund der Rechnungsabschlüsse 2021 der Gemeinden berechnet, wie sich die Steuerrevision auf die einzelnen Gemeinden auswirkt. Die Steuereinnahmen für Wettingen würden dieses Jahr etwa 60,53 Millionen Franken betragen, rund eine Million weniger als ohne Revision.
Bis 2025 sind jährliche Mindereinnahmen von bis zu 2,9 Prozent prognostiziert, was fast zwei Millionen Franken weniger ausmachen würde. Für 2026 und die darauffolgenden Jahre sind keine Zahlen vorhanden.
Der Gemeinderat zeigte in der Interpellationsantwort auch die Steuereinnahmen ab 2022 auf, falls die Revision angenommen wird. Dabei bezog er das prognostizierte Bevölkerungs- sowie Wirtschaftswachstum und einen gleichbleibenden Steuerfuss von 95 Prozent mit ein.
Demnach steigen die Einnahmen zwar. Doch: «Die Ausfälle führen dazu, dass das Wachstum der Steuereinnahmen gebremst wird. Sie machen rund zwei bis drei Steuerprozente aus», schreibt der Gemeinderat in seiner Antwort. Und weiter:
«Die hohe Verschuldung der Gemeinde und die ungenügende Selbstfinanzierung werden dadurch verschärft.»
Er hält die Steuerausfälle ohne eine Erhöhung des Steuerfusses für nicht verkraftbar. Die Steuerprognosen inklusive Revision seien ein Grund gewesen, weshalb der Gemeinderat im aktuellen Finanzplan 2021 bis 2025 auch eine Steuerfussanpassung einplante.
SP/WettiGrüen wollte in der Interpellation auch wissen, um wie viele Punkte der Steuerfuss denn erhöht werden müsste, um die prognostizierten Ausfälle zu kompensieren «oder in welchen Bereichen denn künftig gekürzt werden müsste».
Der Gemeinderat schreibt dazu, dass der Spielraum für weitere Einsparungen bei den beeinflussbaren Ausgaben minimal sei und für den Finanzplan, insbesondere die Investitionsströme, nun die notwendigen Schlüsse für die Entwicklung des Steuerfusses und den Schuldenabbau gezogen werden müssten.
Dennoch: Wegen des guten Rechnungsabschlusses 2021 und der Tatsache, dass bisher negative Corona-Effekte ausgeblieben seien, «hat sich die Situation kurzfristig entschärft». Zur Erinnerung: Statt eines budgetierten Defizits von 4,4 Millionen schloss Wettingen das vergangene Jahr mit einem Überschuss von 2 Millionen Franken ab.
Bei der Präsentation der Rechnung 2021 im März hatte der Gemeinderat deshalb erklärt, dass es bei diesem Ergebnis schwierig sei, die im vergangenen Jahr für 2023 angekündigte Steuerfusserhöhung der Bevölkerung schmackhaft zu machen.