Das Dorf im Reusstal hat jahrelang von einer Verbundlösung mit Neuenhof und weiteren Gemeinden profitiert. Doch weil eine grosse Unterkunft wegfällt, nimmt nun auch Stetten wieder Asylsuchende auf.
«Der Asylverbund Neuenhof, dem auch Stetten angeschlossen ist, erfüllt derzeit seine Aufnahmepflicht nicht», teilte der Gemeinderat Stettens kürzlich mit. Der Grund: An der Stockstrasse in Neuenhof werden Mehrfamilienhäuser abgerissen, in denen asylsuchende Ehepaare und Familien untergebracht sind. Auslöser ist ein Bauprojekt, das den Abriss und den Neubau von drei Mehrfamilienhäusern vorsieht. Zwei von diesen Mehrfamilienhäusern bilden heute eine kantonale Asylunterkunft. Der Mietvertrag zwischen Eigentümerin und Kanton endet im Mai 2022.
Der Abriss hat auch Folgen für andere Gemeinden. Stetten, Würenlos, Killwangen, Ober- und Niederrohrdorf sind dem Asylverbund Neuenhof angeschlossen. Aargauer Gemeinden müssen eine Ersatzabgabe von 90 Franken pro Tag und Person zahlen, wenn sie ihre Aufnahmepflicht nicht erfüllen. Allerdings sind Asylverbunde von mehreren Gemeinden möglich, welche in der Summe die Pflicht erfüllen.
Besonders einschneidend wird die Veränderung für Stetten. Die Gemeinde hat seit Sommer 2012 keine Asylsuchenden mehr im Dorf. Die acht Asylsuchenden, die Stetten gemäss aktueller Quote aufnehmen müsste, lebten in Neuenhof. In Anbetracht der ungewissen Zukunft des Asylverbunds hat Stetten bereits im Frühjahr gehandelt. Seit dem 17. Februar sind zwei männliche Asylsuchende im Restaurant Krone untergebracht.
Doch das reicht nicht. Nun hat die Gemeinde erneut Massnahmen ergriffen. «Im Verbund haben wir die Abmachung getroffen, dass wir mindestens vier weitere Asylsuchende aufnehmen», sagt Ressortvorsteherin und Vizeammann Barbara Fischer (FDP).
Während der Sommerferien wurde das «Seilerhaus» an der Schulhausstrasse 2 wieder instand gestellt. Der Boden wurde erneuert, die Wände gestrichen, die Heizung ersetzt und die Elektrik und sanitären Anlagen auf Vordermann gebracht. Fischer rechnet damit, dass eine Familie mit vier bis sechs Personen einziehen kann. «Genaueres wird noch mit dem Kanton geklärt», sagt sie. Der Kanton definiert zweimal pro Jahr, wie viele Asylsuchende eine Gemeinde aufnehmen muss.
«Wir haben jahrelang von der Verbundlösung profitiert», sagt Fischer, «und wir wollen den Verbund auch fortsetzen.» Es sei aber schwierig, Immobilien für Grossunterkünfte zu finden. In kleinen Gemeinden wie Stetten sei es schier unmöglich.
Fischer macht keinen Hehl daraus, dass sie sich eine Lösung beim Kantonsspital Baden gewünscht hätte. «Grossunterkünfte bieten Synergien bei der Betreuung und der Infrastruktur», sagt sie. Das mache mehr Sinn als viele Kleinunterkünfte verteilt über viele Dörfer.
Dem gemeinderätlichen Aufruf, Mobiliar und Haushaltswaren für das «Seilerhaus» zu spenden, ist die Bevölkerung in Stetten nachgekommen. Der Gemeinderat rechnet nach Abebben der Coronapandemie mit einer zunehmenden Asylwelle. Der Aufruf nach einer weiteren Immobilie in Stetten verhallte allerdings erfolglos.