Wettingen
Auch fünf Jahre nach der «Sonnenblick»-Schliessung gibts keinen Lohn

2010 wurde die Klinik Sonnenblick geschlossen, noch immer ist der Konkurs nicht beendet. 90 Mitarbeitende haben damals keinen Lohn erhalten. Doch auch heute fehlt von diesem Geld noch jede Spur. Und das sind immerhin über 10'000 Franken – pro Person.

Dieter Minder
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Im Mai 2010 finden sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des «Sonnenblicks» zu einem Abschiedsfoto auf den Balkonen der Klinik.

Im Mai 2010 finden sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des «Sonnenblicks» zu einem Abschiedsfoto auf den Balkonen der Klinik.

Roman Schenkel/az

Dienstag, 25. Mai 2010: Die Klinikleitung des «Sonnenblicks» Wettingen ruft die rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen. Klinikdirektor Felix Lienert hat nur eine Botschaft: «Die Klinik ist nicht mehr zahlungsfähig, sie wird am Freitag geschlossen.» Auch heute noch sprechen verschiedene Mitarbeiterinnen von einem grossen Schock. Neu heute warten sie auf ihren Lohn, denn das Konkursverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Falsche Lohnabrechnungen

Die meisten ehemaligen Mitarbeiterinnen sind sich einig, die Probleme im «Sonnenblick» begannen, nachdem Klinikdirektor Alfred Sigrist 2008 den Betrieb verlassen hatte. Damals habe es auch einen Wechsel in der Administration gegeben.

«Die Lohnabrechnungen stimmten nie», sagt eine ehemalige Mitarbeiterin. Sie will, wie auch alle anderen, nicht mehr namentlich genannt werden. Zu stark sind die negativen Erinnerungen, zu gross die Angst, Aussagen könnten eine künftige Stellensuche schwierig machen.

Eine andere erinnert sich, dass ihr sogar die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialinstitutionen vom Lohn abgezogen wurden. «Nur mit dem Rechtsschutz gelang es mir, das Geld noch kurz vor dem Konkurs zu erhalten.»

Als die Schliessung der Klinik Sonnenblick angekündigt wurde, hat man uns versprochen, dass wir den Lohn noch einen Monat erhalten würden. Es gebe dazu extra eine Versicherung», sagte eine ehemalige Mitarbeiterin.

Geld haben sie nie erhalten und später erfuhren sie, dass die Versicherung nicht mehr existierte: «Die Klinik hatte schon lange keine Prämie mehr bezahlt.» Überhaupt sind sie enttäuscht, wie ihnen die Schliessung mitgeteilt wurde: «Kaum war das geschehen, haben wir in Wettingen niemanden mehr von der Klinikleitung gesehen.»

Die Mitarbeiterinnen fühlen sich heute noch im Stich gelassen. An ihnen lag es nun, die Patienten auf die Abreise vorzubereiten. Selbst am Freitag, kurz bevor die Türen geschlossen wurden, trafen noch Patienten ein, mit denen ein Klinikaufenthalt vereinbart war.

Sie waren nie von der Schliessung informiert worden. «Einige Frauen, die vor der Geburt standen, mussten in umliegende Spitäler verlegt werden», erinnert sich eine Mitarbeiterin der Geburtsabteilung.

Und schliesslich mussten die rund 90 Personen selber zur Regionalen Arbeitsvermittlung (RAV) gehen, was bei solchen Massenentlassungen nicht üblich ist.

Klinikleitung auf Tauchstation

Wenig erbaulich ist die Situation auch für die ehemaligen Belegärzte. Einige von ihnen hatten sich noch finanziell engagiert, um die Klinik zu retten. Mit dem Konkurs der Aktiengesellschaft haben sie ihre Investition, höhere sechsstellige Beträge verloren.

Eine davon ist Frauenärztin Nathalie Senn. Sie richtete 2003 ihre Praxis im «Sonnenblick» ein. Mit der Schliessung musste auch sie wegziehen. Doch die Sache ist für sie nicht ausgestanden, sie wartet heute noch auf Honorare.

Die Klinik hatte einen Teil ihrer Administration übernommen und so die Rechnungen an die Patienten gestellt und das Geld eingezogen. Den Senn zustehenden Betrag hat sie an diese weitergeleitet.

Aber oft hätten die Abrechnungen nicht gestimmt: «Die letzten Informationen von Klinikdirektor Felix Lienert und dem als Fachmann im Gesundheitswesen in den Verwaltungsrat geholten Beat Fellmann liessen mehr Fragen offen, als sie Antworten gaben.»

Nathalie Senn ist überzeugt: «Die ganze Sache war getürkt.» Weder Fellmann noch Füglister, beide weiterhin im Gesundheitswesen tätig, reagieren auf Anfragen der Redaktion zum Konkurs.

Noch bleibt die Hoffnung

Nach der Schliessung begann für alle das lange Warten. Am 4. Juni 2010 wurde im kantonalen Amtsblatt die vorläufige Konkursanzeige publiziert. Der Konkurs wurde im Amtsblatt am 17. Juli 2010 publiziert und ein Jahr später wurde das Lastenverzeichnis vorgelegt.

Mit der Bitte, noch etwas Geduld zu haben, wurden die ehemaligen Angestellten vor zwei Jahren in einen Brief vertröstet. Jetzt wurde ihnen ein Abschluss des Verfahrens bis Ende Jahr in Aussicht gestellt.

Dies bestätigt Severine Amstad vom Konkursamt Baden. Weshalb das Verfahren so lange dauert, darf sie nicht sagen. Für die ehemaligen Mitarbeiterinnen heisst das, weiter zu warten. «Jede von uns dürfte zwischen 10 000 und 12 000 Franken zugute haben», sagt eine von ihnen.