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Die Kanti Baden gastiert am WEF in Davos – ein essayistischer Gedankenspaziergang
Das World Economic Forum (WEF) kommt für Politiker sowie Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Wissenschaft einem Pausenplatz gleich. Sich kennen lernen und austauschen. Frei von Verbindlichkeiten, Erwartungen und jeglicher Autorität. Eine Auszeit eben. Mittendrin: die Schüler der Kanti Baden und ich. Soeben haben wir mit unserem Car den ersten Sicherheits-Checkpoint passiert. «Schulklasse», reichte als Parole, um unkontrolliert nach Davos zu gelangen. Das Kongresshaus zieht an uns vorbei. Abgeschottet. Flankiert mit Scharfschützen auf den Dächern. Ja, das beruhigt.
In der Stadt gibt es nur zwei weitere Indizien, dass das WEF in der Alpenstadt Einzug hält: die hohe Dichte an Luxuskarossen und die nervösen Sicherheitsleute vor den Vier-Sterne-Superior-Hotels. Ich binde mir in der Peripherie des Eingangs die Schuhe, mindestens fünf Sonnenbrillen sind sofort auf mich gerichtet.
Es steht der erste Vortrag an. Walter Steinmann, Direktor des Bundesamts für Energie, skizziert uns die Energiewende 2050. Eigentlich wollte Bundesrätin Doris Leuthard kommen, doch ein Gesprächsmarathon verhindert sie. Verständlich, als Schüler war der Aufenthalt auf dem Pausenplatz nie ereignislos. Mit Steinmann geniessen wir ebenfalls pure Fachkompetenz. Die Energieversorgung der Schweiz sei zum Grossteil von Importen abhängig, «78 Prozent», beziffert Steinmann. Ich horche auf. Es werde sichergestellt, dass wir von keinem Land abhängig sind, sondern von vielen «Players» beziehen können. Tönt gut, befriedigt aber nicht. Können wir nicht noch mehr aus unseren Gewässern herausholen? Die betroffenen Regionen würden jeweils eine Welle an Einsprüchen auslösen, erklärt Steinmann. Verpasste Chance. Unser Programm ist dicht. Bald wohnen wir einer Diskussion rund um die Privatsphäre und Geheimhaltung im digitalen Zeitalter bei. Als «digital native» fühle ich mich angesprochen. Freiheit und Sicherheit bilden im Jahr 2016 einen Zielkonflikt. Ich muss mich entscheiden, was mir wichtiger ist. Werden die Daten der Bevölkerung transparent, kann Gefahren vorgebeugt werden, so die Theorie. Ich hoffe auf Diskussionen mit «Arena»-Charakter. Ich werde enttäuscht. Die Anwesenden reihen Statement an Statement. Nur einmal konvergieren zwei Meinungen nicht. Kaum registrieren die Betroffenen die kontroverse Tonalität, wird innegehalten. Die nächsten fünf Minuten schweigen sie. Schade.
Tag zwei. Thomas Moser erwartet uns. Er ist stellvertretendes Mitglied des Direktoriums der Schweizer Nationalbank (SNB). Über ein Jahr ist vergangen, seit der Euromindestkurs aufgehoben wurde. Moser weiht uns in die Denkprozesse der SNB ein. Einmal fallen die Worte: «Wenn die SNB es für nötig hält, im Devisenmarkt einzugreifen, macht sie das.» Was muss hierzu passieren? «Wir haben unsere Vorstellungen», entgegnet Moser in diplomatischer Manier. Mehr könne er nicht sagen. Logisch, wir wollen ja keine Spekulationswelle auslösen.
Bald wartet die nächste Diskussion über die Frage, ob das Schweizer Modell in Gefahr sei. Bundespräsident Johann Schneider-Ammann und ABB-CEO Ulrich Spiesshofer sind auch anwesend. Letzterer sagt: «Die Schweiz muss die Ausbildung junger Menschen weiter forcieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.» Auch dank der Kantonsschule
entwickelte ich den Hang zum Hinterfragen. Deshalb: Aus welchem Grund kürzen aktuell viele Kantone die Bildungsbudgets, obwohl sie damit ihre Wettbewerbsfähigkeit schwächen?