Lärmklage
Aufruhr in Wettinger Gartenbeiz: Gäste sind wegen Polizeieinsatz empört

Wegen einer Lärmklage brachte ein Polizeieinsatz die Gäste im Restaurant Frohsinn zur Weissglut.

Claudia Laube
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«Wir hatten 14 Jahre lang nie Probleme», sagt das Wirtepaar Mehmet und Emine Baydar.

«Wir hatten 14 Jahre lang nie Probleme», sagt das Wirtepaar Mehmet und Emine Baydar.

Claudia Laube

Am Freitag vor zwei Wochen wurde der gemütliche Abend in der Gartenwirtschaft des Restaurants Frohsinn in Wettingen empfindlich gestört. Eine Patrouille der Regionalpolizei kam in die Gartenbeiz und «verdonnerte das Wirtepaar zu einer Busse von 100 Franken». So beschreibt es der ehemalige SVP-Einwohnerrat Daniel Frautschi in einem Brief an die AZ.

Er beklagt sich über das Vorgehen der beiden Polizisten und stellt die rhetorische Frage: «Ist der Auftrag der Polizei die Sicherheit für die Bevölkerung oder gehört neuerdings willkürliches Lauschen zu ihren Aufgaben?» Die Polizisten hätten ihre Busse damit begründet, zuvor fünf Minuten hinter dem Gebäude gelauscht und so ihre Massnahme eingeleitet zu haben, schreibt Frautschi.

Für Gemeindeschreiber Urs Blickenstorfer, der im Namen der Regionalpolizei Wettingen Stellung nimmt, ist das nicht der Grund für die Busse: «Es ist Praxis, dass Ordnungsbussen erst bei mehrmaligem Ausrücken aufgrund von Reklamationen aus der Bevölkerung ausgesprochen werden, wenn Ermahnungen oder Verwarnungen erfolglos bleiben.»

Er spricht damit den Abend zuvor an, als die Regionalpolizei ein erstes Mal im Restaurant auftauchte, da bis weit nach Mitternacht Musik lief. «Dafür habe ich natürlich schon Verständnis», erklärt Wirtin Emine Baydar. Aber es sei ein schöner Abend gewesen und das wollten die Gäste doch geniessen.

Ihrer Meinung nach sei es an beiden Abenden nicht zu laut gewesen: «Wir lassen keine Rambazamba-Musik laufen und es herrscht auch keine laute Partystimmung. Es ist nur gemütliche Hintergrundmusik.» Am Freitag habe sie aber kurz nach 22 Uhr die Musik abgestellt, obwohl einige der Gäste darüber enttäuscht gewesen seien – darunter auch Briefschreiber Frautschi: «Wir fragten bei der Wirtin nach und wurden aufgeklärt, dass nach zehn Uhr von Gesetzes wegen in Gartenrestaurants keine Musik mehr erlaubt ist.»

Zum Ausrücken verpflichtet

Trotzdem tauchte um 22.30 Uhr eine Patrouille der Regionalpolizei auf. Dieses Mal war die Musik nicht der Grund. Blickenstorfer erklärt: «Wenn in einer Gartenwirtschaft in der Wohnzone nach 22 Uhr ein viel zu hoher Lärmpegel herrscht, der die Bevölkerung am Schlafen hindert, kommt es immer wieder vor, dass die Polizei Reklamationen aus der Bevölkerung erhält und letztlich zum Ausrücken verpflichtet ist. Es ist dann die Aufgabe der Polizei, die öffentliche Ruhe wieder herzustellen und zur Ruhe zu ermahnen.» Dazu brauche es auch keine Dezibelmessung, diese führe die Regionalpolizei nur bei Musikveranstaltungen durch.

Was den Gästen wie auch dem Wirtepaar beim Auftritt der Polizei besonders sauer aufstiess: «Einer der Polizisten war aggressiv und unfreundlich», findet Emine Baydar. «Ich fühlte mich wie eine Schwerverbrecherin.» Auch einige Gäste seien unfreundlich angegangen worden. Wie es genau war, das kann Gemeindeschreiber Blickenstorfer natürlich nicht sagen, da er nicht vor Ort war.

Aber: «So wie die Nachtruhe ein subjektives Empfinden ist, so ist auch das Auftreten gewisser Menschen ein subjektives Empfinden.» Er nimmt den betreffenden Polizisten in Schutz: «Ich gehe schwer davon aus, dass sich der Kaderangehörige korrekt verhalten hat. Wir wissen nicht, in welchem Zustand manche der Gäste waren, aber auch deren Verhalten sei nicht allzeit korrekt gewesen.»

Engagierte Gäste

Nach dem Vorfall gelangten einige der Gäste an diverse Wettinger Behördenmitglieder, direkt an Polizeichef Roland Jenni und an die Medien. Das ist auch für die Regionalpolizei ungewöhnlich: «Normalerweise lösen Lärmklagen nicht so einen Hype aus wie in diesem Fall. Aber klar, wenn die Gäste es gemütlich haben, finden sie es natürlich nicht so toll, wenn die Polizei auftaucht. Doch müssen wir jeder Lärmklage nachgehen», erklärt Blickenstorfer.

Wirtin Emine Baydar glaubt, dass es immer dieselben Personen seien, die bei der Polizei anriefen. Am liebsten würde sie diese in die Gartenbeiz einladen: «Sie sollen sehen, wie es hier zu- und hergeht. Die meisten unserer Gäste sind über 60 und sehr friedlich.»

So friedlich, dass sie an besagtem Abend das Geld zusammenlegten und am Ende die Busse für das Wirtepaar übernahmen.