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Weil Kris V. in Deutschland hinter Gittern sitzt statt in der Klinik Königsfelden, muss die Gemeinde Mägenwil im Moment kein Geld für die fürsorgerische Unterbringung des Mörders zahlen.
Bis Kris V., der geflohene Mörder der 17-jährigen Boi, an die Schweizer Behörden ausgeliefert wird, dürfte es länger dauern. Den Mägenwiler Steuerzahlern spielt der Umstand, dass sich Kris V. gegen seine Auslieferung in die Schweiz wehrt, buchstäblich in die Tasche. Pro Monat spart die Gemeinde nun 22'500 Franken.
Sie muss nämlich für die fürsorgerische Unterbringung des 22-Jährigen in der Psychiatrischen Klinik Königsfelden aufkommen. Rund 270'000 Franken jährlich, also 22'500 Franken im Monat, zahlt das 2000-Seelen-Dorf für diese zivilrechtliche Massnahme. Die Gemeinde musste eigens dafür an der Wintergmeind 2015 ihren Steuerfuss erhöhen, von 90 auf 96 Prozent.
Doch solange Kris V., der zur Tatzeit noch minderjährig war, in Deutschland hinter Gittern sitzt und seine Auslieferung verweigert, muss die Gemeinde nicht für dessen Unterbringung in Königsfelden zahlen. Dies bestätigte die Klinik gestern auf Anfrage. Der Mägenwiler Gemeindeammann Daniel Pfyl (SVP) macht keinen Hehl aus seiner Freude. «Uns hilft es, dass wir dieses Geld nun sparen und wir sind dankbar, denn wir haben sehr knapp budgetiert», sagt er. Zudem habe man andere finanzielle Brocken zu stemmen. «Wir sind froh um jeden Franken, den wir ins Dorf investieren können, statt in die Unterbringung von Kris V.»
Inzwischen laufen Straf- und Zivilverfahren parallel weiter. Fiona Strebel, Sprecherin der Aargauer Staatsanwaltschaft, bestätigte am Mittwoch: «Im Zusammenhang mit dem Ausbruch wurde ein Strafverfahren eröffnet.» Ob Kris V. nach seiner Rückkehr in die Schweiz in Untersuchungshaft gesetzt wird, ist derzeit noch nicht klar. Die Staatsanwaltschaft werde einen entsprechenden Antrag beim Zwangsmassnahmengericht stellen. Darüber befinden müsse schliesslich dieses Gericht.
Das Strafverfahren löst zwar die zivilrechtliche Massnahme der fürsorgerischen Unterbringung nicht ab. Allerdings würde eine allfällige strafrechtliche Haft der fürsorgerischen Unterbringung vorgehen. Deshalb prüft das Familiengericht Baden derzeit unabhängig vom Strafverfahren, in welcher Einrichtung Kris V. nach seiner Rückkehr in die Schweiz untergebracht werden kann. Die Mägenwiler dürfte besonders der Entscheid des Familiengericht Baden interessieren. «Wir wissen noch nicht, welche Rechnung uns erwartet, aber ich kann mir vorstellen, dass die Kosten sogar noch steigen könnten, je nach Unterbringung von Kris V.», sagt Pfyl.
Wie die Rupperswiler, die für den Dirnen-Mörder Tobi B. die fürsorgerische Unterbringung finanziell tragen müssen, so hoffen auch die Mägenwiler auf das neue Finanzausgleichsgesetz, dass ab 2017 in Kraft treten soll. Es sieht vor, dass die Gemeinden für eine fürsorgerische Unterbringung pro Fall und Jahr maximal 60 000 Franken zahlen müssen. Der Rest wird aus einem Fonds für kostenintensive Einzelfälle beglichen. Allerdings läuft noch bis zum 16. Juni eine Unterschriftensammlung für ein Referendum gegen diesen neuen Finanzausgleich. Pfyl befürchtet, dass sich die Einführung des neuen Gesetzes um ein Jahr verschieben könnte und die Gemeinde die Kosten weiterhin alleine tragen muss.
Auch vor Gericht rechnet sich Ammann Pfyl in dieser Sache kaum mehr Chancen aus. Wie Rupperswil im Fall von Tobi B. hat Mägenwil gegen ihre Zahlungspflicht Einsprache gemacht. Der Entscheid ist beim Gericht noch hängig. Doch erst vor wenigen Wochen wurde der Fall von Rupperswil entschieden: Die Gemeinde muss zahlen. «Nach diesem Entscheid im Fall von Rupperswil, mache ich mir keine allzu grossen Hoffnungen mehr», so Pfyl.