Der Badener Stadtrat will für Ausländer ein Stimm- und Wahlrecht einführen. Doch weil dies laut kantonalem Gesetz gar nicht möglich ist, müsste zuerst dies abgeändert werden. Die SVP-Fraktion und Teile der Bürgerlichen sind aber dagegen.
Der Einwohnerrat hat an seiner Sitzung am Dienstagabend intensiv das neue Integrationskonzept der Stadt Baden diskutiert und schliesslich klar angenommen. Das Konzept, wonach die Stadt mit ihrer Fachstelle Integration nicht mehr eigene Angebote macht, sondern die Verwaltungsabteilungen, externe Fachstellen und Institutionen unterstützt, erachtete der Rat als richtig.
Was unter «Leitlinien, Handlungsfelder, Angebotsübersicht und Massnahmenplan» auf den ersten Blick als trockene und theoretische Materie daherkommt, birgt Zündstoff.
Das Konzept unter dem Titel «Vielfalt gestalten» fand beim Einwohnerrat zwar gute Aufnahme. Nur in einem Punkt gab es von der SVP-Fraktion Widerstand. Es geht um das Thema Partizipation, wo es unter «Entwicklungsbedarf» als «geeignete Massnahme der Stadt Baden» hiess: «Auf kantonaler Ebene eine Gesetzesänderung erwirken, die das Einführen von kommunalem Stimm- und Wahlrecht für Niedergelassene ermöglicht.»
Die SVP hätte den Absatz am liebsten ganz gestrichen. Doch zur Abstimmung standen nur die einzelnen Leitsätze, nicht die beschriebenen Massnahmen. Kilian Jegen (SVP) beantragte darum den Zusatz «soweit es die Gesetzgebung ermöglicht». Die FDP sowie einzelne CVP-Einwohnerräte unterstützten diesen Antrag. Nach geltendem kantonalen Recht wäre die Einführung eines kommunalen Ausländerstimmrechts ohnehin nicht möglich. Auf die Änderung dieses übergeordneten Rechts zielt jedoch das Konzept des Stadtrates ab.
So hat der Regionalsender «TeleM1» berichtet:
«Stimm- und Wahlrecht für Migranten kommt aus meiner Sicht nicht infrage», erklärte Stefanie Heimgartner, SVP-Einwohner- und Grossrätin, anderntags. Würde das auf kommunaler Ebene angestrebt, wäre dem Ansinnen Widerstand garantiert. Was der Stadtrat in seinem Integrationskonzept formuliert hat, entspricht allerdings dem Planungsleitbild 2026, wo unter «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» steht: «Eine breite Partizipation aller Einwohnerinnen und Einwohner am politischen, sozialen und kulturellen Leben ist die Voraussetzung einer lebendigen Stadtgesellschaft.»
Traditionell international
«Wenn auch Baden das kommunale Stimm- und Wahlrecht für Ausländer einführen wollte: Gemäss kantonalem Gesetz wäre das zurzeit gar nicht möglich», kommentiert Daniela Berger den strittigen Punkt tags darauf. Doch man habe diesen bewusst in die Handlungsfelder aufgenommen, um dahingehend einzuwirken, dass dies ermöglicht würde, erklärt die für die Integration zuständige Stadträtin.
«Die gegenwärtige Stimmung, die herrschenden Ängste bei der Ausländerfrage deuten jedoch nicht darauf hin, dass dieser Schritt auf Kantonsebene in nächster Zeit erfolgen würde, räumt Daniela Berger ein. «Der Stadt Baden mit ihrer traditionell internationalen Bevölkerung würde es aus meiner Sicht gut anstehen, wenn sie in diese Richtung aktiv wird», fügt Berger an.
Kilian Jegen war selber in der Steuergruppe des Integrationskonzepts. Er habe ein gutes Gefühl gehabt, und mit den Fachleuten sei alles durchleuchtet worden. Wünsche und Kritiken der Begleitkommission seien teilweise aufgenommen worden. Neben dem Ausländerstimmrecht hätte in der Fraktion Weiteres zu reden gegeben, so Jegen: Die Frage nach der Kostenbeteiligung der Nutzniesser sei nirgends gestellt. Zudem würden sich die Leitlinien an alle richten, ausser an die Betroffenen. SP-Einwohnerrätin Hannah Locher setzte sich dafür ein, dass der Passus so drinbleibt: «Schliesslich zahlen auch Migranten Steuern.»
Beatrice Bürgler (CVP) bezeichnete Baden als internationale Stadt: «Wirkungsvolle Integration ist wichtig. Darum begrüsst die CVP das Konzept.» Andrea Libardi (FDP) kritisierte: «Der Leistungskatalog ist für die Fachstelle zu gross.» Ohnehin würden Angebote nichts nützen, «wenn die zu integrierenden Personen eine Verweigerungshaltung an den Tag legen».
Der SVP-Antrag wurde mit 25 Nein zu 21 Ja knapp abgelehnt. Was mit einem kommunalen Ausländer-Stimm- und Wahlrecht in Baden wird, muss sich erst noch weisen.