Deutlich zu schnell und mit zu wenig Abstand bretterte ein 28-jähriger Porschefahrer im vergangenen November bei Würenlos über die A1. Es war nicht sein erstes Vergehen. Nun stehe er an einem anderen Punkt in seinem Leben, verteidigte sich der Mann vor dem Bezirksgericht Baden.
Marvin (Name geändert) war unter Zeitdruck. Wegen eines vorausgehenden Unfalls auf der A1 drohte er im vergangenen November zu spät zu einer Verabredung zu kommen. Als sich der Stau auflöste, drückte der 28-Jährige aufs Gaspedal. Zwischen der Ausfahrt Wettingen-Ost und Würenlos fuhr er einem Autolenker vor ihm dicht auf. Zwischenzeitlich betrug der Abstand deutlich unter 10 Metern. Marvin musste immer wieder auf die Bremse treten, um eine Kollision zu verhindern. Nach dem Fressbalken überholte er, jagte seinen Porsche Cayenne dabei auf über 180 Sachen hoch. Nach Toleranzabzug bleibt eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 42 km/h.
Zehn Monate später muss sich Marvin, schlank und grossgewachsen, für grobe Verletzungen der Verkehrsregeln vor dem Badener Gesamtgericht verantworten. Der 28-jährige Aargauer mit Migrationshintergrund scheut den Blick der Richter nicht. Hinter seiner dunklen Maske blitzt ein gepflegter Bart hervor, millimeterkurz gestutzt, die Kante so gerade, als hätte er sie mit dem Lineal gezogen. Er trägt ein kariertes Hemd und makellose Nike-Turnschuhe.
«Ich war völlig durch den Wind an diesem Tag, vieles ist schiefgelaufen», erklärt sich Marvin vor den Richtern. Der fehlende Abstand sei nicht sein Fahrstil. Zu spät habe er realisiert, wie massiv er beschleunigt habe. «Das war keine Absicht», beteuert Marvin. Und:
«Im Nachhinein habe ich mich selbst gefragt, was ich hier gemacht habe. Das war ein unnötiger Fehler.»
Mit einem Porsche könne man «schon ziemlich schnell» beschleunigen, merkt Gerichtspräsidentin Gabriella Fehr an. Ob sich Marvin überlegt habe, ein weniger leistungsstarkes Auto zu fahren. Marvin bejaht, er habe sich ein kleineres zugelegt, einen VW Polo.
Marvin geriet bereits in der Vergangenheit mehrmals in Konflikt mit dem Gesetz, unter anderem auf der Strasse. Wegen verschiedener Delikte wurde er verurteilt. Einen Teil seiner Strafe sass Marvin ab, kam auf Bewährung frei. Er habe sich sehr bemüht in der Probezeit, sagt er. «Die Bewährungshilfe und der Psychologe sagten, dass ich viele Fortschritte gemacht habe und auf gutem Weg sei.»
Marvin arbeitet in der Finanzplanung, absolviert nebenbei die Handelsschule. Früher habe er unter gesundheitlichen Problemen gelitten, sei sechsmal operiert worden, habe keine Hoffnung mehr gehabt. «Jetzt habe ich andere Lebensziele», sagt er.
Gerichtspräsidentin Fehr verurteilt Marvin zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 120 Franken unbedingt. Auf einen Widerruf von früheren bedingten Strafen wird verzichtet, Marvin verwarnt und seine Probezeit verlängert. Zudem muss er die Gerichtskosten berappen.
Gerichtspräsidentin Fehr sagt:
«Sie müssen sich jetzt noch einmal bewähren. Das ist Ihre letzte Chance.»