Baden
«Der Aargau ist keine Hochburg für Tanz»: Bekannte Choreografin gründet ein neues Tanzzentrum

Nach dem Aus ihrer Tanzkompanie Flamencos en route liess sich Brigitta Luisa Merki nicht unterkriegen und gründete im Oederlin-Areal das Residenzzentrum tanz+. Hier sollen Profis, Amateure und Kinder ihren Spass am Tanzen ausleben können.

Ursula Burgherr
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Die Kids Company «Hand und Fuss» bei ihrem ersten Auftritt in der Stadt Baden.

Die Kids Company «Hand und Fuss» bei ihrem ersten Auftritt in der Stadt Baden.

Bild: Alex Spichale

Vor zwei Jahren gaben «Flamencos en route» ihre letzte Vorstellung im Badener Kurtheater. Nach 35 Jahren und weltweiten Erfolgen war die künstlerische Leiterin Brigitta Luisa Merki gezwungen, die Kompanie wegen gestrichener Subventionen des Aargauer Kuratoriums aufzulösen. Für ihr Wirken erhielt Merki 2004 den Hans-Reinhart-Ring (heute der Grand Prix Darstellende Künste). Er gilt als höchste Auszeichnung im Schweizer Theaterleben.

Brigitta Luisa Merki.

Brigitta Luisa Merki.

Bild: zvg

Doch letztlich nützte alles nichts. «Kein Geld, keine ‹Flamencos en route›», sagt Merki. «Ich konnte dem Ensemble nur mit finanziellem Support der öffentlichen Hand eine Existenz garantieren.» Sie würde noch heute auf der Strasse oft gefragt, warum es die international erfolgreiche Kompanie nicht mehr gebe. «Sie wird im Aargauer Kulturleben vermisst», weiss Merki. Im Moment ist sie daran, ihre 35 Jahre Tanzgeschichte zu archivieren und den reichen Kostümfundus auszusortieren «Dann schliesst sich für mich ein wichtiges Kapitel in meinem Leben.»

Die erfahrene Choreografin sagt: «Ich glaube an den Tanz und will ihm eine Plattform geben, weil er zu wenig Lobby hat.» Wenn eine Tür zugeht, öffnet sich für die unermüdliche Kämpferin immer eine neue. Die ehemaligen Produktionsstätten von «Flamencos en route» im Oederlin-Areal konnten gerettet werden. Darin gründete sie 2021 das Residenzzentrum tanz+.

«Wir bieten Tanzschaffenden aller Sparten einen Raum, in dem sie sich ganz auf ihre kreative Arbeit fokussieren können», so Merki. Schon bei den ersten beiden Ausschreibungen seien über 80 Anmeldungen aus der ganzen Welt eingetroffen. Auch für dieses Tanzformat gab es keine Unterstützung vom Aargauer Kuratorium. «Doch der Swisslos Kanton Aargau, verschiedenen Stiftungen und neu auch die Stadt Baden greifen uns finanziell unter die Arme», zeigt sie sich dankbar.

Kids Companies zeigen im Trafo ihr Können

Das Residenzzentrum wurde frisch renoviert und steht nun Profis wie Amateuren offen, um sich als Artists in Residency ungestört ihren Projekten widmen zu können. Ganz wichtig ist Merki auch die Vermittlung der Tanzkunst. Sie organisiert Kurse für Kinder und gründete die Kids Company Hand und Fuss, die am 5. November 2022 zusammen mit Patrick Grigos deutschem Ensemble Fantastic X im Trafo-Kino Baden vor einem breiten Publikum HipHop zeigt. Schon die Feuertaufe am Stadtpicknick in Baden erlebte grossen Zuspruch.

«Es geht nicht nur ums Können, sondern auch um den Spass am Tanzen. Alle Kinder können mitmachen. Und zwar völlig stressfrei.» Bis jetzt hat Merkis Kids Company 25 Mitglieder zwischen 8 und 13 Jahren, die alle aus der Region Baden stammen. «Aber es melden sich laufend neue Jugendliche an.»

Weiterhin stattfinden werden im Residenzzentrum tanz+ auch die Proben für das jährlich stattfindende Gesamtkunstwerk «Tanz& Kunst Königsfelden». Im Mai 2023 kommt «Heimlich seufzen die Winde» mit Fadomusikern aus Lissabon, zeitgenössischem Tanz und einem klassischen Streichquintett auf die Bühne der Klosterkirche.

Für öffentliche Einblicke in das kreative Schaffen der Residenznutzerinnen und -nutzer kooperiert Merki mit dem Kurtheater Baden und dem Kunsthaus Aarau. Der Eintritt ist gratis. Das Publikum findet es spannend, so hautnah bei einer Produktion dabei sein zu dürfen und sich anschliessend mit den Künstlerinnen und Künstlern austauschen zu können. «Der Aargau ist keine Hochburg für Tanz. Mit dem neuen Projekt, das Tanzschaffende aus der ganzen Welt anzieht, kann er sich nur profilieren», zeigt sich Merki überzeugt.