Die zweifache Poledance-Schweizer-Meisterin Yevgeniya Güner erzählt, welche Auswirkungen Covid auf ihr Unternehmen hat – und wieso beim Poledance Alter und Geschlecht keine Rolle spielen.
Ein riesiger Spiegel an der Wand, davor acht Stangen, die das pinke Licht der Neonlampen reflektieren: So sieht es im Innern des YS Pole Fitness Studios in Baden aus. An diesen Stangen tanzen und schwitzen normalerweise die Kundinnen und Kunden. Heute aber ist es hier still, nur die Geschäftsführerin Yevgeniya Güner ist da.
Die Badenerin führt seit fast zehn Jahren ihr eigenes Unternehmen. Begonnen hat sie 2012 mit einem Pole-Dance-Studio in Zürich Oerlikon. Nach fünf Jahren expandierte sie in den Aargau und eröffnete in Baden und Brugg weitere Studios.
Tanzen war schon immer ihre Leidenschaft. «Ich bin auf der Bühne aufgewachsen», sagt sie. In ihrem Heimatland, der Ukraine, studierte sie Choreografie und Regie und zog anschliessend in die Schweiz. Nach nur sechs Monaten Pole-Dance-Erfahrung wurde sie 2010 zum ersten Mal Schweizer Meisterin. 2011 gewann sie erneut. Beide Siege errang sie unter ihrem damaligen Ehenamen Stöckli. Nach diesem sind im Übrigen auch ihre Studios benannt. Zudem schaffte sie es bei der deutschen TV-Show «Das Supertalent» bis ins Finale.
«Spass steht bei uns an erster Stelle», sagt Güner. «Das Wichtigste, für Trainer wie Schüler, ist, Freude daran zu haben und etwas Schönes erleben zu dürfen.» Pole-Dance ist Akrobatik beziehungsweise Sport an der Pole-Stange. Schon lange hat es seinen Ruf als anrüchige Disziplin verloren und ist als Sportart akzeptiert.
Mit Pole-Fitness baue man automatisch Kraft auf, man werde beweglicher, steigere seine Ausdauer und sein Selbstbewusstsein. «Es kommen ganz normale Frauen ins Studio, und nach ein paar Wochen Training schauen sie sich ganz anders im Spiegel an», sagt Güner. «Ihr Blick sagt dann: I'm sexy and I know it» (Ich bin sexy und ich weiss es). Die Unternehmerin ist überzeugt:
«Jeder kann mit Pole-Fitness anfangen und jeder kann dabei Fortschritte machen.»
Jeder? Auch Männer sind im Studio anzutreffen. Zwei sind bereits seit fünf Jahren dabei, einer ist 60 Jahre alt. Damit ist er aber nicht der Älteste. Eine der insgesamt 150 Schülerinnen und Schüler ist über 60 Jahre alt und betreibt Pole-Fitness erst seit fünf Jahren. In Yevgeniya Güners Stimme schwingt Stolz mit: «Ihre Entwicklung zu sehen, ist super. Sie hat jetzt viel Kraft und ist sehr beweglich.»
Auch für Yevgeniya Güner hatte die Coronapandemie Folgen und brachte eine gewisse Unsicherheit mit sich. «Ich habe mir gedacht, okay, wir überstehen das, ich habe vorgesorgt», sagt sie. Nach sechs Wochen waren aber die Gelder auf den Firmenkonten allmählich ausgeschöpft. Sie meldete sich für Kurzarbeit an, bekam zuerst aber nur wenig Unterstützung.
Irgendwann musste sie auf ihre Sparkonten zugreifen. «YS Pole ist mein Baby. Es war keine Frage, dass ich auf meine Ersparnisse zurückgreife», sagt Güner. Ihr war wichtig, dass sie das mit ihrem Unternehmen überlebt. Um den Lockdown und die fehlenden Einnahmen zu überbrücken, bildete sie sich zusätzlich zur Masseurin und zum Mental Coach weiter.
Ihren Standort in Brugg wird sie dennoch auf Ende 2022 schliessen müssen, da die Anfragen zurückgingen. «So kann ich mich mehr auf Baden konzentrieren und neue Sachen ausprobieren», sagt sie. Güner ist voller Ideen und schmiedet bereits Pläne für die Zukunft. «Ich habe viel Energie und Potenzial. Es gibt noch vieles, das ich machen möchte», sagt Güner.
Ihr Kursangebot ist jetzt schon breit: Es reicht von Pole-Fitness, Pole-Heels, Twerk, Chair-Lap-Dance bis hin zu Stretching und Kinder Pole-Kursen. Im Pole-Heels wird mit ganz hohen Schuhen an der Stange getanzt. In Baden bietet sie auch regelmässig verschiedene Workshops an.