Baden
Dieser Badener hat internationale Anfragen für Dirigate – doch er setzt seinen Fokus lieber auf regionales Schaffen

Der 29-jährige Dirigent Jonas Ehrler bereitet sich auf die ersten Konzerte mit der Neuen Kurkapelle Baden vor – der Start läuft jedoch anders als geplant.

Ursula Burgherr
Drucken
Nach einem verzögerten Start kann Dirigent Jonas Ehrler mit seiner Neuen Kurkapelle Baden endlich loslegen.

Nach einem verzögerten Start kann Dirigent Jonas Ehrler mit seiner Neuen Kurkapelle Baden endlich loslegen.

Bild: Ursula Burgherr

Gerade mal 29 Jahre alt ist der Badener mit dem Lockenkopf und der Hornbrille. Aufs letzte und vorletzte Jahrhundert greift hingegen die Musik zurück, die er als Dirigent der Neuen Kurkapelle Baden wiederbeleben will. Den Verein rief er Ende September 2020 ins Leben. «Wir besetzen damit eine musikalische Nische, die in dieser Form noch nicht existiert», sagt Ehrler und betont: «Wir wollen allerdings kein klingendes Museum sein und die Vergangenheit eins-zu-eins reproduzieren, sondern uns von ihr inspirieren lassen und neue Impulse setzen.»

Eigentlich war der grosse Startschuss für die Neue Kurkapelle Baden auf das Bäderfest 2021 angesetzt. Dieses wurde wegen Corona aber um ein Jahr verschoben. Trotzdem tritt die Neue Kurkapelle nun wie geplant am 29. und 30. Oktober jeweils um 20 Uhr im Limmatsaal auf – allerdings in kleinerem Rahmen als vorgesehen mit etwa neun Instrumentalisten. Gerade mal eine Woche vorher findet die erste gemeinsame Probe statt.

Für die Eröffnungskonzerte gab Ehrler der Ennetbadener Komponistin Stephanie Haensler speziell eine Uraufführung mit dem Titel «Soirée kurieuse» in Auftrag. Auf dem Programm stehen die Wilhelm-Tell-Ouverture von Rossini, ein Liederzyklus von Beethoven und eine Mozart-Sinfonie.

Dirigent: «In Baden macht es Spass, kulturell aktiv zu sein»

Ab dem kommenden Jahr will Ehrler mit seiner Neuen Kurkapelle Baden dann ausloten wie Kurmusik klingt, wenn sie ins 21. Jahrhundert katapultiert wird. Der Bestand an Musikerinnen und Musikern hält der Orchesterleiter bewusst klein und flexibel, je nach Anlass plant er wechselnde Besetzungen. Zudem strebt Ehrler Kooperationen mit anderen Kulturschaffenden an.

So sollen im April 2022 im Historischen Museum Baden die «Roaring Twenties» ein Revival erleben. Im Juli darauf ist im Kurtheater Baden ein Openair-Konzert geplant. Zur Aufführung kommt Igor Stravinskys «L’histoire du soldat» und «A Fiddler’s Tale» des US-Jazztrompeters Wynton Marsalis. Zu den beiden Konzertsuiten schreibt und erzählt der Badener Simon Libsig Geschichten, in denen es um das Treiben des Teufels in der Limmatstadt geht. Im Oktober 2022 steht dann doch noch der geplante Auftritt am Bäderfest mit der Uraufführung an.

Obwohl Ehrler internationale Anfragen für Dirigate hat, will er den Fokus vermehrt auf lokales Schaffen setzen. «Ich habe immer mehr das Bedürfnis, mein Wirkungsfeld dorthin zu verlagern, wo ich wohne», sagt er. «Baden ist ein dankbares Pflaster mit vielen historischen Anknüpfungspunkten. Es macht Spass, hier kulturell aktiv zu sein.» Vor allem soll die Neue Kurkapelle nach dem verzögerten Start «endlich sichtbar werden und zum Klingen kommen.»

Einer von drei Finalisten für internationalen Dirigenten-Preis

Auf die Geschichte über das alte Badener Kurorchester, das seine Blütezeit vor dem ersten Weltkrieg hatte, stiess der junge Dirigent bei Recherchen zu seiner Masterarbeit. «Ich war fasziniert von der orchestralen Bandbreite des Ensembles», sagt er. Deshalb führte er schliesslich an seinem Diplomkonzert «Metamorphosen» von Richard Strauss auf. «Der deutsche Komponist verbrachte mehrere Monate in der Bäderstadt und hat das damalige Kurorchester garantiert miterlebt», meint Ehrle dazu.

Ein persönliches Highlight konnte er an den diesjährigen Salzburger Festspielen für sich verbuchen. Eine Jury erkor ihn unter 250 Dirigenten aus der ganzen Welt zu einem der drei Finalisten des «Herbert von Karajan Young Conductors Award». Am 7. August dirigierte er deshalb mit der renommierten Salzburger Camerata im Grossen Saal der Stiftung Mozarteum ein Konzert vor illustrem Publikum.