Einzigartiges Geschenk
Baden erhält einen grossen Bilderschatz – von Fotograf Roger Kaysel

Der Badener Fotograf und Museumsgründer (Schweizer Kindermuseum) Roger Kaysel schenkt sein fotografisches Werk dem Badener Stadtarchiv. Er fotografierte bis 1985 für das Badener Tagblatt.

Andreas Fahrländer
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Das Stadtarchiv Baden ist seit Dienstag um einen grossen Schatz reicher. Im kleinen Kreis fand im Historischen Museum die offizielle Übergabe des fotografischen Werks von Roger Kaysel statt. Von 1960 bis 1985 schoss er als freier Fotograf für das Badener Tagblatt und andere Auftraggeber unzählige Bilder. Zehntausende Negative, Dias und Fotoabzüge übergab er im letzten Winter dem Archiv. Nun sind die Fotoserien aufgearbeitet und katalogisiert. Grund genug für einen kleinen Festakt im «Melonenschnitz».

Roger Kaysel erzählte, wie er als junger Mann zuerst gar nicht Fotograf, sondern Bauer werden wollte. Er machte eine Ausbildung am Strickhof in Zürich, arbeitete auf Höfen in Dättwil, in Frankreich und in Dänemark, bevor er mit 20 Jahren merkte, dass das doch nicht das richtige sei. Der heute 81-Jährige wuchs in der Brunnmatt und am Schartenfels auf, besuchte in Baden die Schulen und absolvierte nach der Zeit in der Landwirtschaft die Kunstgewerbeschule Zürich und ein Fotografiepraktikum.

Eine Auswahl der Bilder:

10 Bilder
Familien beim Samstagseinkauf an der Landstrasse in Wettingen. Fotografiert durch Schaufenster, 1968.
Der Dorfschmied bei der Arbeit, Wettingen, 1968.
Eine Wettinger Spinnereimitarbeiterin bei der Arbeit, 1966.
Beleuchtetes Stefanini-Hochhaus beim Rathaus Wettingen. Im Hintergrund der Vollmond über dem Rathaus, undatiert.
Baustelle des Shoppingcenters Spreitenbach, 1969.
Bau einer Hochhaussiedlung im Langäckerquartier in Spreitenbach, 1964.
Gaffer beim Flugzeugabsturz der Swissair-Coronado 1970 in Würenlingen.
Die Wettinger Kirche St. Sebastian mit den Hochhäusern im Hintergrund, undatiert.
Schnappschuss: Parkuhren am Zürcher Werdmühleplatz, undatiert.

Stadtarchiv Baden, Foto Roger Kaysel, Q.18.1.9.1.149271

Eine Zeit des Aufbruchs in Baden

1962 heirateten Sonja und Roger Kaysel-Henriksen. «Es war keine einfache Zeit damals», erzählt Sonja Kaysel, die aus Dänemark stammt. «Aber es war eine Zeit des Aufbruchs.» Die beiden gründeten eine Familie, und Roger Kaysel bekam zunehmend Fotoaufträge vom BT.

Insbesondere Werner Geissberger schätzte und förderte sein Schaffen. Der legendäre BT-Redaktor bestellte bei ihm oft Bilder für die Samstagsausgabe. «Geissberger war eine sehr spannende Person. Er gab mir Aufträge zur Raumplanung und zu vielen anderen Themen», erinnert sich Kaysel. «Unter anderem ging es damals um den Kampf für eine verkehrsfreie Badener Innenstadt, bisweilen auch um das in der Stadt dominierende Imperium BBC.» Durch die Beiträge für das BT machte er sich bald einen Namen als guter Fotograf. Es folgten Aufträge der Industrie und von Architekturbüros, aber auch etwa für die Konzertreihe «Jazz in der Aula». Und nicht zuletzt vom Zementkonzern Holderbank, der Kaysel um die halbe Welt schickte: Er fotografierte die Werke in Mexiko, Brasilien, Chile, in den USA, in Südafrika und Europa. «Die Zeit als Fotograf war wie ein 25 Jahre dauerndes, lehrreiches Volkskundestudium», sagt er und lächelt.

Kleiner Festakt: Stadtrat Erich Obrist, Museumsdirektorin Carol Nater Cartier, Kulturchef Patrick Nöthiger, Stadtarchivar Andreas Steigmeier, Sonja und Roger Kaysel und Archivar Michael Kull (v.l.).

Kleiner Festakt: Stadtrat Erich Obrist, Museumsdirektorin Carol Nater Cartier, Kulturchef Patrick Nöthiger, Stadtarchivar Andreas Steigmeier, Sonja und Roger Kaysel und Archivar Michael Kull (v.l.).

Sandra Ardizzone

Ab 1985 wandte sich Kaysel ganz seinem zweiten grossen Lebenswerk zu: Zusammen mit seiner Frau Sonja baute er in Baden die einzigartige Sammlung auf, aus der das Schweizer Kindermuseum entstand. Die Bilder, die er mit seinen drei Kameras schoss – eine Leica, eine Hasselblad und eine Linhof – werden nun in der Sonderklimazone im Stadtarchiv aufbewahrt. «Sie riechen leicht nach Essig, das deutet auf Zerfall hin», sagt Stadtarchivar Andreas Steigmeier. «Aber vorläufig sind die Negative bei uns sicher.» Digital verfügbar sind sie noch nicht. Im Katalog des Archivs kann man aber jetzt den Bestand durchforsten und erfährt, welche Vielzahl an Bildern es darin aus der ganzen Region Baden-Wettingen gibt.

Archivmitarbeiter Michael Kull, der das Werk in Feinarbeit katalogisierte, sagt: «Es hat rund 300 Stunden gedauert, die Negativstreifen zu verzeichnen.» Nach den Sammlungen des Fotohauses Zipser und des Ennetbadener Fotografen Werner Nefflen ist die Sammlung Kaysel nun der dritte grosse, kostbare Fotobestand im Badener Stadtarchiv. Erich Obrist, der als Kulturvorsteher ein Grusswort des Stadtrats überbrachte, formulierte es gestern so: «Schlicht und einfach ein geniales Werk.»

Historische Bilder aus Baden:

Baden historische Bilder
38 Bilder
So sah es am Schulhausplatz im Juli 1814 aus. Der Abbruch des «Mellingerturms», des Oberen Tors am Cordulaplatz (damals hiess er noch Paradiesplatz), wurde 1874 wie ein Fest gefeiert. Der Durchbruch sollte Luft und Licht in die Altstadtgassen bringen.
So sah es vor der Bahnverlegung aus: Durch den engen Schlossbergtunnel fuhr seit 1847 die Spanischbrötlibahn nach Zürich. Die Häuser vor dem Cordulaplatz wurden beim Bau des Strassentunnels abgerissen.
Als die Dampflok noch über den Platz fuhr und die Schiebebarrieren von Hand geschlossen wurden: Eine Postkarte von Baden um 1900. Der Gasthof zum Glas (rechts neben der Bahn) brannte 1960 ab, die Reben am Schlossberg wurden zu Bauland. Der Obeliskenbrunnen steht jetzt wieder an seinem Platz.
Der Kurpark in Baden war auch schon 1890 ein lauschiges Plätzchen, das zum Verweilen einlädt.
Baden, die Holzbrücke und der Bergsturzkopf um 1906.
Baden von Süden im Jahr 1913. Im Vordergrund der rauchende Schlot der Firma Merker.
Diese Postkarte zeigt das ehemalige Landvogtei-Schloss um ca. 1915.
Baden mit Lägern 1913: Als der Lägernhang noch völlig unbebaut war.
Das Brauerei-Gasthaus Falken gab der Barriere ihren Namen. Das Hotel musste schon 1957 weichen. Die 1850 erbaute Brauerei wurde erst 2004 durch den Neubau ersetzt, in dem sich heute das Bezirksgericht befindet.
Ein letztes Mal fällt die Falkenbarriere: Die Bahn brachte Wohlstand und Arbeitsplätze nach Baden. Aber auch viele Stunden mühsamen Wartens. Die Erleichterung war deshalb gross, als von 1957 bis 1965 der «neue» Schulhausplatz gebaut wurde.
Verstopfte Weite Gasse im Jahr 1960 mit Velo- und Buskolonnen. Das abgebrannte Restaurant Glas erlaubt die Datierung. Am oberen Bildrand das Schulhaus, das dem Platz seinen Namen gab.
Der Tunnelbogen des alten Bahntunnels steht noch, der Strassentunnel durch den Schlossberg ist schon betoniert. Der Ennetbadener Fotograf Werner Nefflen kam 1962 gerade noch rechtzeitig, um diesen denkwürdigen Augenblick festzuhalten. Rechts montiert ein Arbeiter die Sprengladung.
Als es in der Altstadt noch Handwerker gab: Der Sattler Mühlebach hatte seine Werkstatt in der Weiten Gasse und arbeitete gerne draussen. Hier zusammen mit den Pferden der Brauerei Müller am Schulhausplatz.
Der Bahnwärter hat ausgedient: Im September 1961 wurde die «Bahnverlegung» vollzogen, zumindest von der Eisenbahn war der Schulhausplatz befreit. Sie fuhr ab dann durch den grossen Bahntunnel.
Baden um 1919: im Vordergrund die mittelalterliche Brückenstadt, das moderne Baden liegt links.
Verkehr anno 1961: Im Hintergrund sieht man die alte Cordulapost mit dem Bild des abgebrochenen Mellingerturms. Rechts daneben der legendäre Lebensmittelladen Moneta. Die beiden Häuser wurden 1984 durch die neue «Porta Moneta» ersetzt.
Blick auf das Bahnhofquartier 1919. Der Badener Bahnhof zählt zu den ältesten des Landes. Er wurde 1847 als Endstation der Spanisch-Brötli-Bahn eröffnet.
Blick von oben auf die Hochbrücke und das Kleinkraftwerk Aue zwischen 1918 bis 1937.
Eine Postkarte von 1923, die den Kursaal Baden zeigt.
Eine weitere Postkarte vom Kurpark Baden aus dem Jahr 1926.
Blick in die Halle II des BBC-Gebäudes im Jahr 1926.
Blick auf die Ruine Stein um ca. 1930.
Im Jahr 1930 war der Löwenbrunnen bereits 108 Jahre alt.
Eine Postkarte des Kursaales datiert auf das Jahr 1936.
So sah die Badener Altstadt 1942 aus.
Limmat abwärts von der neuen Hochbrücke im Jahr 1942.
Limmat aufwärts von der neuen Hochbrücke im Jahr 1942.
Die Badener Altstadt 1945. Der Strassenverkehr wurde erst später aus der Altstadt verbannt. In der Badstrasse (links im Bild) entstand 1972 im Zuge des Bahnhofumbaus die erste Fussgängerzone der Schweiz.
Die Badener Altstadt im Jahr 1945, links im Bild die Hochbrücke, die 1926 eröffnet wurde.
Blick auf die Schiefe Brücke 1949, die Baden mit Ennetbaden verbindet. Sie wurde 1874 eröffnet und ist seit 2006 für den motorisierten Individualverkehr gesperrt.
Das 1963/64 erbaute Thermalbad im Jahr 1969.
Hier wurde fast 40 Jahre lang fröhlich geplanscht – gegen Ende des 20. Jahrhunderts gerieten die Bäder in eine Krise.
Baden 1970 von oben aus süd-östlichem Blickwinkel. Im Bild: das Stadtzentrum, der Elektrotechnikkonzern Brown Boveri & Cie. (BBC, später ABB), die Hochbrücke und das Terrassenschwimmbad.
Baden 1980 von Südwesten. Im Bild: das Stadtzentrum, der Schulhausplatz, die Ruine Stein und der Schlossbergtunnel.
Baden 1980 von Osten. Im Bild: Die Altstadt, die Hochbrücke, die Limmat, rechts im Bild der Elektrotechnikkonzern BBC.
Baden 1987 von Westen. Im Bild: die Stadtkirche, das Stadtzentrum und die Kreuzung Schulhausplatz.
Ein Blick in die Mittlere Gasse im Jahr 1988.

Baden historische Bilder

Unbekannt