Nachgefragt
Baden soll 14 Flüchtlinge aufnehmen – SP-Langmoen: «Der Stadtrat soll Druck auf den Bund ausüben»

Neun Mitglieder des Badener Einwohnerrats fordern in einem dringlichen Postulat, dass die Stadt 14 Flüchtlinge aus Lesbos aufnimmt. Im Interview erklärt Nora Langmoen, SP-Bezirksparteipräsidentin und Einwohnerrätin, die Gründe.

Philipp Zimmermann
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Nora Langmoen

Nora Langmoen

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Nora Langmoen, wieso soll die Stadt Baden ausgerechnet 14 Flüchtlinge aufnehmen?

Wir beziehen uns auf den Verein Netzwerk Asyl, der ausgerechnet hat, dass der Aargau 500 geflüchtete Menschen aufnehmen könnte. Für Baden wären dies 14. Eine geflüchtete Person pro 1350 Einwohner wäre gut verkraftbar.

Was sagen Sie zu Stimmen, laut denen die Schweiz ein falsches Signal mit der Aufnahme von Flüchtlingen setzt. Würden nicht noch mehr Menschen aus wirtschaftlichen Gründen in Richtung Europa migrieren?

Niemand flüchtet aus Spass. Die Menschen befinden sich in einer existenziellen Notlage und sehen sich zur Flucht gezwungen. Wer diese Reise auf sich nimmt, ist sehr hoffnungslos oder in Gefahr. Wer eine Flucht vermeiden kann, flieht nicht. Es gibt vereinzelte Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen fliehen, aber die Mehrheit flieht aus Kriegsgebieten, wegen Korruption oder weil der Klimawandel ihre Lebensgrundlage zerstört.

Wäre es nicht besser, Griechenland finanziell zu unterstützen, damit die Flüchtlinge menschenwürdige Unterkünfte erhalten?

Alle europäischen Länder tragen eine Mitverantwortung und teilweise auch eine Mitschuld an den Fluchtgründen. Warum sollte nur Griechenland dafür geradestehen? Auch die Schweiz muss für die Fluchtgründe Verantwortung tragen: Zum Beispiel exportiert und finanziert die Schweiz Waffen. Zudem muss die Schweiz mit den anderen europäischen Ländern solidarisch sein. Man hat gesehen, dass Griechenland überfordert ist. Das neue Lager in Kara Tepe ist ja schon wieder überschwemmt worden, Zelte brachen zusammen, die Corona-Zahlen steigen. Die Schweiz hat die Kapazitäten und Ressourcen, um hier zu helfen. Zudem haben wir auch als Einwanderungsland gezeigt, dass wir Menschen gut integrieren können.

In Aarau wurde der Vorstoss schon vor einem Monat eingereicht. Wieso dauerte das in Baden länger?

Wir wollten das Postulat möglichst breit abstützen. Die Abklärungen mit anderen Fraktionen brauchte etwas Zeit – die Dringlichkeit der Forderung bleibt aber bestehen. Die Situation auf Moria hat sich leider nicht verbessert.

Sind Sie optimistisch, dass das Postulat durchkommt?

Ja, wir sind optimistisch, dass das Postulat angenommen wird, denn weitere Mitglieder des Einwohnerrats haben die Zustimmung schon signalisiert.

Was erhoffen Sie sich konkret, wenn der Einwohnerrat das Postulat an den Stadtrat überweist?

Baden kann keine geflüchteten Menschen direkt aus Moria aufnehmen. Die Kompetenz liegt beim Bund und beim Kanton. Unser Wunsch ist es aber, dass der Stadtrat zusammen mit anderen Städten Druck auf den Bund ausübt und die Aufnahme von Flüchtlingen ermöglicht. Diese Haltung von Baden wäre ein starkes Zeichen.