Baden
Von der amerikanischen Armee in Auftrag gegeben und gleich wieder verbannt: «Royal» zeigt umstrittenen Kriegsfilm

In «Let there be light» von John Huston werden posttraumatische Belastungsstörungen von Soldaten thematisiert. Lange war der Film verboten, nun nimmt ihn die Badener Filmreihe ins Programm auf.

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Skandale gehören zum Kino der Neuzeit. Diesem Aspekt des Films nimmt sich das Badener Royal in seinem Projekt «royalscandalcinema» an. Von Januar 2015 bis Mai 2024 werden monatlich Filme gezeigt, deren Inhalte für Aufschreie gesorgt haben – sei es wegen Gewaltdarstellungen, Sexszenen oder religiösen Tabuthemen.

Filmplakat für «Let there be light».

Filmplakat für «Let there be light».

Bild: zvg

Am Donnerstag, 5. Mai, läuft nun der äusserst selten in Kinos gezeigte Film «Let there be light» von John Huston. Der Film war eine Auftragsarbeit der US-Army (dort unter dem Titel «PMF 5019») und sollte das breitere Publikum über posttraumatische Belastungsstörungen von Kriegsveteranen aufklären.

Demnach zeigt der Dokumentarfilm Behandlungen von Patienten, die unter dem sogenannten «Shell Shock» litten, der heute eben als posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wird. Gefilmt wurde im Mason General Hospital auf Long Island, der grössten Armeeklinik der amerikanischen Ostküste. Gezeigt werden reale Gespräche zwischen Ärzten und Patienten, Therapiesitzungen und Behandlungsmethoden und die Entwicklung einiger Patienten bis zu ihrer Entlassung aus der Klinik.

Armee verbannte den Film für mehrere Jahrzehnte

Kurz nach seiner Fertigstellung 1946 wurde der Film von der Armee jedoch gleich wieder verboten. Sie machte geltend, die schonungslose Darstellung der traumatisierenden Folger einer Kriegsteilnahme verletze die Privatsphäre der porträtierten Soldaten.

Regisseur Huston hingegen meinte, sein Film sei verboten worden, weil die Armee einen demoralisierenden Effekt und Folgen für die Rekrutierung künftiger Soldat befürchtete. Seiner Meinung nach wollten die Streitkräfte an ihrem «Kriegermythos» festhalten: Amerikanische Soldaten, die in den Krieg ziehen, heroische Taten vollbringen und durch die Erlebnisse gestärkt in den zivilen Alltag zurückkehren, in ihrem Kampfgeist ungebrochen.

Erst 1980 – 34 Jahre nach seiner Fertigstellung – wurde der Film doch noch freigegeben und 1981 erstmals an den Internationalen Filmfestspielen von Cannes gezeigt. 2010 wurde «Let there be light» in die Filmsammlung der Library of Congress aufgenommen und aufwendig restauriert.

Die Einführung im Rahmen von «royalscandalcinema» hält der Kultur- und Medienwissenschaftler Johannes Binotto. Als Forscher, freier Autor, ehemaliger Redaktor des Filmmagazins «Filmbulletin» und als Redaktionsmitglied von «RISS. Zeitschrift für Psychoanalyse» spürt er den Schnittstellen zwischen Kinogeschichte, Filmtechnik, Psychoanalyse und Raumanalyse nach. (az)