Aquilana
Badener Krankenkassen-Chef verdient über 345'000 Franken: "Ich fühle mich nicht als Abzocker"

Dieter Boesch verdient als Chef der Badener Krankenkasse Aquilana mehr als 345'000 Franken. Das ist aussergewöhnlich viel für eine kleine Kasse mit nicht mal 50000 Versicherten. Er verteidigt seinen Lohn: "Wir sind sehr schlank aufgestellt."

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Dieter Boesch, CEO und VR-Präsident der Aquilana-Versicherungen, Baden

Dieter Boesch, CEO und VR-Präsident der Aquilana-Versicherungen, Baden

«Es läuft viel in unserer Branche, doch nicht immer in die richtige Richtung!» Das sagte Dieter Boesch als Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer der Badener Krankenkasse Aquilana Ende Mai an deren Generalversammlung im Wettinger Tägi. Mit seiner Aussage meinte Boesch aber nicht seinen Lohn, der jetzt öffentlich gemacht wurde, sondern die staatliche Bürokratie.

Aber zuerst zu seinem Gehalt, das zu reden gibt.

Für das Doppelamt VR-Präsident und Geschäftsführer bezieht Boesch 295'400 Franken. Das allein ist ein stolzes Salär für die Führung eines Krankenversicherers mit nur 46'859 Grundversicherten. Die az legte die Krankenkassen-Cheflöhne am Mittwoch offen. Boesch verdient insgesamt noch mehr, wie Recherchen zeigten: Konservativ geschätzt kommt der Krankenkassen-Patron mit Honoraren und Sitzungsgeldern für Mandate in Gremien von Branchenverbänden auf mindestens 345'400 Franken Jahreseinkommen.

Neben seinem Doppelamt als Geschäftsführer und VR-Präsident bei der Badener Krankenversicherung Aquilana ist Boesch auch noch Verwaltungsrat bei der Tarifsuisse AG und Vizepräsident des Verbandes der kleinen und mittleren Krankenkassen RVK.

Bei grossen Krankenkassen ist es mittlerweile verpönt, Bezüge aus solchen Tätigkeiten zu behalten. Entschädigungen für solche Mandate müssen an ihre Arbeitgeber abgegeben werden.

Mit seinem geschätzten Gesamtsalär von mindestens 345'400 Franken verdient Boesch 7,37 Franken pro Grundversicherten (Stand 2015).

Zu seinem Lohn sagt Boesch auf Anfrage:

„Ich bin ein Fan des Liberalismus in allen Fragen: Der Markt soll entscheiden.“ Die Frage sei, was jemand leiste. "Und Fakt ist: Wir sind sehr schlank aufgestellt.“ Der Verwaltungsaufwand, in dem auch die Lohnkosten enthalten seien, sei sehr tief: „Mit einem Verwaltungsaufwand von 5,1 Prozent der Prämien sind wir eine der günstigsten Krankenkassen der Schweiz“, so Boesch. Felix Schneuwly vom Vergleichsdienst Comparis bestätigt diese Aussage: „5,1 Prozent ist ein sehr guter Wert.

Boesch kommt zum Schluss: „Ich fühle mich nicht als Abzocker, über das Salär entscheidet der Verwaltungsrat.“ Dieser Verwaltungsrat wird von Boesch präsidiert. Darin sieht er kein Problem: „Die Doppelrolle VR-Präsident und Geschäftsführer ist bei unserer Grösse eine Stärke.“

Bis in spätestens fünf Jahren müssen die beiden Rollen laut Gesetz allerdings getrennt werden. Dieter Boesch muss dies nicht mehr allzu sehr kümmern. Der heute 62-jährige ist dann vermutlich schon in Pension.

"Branchenweit einmaliger Erfolg"

Zurück zur Generalversammlung der Aquilana. Dort wetterte Boesch vor rund 500 Mitgliedern gegen die "unsinnige Bürokratie" und den "Hang zum staatlichen Zentralismus". Insbesondere viele Auswirkungen des neuen Krankenversicherungs-Aufsichtsgesetzes seien zu hinterfragen. So würden die Versicherer genötigt, zusätzlich viele Berichte etwa über Kontrollen, Berichterstattung oder interne Revision abzuliefern, und von den Verwaltungsräten und GL-Mitgliedern müssen künftig die Lebensläufe abgeliefert werden. "Wo bleibt da der Mehrwert für die Versicherten?", fragte Boesch. "Aquilana ist befugt, diese Fragen zu stellen, denn der Badener Kranken- und Unfallversicherer weist seit Jahren ein stabiles Wachstum aus", sagte Boesch.

Damit meinte der Versicherungschef die Zahl der Versicherten. Sein Gehalt kam an der Generalversammlung gemäss Medienmitteilung nicht zur Sprache. Umso mehr betonte die Aquilana den "branchenweit einmaligen Erfolg" bei der Kundenbewertung. Vom Onlineportal comparis.ch hat die Badener Kleinkasse zum dritten Mal in Folge die Note 5,5 für Kundenzufriedenheit erhalten. (per/roc)