Stimm- und Wahlrecht für Ausländer in der Stadt Baden? Nein, findet die SVP. Die az-Leser sind gespalten. Die SP-Stadträtin Daniela Berger erklärt, wieso Ausländer in Baden mitbestimmen sollten.
Die Ausländer sollen in Baden das Stimm- und Wahlrecht erhalten (das BT berichtete). So steht es zumindest im neuen Integrationskonzept der Stadt, das der Einwohnerrat an seiner letzten Sitzung angenommen hat. Bei den az-Lesern stösst dieses Vorhaben auf geteilte Meinungen.
Ein Leser schreibt: «Die Staatsgewalt geht in der Schweiz ohne Ausnahme vom Volk aus und ist in diesem Sinne der Souverän – sozusagen Herrscher über sich selbst.» Dazu gehöre jeder, der das Schweizer Bürgerrecht besitze. «Nichteingebürgerte Ausländer haben demzufolge keinen Anspruch an der Ausübung der Staatsgewalt, insbesondere bei Wahlen und Abstimmungen.» Eine Leserin hält den Vorschlag gar für «birreweich».
Bei einigen Lesern löst das Vorhaben positive Reaktionen aus: «Ich würde es begrüssen, wenn die Ausländer die eine Aufenthaltsbewilligung haben und in Baden wohnen, auf kommunaler Ebene abstimmen könnten.» So könne man sie zum mitmachen ermuntern. Ein anderer schreibt, dass das Stimm- und Wahlrecht auf kommunaler Ebene selbstverständlich für alle Bürger sein sollte, die seit längerem hier leben, hier Steuern zahlen und somit selbstverständlich auch mitgestalten und mitentscheiden wollten.
Sollen die Ausländer in Baden mitbestimmen dürfen? Stimmen Sie ab:
Auch eine Umfrage des Regionalsenders «TeleM1» zeigt: Die Meinungen sind geteilt. «Wenn sie schon länger in der Schweiz sind – wieso nicht?», sagte eine Passantin. Die Ausländer seien zum Teil schon sehr lange hier sesshaft, fand eine andere Frau. «Ich finde, sie dürfen ruhig auch mitbestimmen», ergänzt sie. «Blödsin», sagte ein ein älterer Herr. «Jeder hat die Möglichkeit, sich einbürgern zu lassen. Dann hätte er auch das Stimm- und Wahlrecht.»
27 Prozent Ausländer, über 80 Nationen
Im Gespräch mit «TeleM1» erklärt die zuständige Stadträtin Daniela Berger, wieso Ausländer in Baden mitbestimmen sollten: «Wir haben einen Ausländeranteil von 27 Prozent, es sind über 80 Nationen bei uns in Baden wohnhaft.» Es gehe bei dieser Idee um Partizipation, um das Zusammenleben aller Menschen, die in der Stadt wohnen würden, sagt Berger.
Die Ausländer würden so aktiv am Gemeinschaftsleben teilnehmen wie die inländische Bevölkerung. «Und sie zahlen hier Steuern. Wir sind überzeugt, dass es zeitgemäss ist, dass sie zumindest auf komunaler Ebene das Stimmrecht erhalten würden.»
Sehen Sie hier das Interview von «TeleM1» mit der Badener Stadträtin Daniela Berger:
In den Kantonen Jura und Neuenburg können die Ausländer auf komunaler Ebene bereits mitbestimmen. Im Kanton Aargau müsste zuerst das Gesetzt abgeändert werden, damit die Ausländer wählen und stimmen können. Berger hält es zurzeit eher unwahrscheinlich, dass diese Änderung in nächster Zeit vollzogen wird. «Ich denke, der Zeitpunkt jetzt ist nicht günstig.» Bereits gegenüber dem Badener Tagblatt räumte sie ein: «Die gegenwärtige Stimmung, die herrschenden Ängste bei der Ausländerfrage deuten nicht darauf hin, dass dieser Schritt auf Kantonsebene in nächster Zeit erfolgen wird.» Sie wünsche sich aber, dass sich die Stimmung in den nächsten zehn Jahren wieder ändern würde.
Widerstand von bürgerlicher Seite
Bei der SVP-Fraktion und Teilen der Bürgerlichen stösst das Vorhaben auf Widerstand. Schon an der Einwohnerratssitzung hätte die SVP hätte den Absatz im neuen Integrationskonzept am liebsten ganz gestrichen, in dem es um das Stimm- und Wahlrecht der Ausländer geht. Doch zur Abstimmung standen nur die einzelnen Leitsätze, nicht die beschriebenen Massnahmen.
Kilian Jegen (SVP) beantragte darum den Zusatz «soweit es die Gesetzgebung ermöglicht». Die FDP sowie einzelne CVP-Einwohnerräte unterstützten diesen Antrag. Nach geltendem kantonalen Recht wäre die Einführung eines kommunalen Ausländerstimmrechts ohnehin nicht möglich. Auf die Änderung dieses übergeordneten Rechts zielt jedoch das Konzept des Stadtrates ab.
«Stimm- und Wahlrecht für Migranten kommt aus meiner Sicht nicht infrage», erklärte Stefanie Heimgartner, SVP-Einwohner- und Grossrätin, anderntags gegenüber dem Badener Tagblatt. Würde das auf kommunaler Ebene angestrebt, wäre dem Ansinnen Widerstand garantiert. Und gegenüber «TeleM1» sagte Serge Demuth, Präsident der SVP Baden: «Nach meiner Ansicht ist es nicht verwerflich, wenn mit dem Schweizer Bürgerreicht auch gewisse Privilegien verbunden sind.»
So hat «TeleM1» über das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer in Baden berichtet:
Was der Stadtrat in seinem Integrationskonzept formuliert hat, entspricht allerdings dem Planungsleitbild 2026, wo unter «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» steht: «Eine breite Partizipation aller Einwohnerinnen und Einwohner am politischen, sozialen und kulturellen Leben ist die Voraussetzung einer lebendigen Stadtgesellschaft.»
Die Grünen Aargau wollen die Idee vorantreiben
Die Grüne Partei Aargau überlegt sich, eine Vorstoss im Grossen Rat zu lancieren. Dies sagte Parteipräsident Jonas Fricker gegenüber «TeleM1». Bereits vor 20 Jahren konnte das Aargauer Stimmvolk darüber befinden, ob man auch ohne Schweizer Pass abstimmen dürfe. Die Aargauer lehnten den Vorstoss deutlich ab.