Reglement
Badener Stadtrat will weniger Autos auf den Strassen – Manor-Chef reagiert mit Kritik

Der Stadtrat hat ein Konzept für die Mobilität der Zukunft entworfen: Weniger Autos, dafür mehr Bus-, Velo-, und Fussverkehr. Die SP ist zufrieden, das Gewerbe nicht.

Pirmin Kramer
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Stau auf den Strassen gehört zum Alltag in Baden. Der Stadtrat will die zusätzliche Mobilität durch Busse, Velo- und Fussverkehr abwickeln. Archiv/Alex Spichale

Stau auf den Strassen gehört zum Alltag in Baden. Der Stadtrat will die zusätzliche Mobilität durch Busse, Velo- und Fussverkehr abwickeln. Archiv/Alex Spichale

Alex Spichale

Die Bevölkerungszahl in der Region Baden wird in den nächsten Jahren zunehmen – und mit ihr wird auch der Verkehr wachsen. Die Badener SP reichte im Sommer 2016 eine Initiative beim Stadtrat ein: Der Bus-, Velo- und Fussverkehr müsse gefördert werden.

Der Stadtrat hat prompt reagiert und ein «Reglement für eine nachhaltige städtische Mobilität entworfen». Der Einwohnerrat wird in seiner Dezembersitzung darüber abstimmen. Nun hat sich der Gewerbeverband zu Wort gemeldet – er kritisiert das Reglement.

Der Stadtrat hat darin Vorgaben verankert, die helfen sollen, den wachsenden Verkehr zu bewältigen. Vereinfacht formuliert schlägt er folgende Lösung vor: Der Anteil des öffentlichen Verkehrs sowie des Fuss- und Radverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen soll in den nächsten Jahren stetig erhöht werden. «Gleichzeitig ergreift die Stadt Massnahmen, um den Anteil des motorisierten Individualverkehrs am Gesamtverkehr auf dem Stadtgebiet bis 2028 um 10 Prozent zu reduzieren», heisst es weiter.

Die SP ist zufrieden mit dem Vorschlag: «Unsere wesentlichen Forderungen wurden berücksichtigt», sagt Fraktionspräsident Martin Groves. «Es sind sich wohl alle einig, dass es neue Ideen braucht, um den Verkehr in Zukunft zu meistern. Das Reglement zeigt eine mögliche Richtung auf.»

Parkplätze wichtig für Gewerbe

Der Gewerbeverband hingegen fordert den Stadtrat in einem offenen Brief dazu auf, das Reglement zu überarbeiten: «Das Gewerbe und vor allem die Detaillisten in unserer Innenstadt sind darauf angewiesen, dass sie für Kunden mit allen Verkehrsmitteln erreichbar bleiben – dazu gehören auch Autos.»

Das Reglement fördere alle anderen Verkehrsteilnehmer zulasten der Autos, heisst es im Brief. In den öffentlichen Verkehr, Fuss- und Radverkehr sei in den vergangenen Jahren bereits genügend investiert worden.

Für Unsicherheit sorgt bei Gewerbevertretern vor allem Paragraf 6 des Reglements, in dem es heisst: «Über die Zahl der Parkplätze und deren Bewirtschaftung kann die entsprechende Verkehrserzeugung gesteuert werden.» Roger Amann, Direktor von Manor Baden: «Für uns ist von grösster Bedeutung, dass wir gut erreichbar sind und dass es genügend Parkplätze gibt.

Das haben die letzten zwei Jahre gezeigt: Durch die Baustelle beim Schulhausplatz sank die Erreichbarkeit, und in der Tunnelgarage wurden 120 Parkplätze aufgehoben.» Wenn der Anteil der Autos am Gesamtverkehr gesenkt werden soll, wie das der Stadtrat nun vorschlage, so hoffe er, dass dies nicht mithilfe der Streichung von weiteren Parkplätzen versucht werde. «Dies hätte für den Detailhandel in der Stadt negative Auswirkungen.»

Zahl der Parkplätze soll bleiben

Stadtammann Geri Müller (Team) beschwichtigt: «Eine Reduktion der bestehenden Parkplätze ist momentan kein Thema.» Und er erinnert daran, dass ins Reglement auch die Vorgabe aufgenommen wurde, dass der gesamte Gewerbe-Verkehr nicht behindert werden solle.

Um eine weitere Zunahme des motorisierten Individualverkehrs aus der Umgebung zu regulieren, habe der Stadtrat derzeit die Möglichkeit, zusammen mit dem Kanton über das Verkehrsmanagement Einfluss zu nehmen.

Ein Roadpricing-System einzuführen, also Gebühren zu erheben, wenn man mit dem Auto ins Zentrum fährt, würde in Baden kaum funktionieren, glaubt Geri Müller. «Ein Roadpricing macht erst ab einer gewissen Anzahl von Autos Sinn, die täglich in eine Stadt fahren, weil die Installation und der Betrieb des Systems zu teuer ist. In Baden ist die Zahl der Autos hierfür gemäss Experten aber zu klein.»

«Stadtrat will Zürcher Verhältnisse»

Zu den Kritikern des Reglements gehört auch SVP-Einwohnerrat Daniel Glanzmann. «Der Autoverkehr soll eingedämmt werden. Der Stadtrat strebt Zürcher Verhältnisse an, will den Verkehr auf Velos, Busse und Züge verlagern.» Zürich könne sich ein solches Regime leisten, weil die Grossstadt auch mit reduziertem Autoverkehr sehr gut besucht sei.

«Für Baden aber befürchte ich negative Auswirkungen auf die Ladenvielfalt.» Es gebe nach wie vor viele Menschen, die grosse Einkäufe mit dem Auto transportieren wollen. Es gehe nicht nur um Läden, sondern auch um Arbeitsplätze, die verloren gehen könnten.