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Badens Exekutive befindet sich derweil in einem Ausnahmezustand: Zum Rücktritt kann man Geri Müller wegen der Nackt-Selfie-Affäre nicht zwingen. Allerdings können ihm mittels Mehrheitsbeschluss im Stadtrat sämtliche Ressorts entzogen werden.
Ob Geri Müller Stadtammann von Baden bleibt, ist ungewiss. «Ich muss schauen, ob das Vertrauen noch weiterhin besteht», erklärte er, nachdem die Affäre um die Nacktbilder aufgeflogen war. Wie genau er genügend Vertrauen definiert, liess er aber offen. Auf www.aargauerzeitung.ch haben über 4500 Leser die Frage beantwortet, ob das Vertrauen in Geri Müller noch gross genug ist, damit er sein Amt ausüben kann. Das Ergebnis der nicht repräsentativen Umfrage: 73 Prozent beantworteten die Frage mit Nein, 27 Prozent mit Ja.
Und auch bei Persönlichkeiten in Baden hat Müller das Vertrauen weitgehend verspielt (az vom 20. August). Das Online-Portal «Watson» erinnert derweil an die Worte des ehemaligen «Blick»-Chefredaktors Peter Uebersax (1925-2011): «Wenn einer nach drei Tagen noch steht, dreht der Wind.» Heute Mittwoch sei der dritte Tag nach Platzen der sonntäglichen Bombe, und Müller stehe noch, so «Watson»: «Schamgebeugt zwar, aber er steht.»
Zwei Varianten für Abgang
Badens Exekutive befindet sich derweil in einem Ausnahmezustand, der nicht ewig dauern kann. Vizeammann Markus Schneider hat intimeristisch die Aufgaben von Geri Müller übernommen. Die bürgerlichen Parteien haben Müller gestern zum Rücktritt aufgefordert. Klar ist: Zum Rücktritt gezwungen werden kann er nicht. «Es gibt nur zwei Varianten für einen Abgang des Stadtammanns», sagt Martin Süess, Leiter des Rechtsdienstes der Gemeindeabteilung des Kantons Aargau.
Entweder den freiwilligen Rücktritt, der vom Kanton abgesegnet werden muss, oder aber die Nichtwiederwahl. «Nach einem Rücktritt bleibt der Ammann dann aber in der Regel so lange im Amt, bis ein Nachfolger gewählt wurde.» In der Regel würden vom Zeitpunkt der Demission bis zum neuen Wahltermin rund drei Monate vergehen, erklärt Süess.
Was passiert im gegenteiligen Fall – wenn Geri Müller Stadtammann bleiben möchte? Müsste der Stadtrat erst seine Zustimmung geben und abstimmen, ob Müller seine Ressorts zurückerhält? «Falls die Interimslösung in gegenseitigem Einvernehmen beschlossen wurde, wäre Geri Müller meines Erachtens sofort wieder Stadtammann, wenn er zurückkehren möchte. Es bräuchte hierfür keine Abstimmung im Stadtrat», sagt Martin Süess.
Es gebe aber die Möglichkeit, dass der Stadtrat mittels Mehrheitsbeschluss einem Mitglied – also auch dem Stadtammann – dessen Ressorts entziehen könne. «Die Folge wäre, dass der Stadtammann dann zwar rein rechtlich noch im Amt ist, in der Praxis aber gar keine Aufgaben mehr wahrnehmen könnte», erklärt Süess.
Bürgerliche hoffen auf Vernunft
Auf die Frage, ob dieses Szenario bei Bürgerlichen ein Thema ist und ob sie mit den bürgerlichen Stadträten Markus Schneider (CVP), Matthias Gotter (CVP) und Roger Huber (FDP) die Taktik im Hinblick auf eine allfällige Rückkehr Geri Müllers besprochen haben, winken alle drei Parteipräsidenten ab. «Nein, mit diesem Thema haben wir uns bisher noch nicht beschäftigt», sagt Simon Binder, Co-Präsident der CVP Baden.
Und FDP-Präsident Matthias Bernhard hält fest: «Auch bei uns ist das kein Thema; wir hoffen immer noch auf die Vernunft Geri Müllers.» SVP-Präsident Serge Demuth hält fest: «Abgesehen davon, dass wir keinen eigenen Stadtrat haben, sind wir in diese Richtung noch nicht aktiv geworden. Das halte ich auch noch für verfrüht. Wir Bürgerlichen haben unsere Rücktrittsforderung formuliert und warten jetzt mal, was passiert.»