Kirchdorf
Bauernfamilie Hess hört auf: «Wir können es uns nicht mehr leisten»

Die Familie Hess musste ihren Bauernhof an die Tochter weitergeben. «Es war eine notwendige Handlung, da wir nicht mehr in der finanziellen Lage gewesen wären, unseren Bauernhof weiter zu betreiben», sagt Hansruedi Hess.

Katja Ramseier
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Bauer Hansruedi Hess und seine Frau Margrit haben Anfang Jahr den Hof abgegeben.

Bauer Hansruedi Hess und seine Frau Margrit haben Anfang Jahr den Hof abgegeben.

Chris Iseli

Familie Hess aus Kirchdorf hat das Bauern aufgegeben. «Anfang 2012 haben wir den Betrieb unserer Tochter und dem Schwiegersohn, die selber einen Bauernhof in Endingen führen, übergeben. Es war eine notwendige Handlung, da wir nicht mehr in der finanziellen Lage gewesen wären, unseren Bauernhof weiter zu betreiben», sagt Hansruedi Hess.

Brogli: «Unsere Bauern sind auf die Direktzahlungen angewiesen» Herr Brogli, im Aargau geht die Zahl der Bauernbetriebe immer mehr zurück. Aus welchen Gründen schliessen die meisten Betriebe? Roland Brogli: Dieser Strukturwandel ist von der Bundesagrarpolitik gewollt. Die meisten Betriebe schliessen aufgrund des wirtschaftlichen Druckes oder aufgrund des Generationenwechsels. Was wäre Ihrer Meinung nach die ideale Lösung bezüglich des Milchpreises? Wenn dem Konsumenten der wahre Wert dieses vorzüglichen Lebensmittels bekannter wäre und er dafür auch den Gegenwert zahlen würde. Ich darf hier das Beispiel Kanada erwähnen. Dort gibt es auch Milch im Überfluss und trotzdem sind Molkereiprodukte teurer als in der Schweiz. Sind die Schweizer Bauern auf die Direktzahlungen angewiesen? Ja. Nicht weil sie sich diese Leistungsabgeltung wünschen, sondern weil das Stimmvolk zu einem ganzen System ja gesagt hat. Die multifunktionalen Leistungen wie dezentrale Besiedelung, sichere Landesversorgung und Erhaltung der Kulturlandschaft können aktuell nicht über die Produkte, sondern müssen durch Direktzahlungen abgegolten werden. Wie würde die Schweizer Landwirtschaft Ihrer Meinung nach ohne die Direktzahlungen aussehen? Ohne die Direktzahlungen hätte die Landwirtschaft kaum Überlebenschancen. Mit den Direktzahlungen werden wichtige multifunktionale Leistungen wie etwa die Landschafts- und Kulturlandpflege abgegolten. Ohne diese Zahlungen würde sich das Landschaftsbild verschlechtern. Vorab in den Randregionen und Berggebieten würde Vergandung einsetzen. Interview: Katja Ramseier    

Brogli: «Unsere Bauern sind auf die Direktzahlungen angewiesen» Herr Brogli, im Aargau geht die Zahl der Bauernbetriebe immer mehr zurück. Aus welchen Gründen schliessen die meisten Betriebe? Roland Brogli: Dieser Strukturwandel ist von der Bundesagrarpolitik gewollt. Die meisten Betriebe schliessen aufgrund des wirtschaftlichen Druckes oder aufgrund des Generationenwechsels. Was wäre Ihrer Meinung nach die ideale Lösung bezüglich des Milchpreises? Wenn dem Konsumenten der wahre Wert dieses vorzüglichen Lebensmittels bekannter wäre und er dafür auch den Gegenwert zahlen würde. Ich darf hier das Beispiel Kanada erwähnen. Dort gibt es auch Milch im Überfluss und trotzdem sind Molkereiprodukte teurer als in der Schweiz. Sind die Schweizer Bauern auf die Direktzahlungen angewiesen? Ja. Nicht weil sie sich diese Leistungsabgeltung wünschen, sondern weil das Stimmvolk zu einem ganzen System ja gesagt hat. Die multifunktionalen Leistungen wie dezentrale Besiedelung, sichere Landesversorgung und Erhaltung der Kulturlandschaft können aktuell nicht über die Produkte, sondern müssen durch Direktzahlungen abgegolten werden. Wie würde die Schweizer Landwirtschaft Ihrer Meinung nach ohne die Direktzahlungen aussehen? Ohne die Direktzahlungen hätte die Landwirtschaft kaum Überlebenschancen. Mit den Direktzahlungen werden wichtige multifunktionale Leistungen wie etwa die Landschafts- und Kulturlandpflege abgegolten. Ohne diese Zahlungen würde sich das Landschaftsbild verschlechtern. Vorab in den Randregionen und Berggebieten würde Vergandung einsetzen. Interview: Katja Ramseier    

Diese Begründung lässt sich erklären: Dieses Jahr wurde Hansruedi Hess 65 Jahre alt. Für einen Bauern bedeutet es, dass die Direktzahlungen automatisch eingestellt werden und er die AHV beziehen muss. «Da wir ein eher kleinerer Betrieb waren, mussten wir unser Einkommen stets mit zusätzlichen Nebenjobs aufstocken. Doch nun, da ich die AHV beziehe und die Direktzahlungen ausbleiben, können wir es uns nicht mehr leisten, zu bauern», sagt Hess.

Bis 2011 betrieb er seinen Hof selbst. Zum Hof gehören 17 Hektaren Ackerland (davon sind 8 Hektaren gepachtet) sowie ein Stall mit 19 Milchkühen. Seit der Zusammenschliessung der beiden Höfe steht jedoch der Stall so gut wie leer. «Momentan haben wir neun Rinder, zwei Esel und ein paar Truthähne bei uns», sagt Margrit Hess. Alles Tiere, die zum Hof des Schwiegersohns gehören und nur vorübergehend auf dem Tromsberg stationiert sind.

«Bauer zu sein, beinhaltet Risiken»

Problematisch sei, dass die Gebäude alt sind. Hansruedi Hess sagt, er wisse nicht genau, wann die älteren Gebäude gebaut wurden. Zwar stehe beim Scheuneneingang «1838», doch er glaubt, dass Teile der Gebäude viel älter sind. «Ein Bauer investiert sein Leben lang in den eigenen Hof, um die Ertragsfähigkeit zu verbessern. Als Bauer hofft man, dass der Hof bei der Abgabe etwas fürs Alter hergibt, doch diese Rechnung geht nicht immer auf - Bauer zu sein trägt halt eben ein gewisses Risiko mit sich.»

100 Bauernbetriebe weniger

Eine Statistik, die dieses Jahr vom Bundesamt für Statistik veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Bauernbetriebe in der Schweiz immer weniger werden. Allein im Kanton Aargau gab es im Jahr 2011 etwa 100 Betriebe weniger als im Jahr zuvor.

Der Hof bleibt weiter bestehen

Trotz allem ist das Ehepaar Hess mit seiner jetzigen Situation zufrieden. «Wären unsere Tochter und ihr Mann nicht selbst Bauern, hätten wir das Land verpachten müssen. Der Unterhalt der Gebäude wäre für uns längerfristig kaum tragbar gewesen. Dann hätten wir wohl früher oder später den Hof verlassen müssen», sagt Margrit Hess. «Wir sehen das Ganze als einen guten Entscheid. Wir hätten unseren Hof nicht länger halten können und so hat unsere Tochter immerhin die Möglichkeit, das Land und den Hof zusammen mit ihrem Betrieb innovativ und zukunftsgerichtet weiter zu nutzen», blickt Margrit Hess voraus.