Warum mit dem Rohbau der "Altstadt" des Alterszentrums St. Bernhard erst im Sommer begonnen wird - der künftige Geschäftsleiter nimmt Stellung.
Auch wenn es im Wettinger Langäckerquartier auf der Baustelle des 68 Millionen Franken teuren Neubauprojekts «Altstadt» seit Wochen etwas zu ruhig ist, so liegt eine turbulente Zeit hinter den Verantwortlichen des Alterszentrums St. Bernhard in Wettingen. Der Verwaltungsrat musste sich von der bisherigen Geschäftsleiterin Bernadette Flükiger trennen – und das inmitten einer für die Institution wichtigen Phase.
Laut Verwaltungsrat hatte Flükiger auf Ende April gekündigt, um sich einer neuen Herausforderung zu stellen (die AZ berichtete). Ihr Nachfolger wurde Anfang dieser Woche präsentiert. Der Betriebsökonom Rüdiger Niederer ist aktuell Leiter von drei Alterszentren der Genossenschaft für Altersbetreuung und Pflege Gäu in Egerkingen SO und tritt seine neue Stelle am 1. August an.
Niederer wird künftig die «Altstadt» leiten, die – unter anderem – 123 Pflegezimmer, eine Notfall/Palliativ-Pflege sowie 45 Pflegewohnungen für ältere Menschen, die Unterstützung benötigen, beinhaltet. Auch werden generationenübergreifende Begegnungszonen für die Bevölkerung geschaffen.
Rüdiger Niederer übernimmt in einer augenscheinlich nicht ganz einfachen Zeit. So wird in einem Onlinekommentar und auch in einem Brief an die Redaktion behauptet, dass man in Wettingen anderes vernommen habe und sich Flükiger nicht ganz freiwillig von ihrer Stelle verabschiedet hätte. Ein Leser meldete sich bei dieser Zeitung und machte zudem darauf aufmerksam, dass es auf der Baustelle zur «Altstadt» seit über einem Monat nicht mehr vorwärtsgehe.
Warum der Stillstand? Claudio Arnold ist seit letzten Herbst Mitglied im Verwaltungsrat des Alterszentrums St. Bernhard und ist Ansprechperson für alle den Bau betreffenden Fragen. «Erst war es nur ein Bauchgefühl, aber inzwischen ist klar, dass es sich gelohnt hat, nicht gleich mit den Rohbauarbeiten loszulegen», sagt er. «Zur Sicherstellung der hohen Anforderungen an die Realisierung und den zukünftigen Betrieb befindet sich das Projekt in einer Überarbeitungs- und Optimierungsphase», führt er aus. Im Hintergrund liefen die Planungsarbeiten aber ungehindert auf Hochtouren.
Es seien in den letzten Wochen gewisse Themen kritisch und detailliert überprüft worden, im finanziellen, baulichen und personellen Bereich. «Die ganze Bauorganisation war über zu viele Stufen aufgegleist», so Arnold. Inzwischen wurden die letzten Feinjustierungen vorgenommen und die Abläufe verschlankt. Die Organisation funktioniere nun direkter: «So haben zum Beispiel Mitarbeiter aus der Pflege jetzt ein direkteres Mitspracherecht, damit es im Neubau auch für ihre zukünftigen Arbeitsprozesse stimmt», sagt Arnold. Es habe Versäumnisse gegeben, die sie jetzt noch aufholen könnten.
Das hatte auch zur Folge, dass wegen leichten baulichen Anpassungen noch eine Änderungseingabe bei der Gemeinde eingereicht wurde, deren Einsprachefrist vor kurzem abgelaufen sei. Dafür musste noch einmal ausgesteckt werden. «Einsprachen sind aber keine eingegangen», so Arnold. «Das Projekt bleibt dasselbe, und auch der leicht angepasste Zeitplan sollte eingehalten werden.» Gewisse Vorinstallationen würden in nächster Zeit vorgenommen. «Mit dem Rohbau starten wir im Sommer. Dann aber mit Vollgas», so Arnold.
2021 soll der Neubau dem Betrieb übergeben werden. «Der gesamte Verwaltungsrat, aber auch die Personalverantwortlichen sind überzeugt, jetzt auf dem richtigen Weg zu sein.»
Der künftige Geschäftsleiter Rüdiger Niederer tritt seine Stelle im Übergang vom alten zum neuen Standort an. Er kennt das Alterszentrum St. Bernhard bereits aus seiner Tätigkeit als Berater bei der Einführung eines neuen Qualitätsmanagement-Systems.
Niederer ist informiert über die Vorgänge der letzten Monate, sagt er. Für ihn macht aber auch das den Reiz aus: «Ich bin nicht der Typ, der sich gerne in ein bereits gemachtes Nest setzt.» So übernahm er 2012 die Leitung der drei Alterszentren der Genossenschaft für Altersbetreuung und Pflege Gäu als der ganze Betrieb organisatorisch wie auch finanziell in Schieflage geraten war. «Die Genossenschaft war in einem desolaten Zustand», so Niederer. Er «schaffte aber den Turnaround und entwickelte die Genossenschaft mit mehreren Standorten weiter», schwärmt der Verwaltungsrat des Alterszentrums St. Bernhard über den neuen Geschäftsleiter in seiner Medienmitteilung.
Nachdem Niederer nun also in den letzten Jahren die Genossenschaft für Altersbetreuung und Pflege Gäu wieder auf den rechten Weg gebracht hat, stellt er sich ab August der neuen Herausforderung in Wettingen. Es sei für ihn auch selbstverständlich, schon vor seinem Stellenantritt die Zeit zu nutzen und sich mit dem Verwaltungsrat und der interimistischen Leitung, Brigitte Hess, informell auszutauschen, um auf dem Laufenden zu bleiben. «Geplant ist auch ein baldiger Besuch am jetzigen Standort, um bereits jetzt einzelne Mitarbeiter kennenzulernen», so Niederer.
Er hat nicht nur viel Erfahrung in der Führung von grossen und komplex funktionierenden Alterszentren, sondern auch bereits einige Bauprojekte im Altersbereich mitbegleitet: «Bauen war in meiner beruflichen Laufbahn oft ein Thema», sagt Niederer. «Ich stelle mich gerne den Herausforderungen von Bauprojekten. Ich bin gut gerüstet.»
Er will die «Altstadt» aber nicht nur auf das Bauprojekt reduziert sehen, sondern sieht es als gesellschaftlich wichtiges Vorhaben für Wettingen: «Modern, aufgeschlossen und nachhaltig.»