Energie Wettingen will in den nächsten Jahren einen Wärmeverbund mit zwei Energiezentralen bauen. Der Einwohnerrat hat keinen Einfluss auf die Aktiengesellschaft. Deshalb befürchtet ein SVP-Politiker ein überdimensioniertes Projekt. Mit seinem Vorstoss gibt es aber ein Problem.
Das Elektrizitäts- und Wasserwerk Energie Wettingen plant, in den nächsten Jahren in den zwei grossen Gebieten «Altenburg und Bahnhof» sowie «Tägerhard» einen Wärmeverbund zu realisieren. Weil angrenzende Gebiete ebenfalls in Betracht gezogen werden, wäre damit gut die Hälfte von Wettingen darin abgedeckt, schreibt das Unternehmen auf seiner Website.
Das Konzept beinhaltet eine Wärmeversorgung über zwei Energiezentralen mit Holzschnitzelheizungen und Grundwasser-Wärmepumpen. Wenn alles nach Plan läuft, erfolgt die Baueingabe noch in diesem Jahr, heisst es weiter. Die erste Wärmelieferung sei für 2026 vorgesehen.
Dieses Vorhaben ruft SVP-Einwohnerrat Martin Bürlimann auf den Plan. Er fordert in einem Vorstoss eine Volksabstimmung. Das Projekt sei den Marktkräften und der demokratischen Kontrolle entzogen, schreibt er. Der Verwaltungsrat entscheide über Strategie und Investitionsprojekte. Auch wenn Einsprachen möglich seien, über die Investition selbst könne das Volk nicht entscheiden.
Bis Ende 2016 war der Energieversorger – noch unter dem Namen EWW – eine Abteilung der Verwaltung. Fast 80 Prozent stimmten an der Urne der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zu. Die Aktien gingen zu 100 Prozent in den Besitz der Gemeinde. Sie können nur mit der Zustimmung der Stimmbevölkerung verkauft werden. Präsident des Verwaltungsrats ist ein Mitglied des Gemeinderats, aktuell Vizeammann Markus Maibach (SP).
Da der Energiedienstleister nicht mehr zu den Einwohnerratsgeschäften gehört, könne gegen dessen Beschlüsse kein Referendum ergriffen werden, schreibt Bürlimann weiter. Er befürchtet:
«Ohne Volksabstimmung besteht die Gefahr, dass die Verantwortlichen das Projekt überdimensioniert planen und umsetzen.»
Dabei trage Energie Wettingen auch nicht das volle unternehmerische Risiko, da sie «den finanziellen Gewinn einstreicht, aber mögliche Verluste abwälzen kann». Die letztjährige Budgetdebatte habe gezeigt, dass der Einwohnerrat keinen Einfluss auf die Dividende oder andere Formen der Gewinnbeteiligung mehr nehmen könne. Die Gemeinde erhält von Energie Wettingen jährlich eine Dividende von 300’000 Franken.
2022 sei aber auch eine massive Strompreiserhöhung bekannt gegeben worden, so Bürlimann. Das Unternehmen könne «höhere Kosten auf die Verbraucherinnen und Verbraucher in Wettingen abwälzen, diese jedoch keinen Einfluss nehmen auf die Gewinnverteilung». Energie Wettingen könne «faktisch ein Gebietskartell betreiben». Deshalb müsse nun der Gemeinderat Einfluss darauf nehmen, um für Projekte in dieser Grössenordnung eine Volksabstimmung zu ermöglichen.
Mit Bürlimanns Vorstoss gibt es aber ein Problem: Auf der Gemeinde-Website ist er als «unzulässig» deklariert. Auf Anfrage erklärt Gemeindeschreiber Urs Blickenstorfer, dass man sich an der nächsten Einwohnerratssitzung am Donnerstag, 29. Juni, zu den Gründen äussern werde.