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Peter Richiger verrät, weshalb er nie einem Verein beitrat, wann es laut wurde im Sitzungszimmer und weshalb er Neuenhof nie verliess
Während 44 Jahren hat Peter Richiger für die Gemeinde Neuenhof gearbeitet. Die letzten zehn Jahre leitete er die Abteilung Bau. Wie lange Richiger auf der Gemeinde gearbeitet hat, zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher. Im Jahr 1972, als er seine Arbeit auf der Gemeinde aufnimmt, ist Richard Nixon noch Präsident der Vereinigten Staaten und die Olympischen Sommerspiele in München werden von der Geiselnahme der israelischen Athleten überschattet. Obwohl Richiger seit Ende Oktober offiziell pensioniert ist, empfängt er den Journalisten für das Interview im Gemeindehaus.
Peter Richiger: Bestechungsgelder? Keine (lacht). Weshalb meinen Sie?
Ich muss Sie enttäuschen. Bestechungsgelder flossen nie und hätten auch nichts genützt. Mein Team und ich haben uns bei jedem Gesuch strikt an die Gesetze und Vorschriften gehalten.
Nein. Es gibt keine Strasse oder kein Quartier, das ich heute meiden müsste, weil mir dort wegen eines abschlägigen Entscheids Ungemach drohen würde (lacht). Auch Interessenskonflikte gab es wegen der Nähe keine. Und doch war die Nähe manchmal ein Problem.
Egal, wo ich auftauchte, die Gespräche drehten sich sehr schnell um meine Arbeit. Nicht selten kam es zudem vor, dass am Sonntagmorgen das Telefon bei mir zuhause klingelte, weil jemand noch Mobiliar für ein Fest benötigte. Ich war quasi während 7 Tagen und 24 Stunden bei der Arbeit; ja man kann sagen, ich hab für meine Arbeit gelebt. Das war manchmal für meine Frau nicht ganz einfach. Gleichwohl habe ich versucht, so gut es geht, Privates und Berufliches zu trennen. So bin ich bewusst keinem Verein beigetreten, um so nicht in irgendwelche heiklen Abhängigkeiten zu geraten.
Weil mir von Anfang an klar war, dass man auf einer kommunalen Bauverwaltung mehr macht, als nur zu zeichnen und Baugesuche abzustempeln. Vielmehr kann man auf der Bauverwaltung das Orts- und Quartierbild mitgestalten; das hat mich immer gereizt.
Ja. Man kann sagen, Schulbauten haben mich von Anfang an eingenommen. Ich hatte am ersten Arbeitstag gleich eine Begehung auf der Baustelle des neuen Schulhauses Zentrum und am Nachmittag die erste Bausitzung.
Viel Hingabe und Energie habe ich in das Hotelprojekt bei der Autobahnausfahrt gesteckt, wo anstelle des ehemaligen «Mirage» bis im Frühling 2018 ein 2-Sterne-Hotel mit 100 Zimmern entstehen soll. Die ganze Planung hat rund acht Jahre in Anspruch genommen. Trotz anfänglichem Nein vom Kanton ist es uns nun gelungen, das Projekt zu realisieren, indem wir nie aufgegeben haben und alle Beteiligten immer wieder an den Tisch geholt haben. Zusätzlich hat mich die Schulraumplanung seit über zehn Jahren zeitlich intensiv beansprucht. Im Sommer 2017 werden die Bauarbeiten abgeschlossen sein.
Sicherlich das Nein zum
geplanten Gemeindesaal 1986 an der Urne. Uns gelang es nicht, die Bevölkerung vom Projekt zu überzeugen.
Manchmal wurde es tatsächlich laut im Sitzungszimmer (lacht). Doch für uns als Gemeinde war es immer wichtig, qualitativ zu wachsen. Auf keinen Fall wollten wir Präjudizien schaffen, indem wir da und dort ein Auge zugedrückt hätten. Da mussten wir manchmal standhaft bleiben. Mehr als einmal haben sich Investoren nach einer Sitzung lange Zeit nicht mehr gemeldet. Doch wir wussten immer: Die kommen wieder.
Natürlich gab es Phasen, wo ich mich umgeschaut habe und auch sehen wollte, was mein Marktwert ist. Doch am Schluss entschied ich mich, hierzubleiben – Neuenhof ist mein Zuhause, privat wie beruflich. 44 Jahre sind in der Tat eine sehr lange Zeit. Ich glaube auch nicht, dass ich es so lange auf einer anderen Abteilung ausgehalten hätte. Doch auf der Bauverwaltung wurde es nie langweilig. Insbesondere nach dem Fusions-Nein aus Baden im Jahre 2010 und der daraus beschlossenen Strategie «Vorwärts» ging die Post nochmals so richtig ab, wie man im Volksmund sagen würde.
Walter Benz kann ich sicher als meinen Förderer bezeichnen. Auch mit Susanne Voser hat die Zusammenarbeit immer sehr gut geklappt.
Das war in der Tat ein Hosenlupf, aber rückblickend auch eines der absoluten Highlights! Wir haben quasi Tag und Nacht gearbeitet; es hat sich gelohnt. Ich denke dabei an das schöne Festzelt auf dem neuen Autobahndach, an den Empfang von Bundesrat Moritz Leuenberger, den wir plötzlich organisieren mussten, oder an das Konzert von Sarah Connor im Esp. Weil wir kein Budget hatten, gingen Benz, Muther und ich erfolgreich auf Sponsorensuche und brachten so rund eine halbe Million Franken zusammen. Allein die Miete für das Festzelt hat uns fast 200 000 Franken gekostet.
Ja, davon bin ich überzeugt. Wir sind auf dem richtigen Weg, wenn ich etwa an die neu entwickelten Quartiere Quer, Kreuzsteinwiese oder Sandstrasse denke. Auch die revidierte BNO ist auf gutem Weg. Jetzt hoffen wir nur noch auf ein Ja an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung am 27. März 2017. Die Gesamtrevision wird die Gemeinde Neuenhof weiter vorwärtsbringen. Ziel ist und bleibt es, ein attraktives Stadtquartier zu werden.
Ja, wieso nicht. Aber erst einmal geht es darum, das Image von Neuenhof weiter zu verbessern und aufzuzeigen, wie viel Potenzial wir haben, wenn ich nur etwa an das attraktive Naherholungsgebiet oder den öffentlichen Verkehr denke.
Nein, wir trennen das ganz sauber. Ich mische mich ganz sicher nicht ein, schon gar nicht in die Führung der Abteilung. Ich stehe Manuel Heiniger aber jederzeit mit Rat zur Seite, wenn er dies wünscht. Ich hoffe, dass er von der Bevölkerung das gleiche Vertrauen bekommt, das ich seinerzeit geniessen durfte. Eines darf man nicht vergessen: Anders als zum Beispiel auf einer Steuerverwaltung, wo alle Akten fein säuberlich sortiert sind, gibt es auf der Bauverwaltung vieles, das nur in meinem Kopf abgelegt ist. Den Beruf des Bauverwalters kann man nicht erlernen, man muss ihn erarbeiten und erleben. Ich bin quasi ein wandelnder Aktenschrank (lacht).
Ja, so können wir uns quasi gestaffelt an unser gemeinsames Rentnerdasein gewöhnen (lacht).
Überhaupt nicht, ich fülle die anderen Tage bisher sehr gut aus. Es tut mir sogar richtig gut, nur noch einen Tag zu arbeiten, weil es jetzt «da oben nicht mehr dauernd schaffed» (zeigt auf seinen Kopf).