Montagsporträt
Beat Nobs: Vom helvetischen Krieger zum Schweizer Botschafter

Im Interview mit der Aargauer Zeitung erklärt Beat Nobs, warum er an die Badenfahrt will und warum er seine DNA verschickt hat

Sabina Galbiati
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Der Limmat-Uferweg gehört zu Beat Nobs’ Lieblingsstrecken in seiner Heimat.

Der Limmat-Uferweg gehört zu Beat Nobs’ Lieblingsstrecken in seiner Heimat.

Alex Spichale

Normalerweise trägt der Schweizer Botschafter Anzug und Krawatte. Doch zum Interviewtermin an diesem kalten Winternachmittag erscheint Beat Nobs dick eingepackt in die Winterjacke, trägt Jeans und bequeme Schuhe. Für das Gespräch mit der Aargauer Zeitung ist Nobs zu Fuss von Ennetbaden nach Baden gekommen. «Ich laufe gerne dem Limmatufer entlang.» Geübt stellt er sich hier auch vor die Linse des Fotografen.

Nobs ist seit 2014 in der Schweizer Botschaft im kanadischen Ottawa stationiert. Seinen Urlaub verbringe er aber regelmässig in der Heimat, erzählt er auf dem Weg ins Restaurant. Dort angekommen, bestellt Nobs einen doppelten Espresso. «Ich bezahle», sagt er prompt. «Sie müssen arbeiten, so that’s the least, I can do.» Sofort ist klar: Würde man widersprechen, nähme man dem Botschafter eine Freude.

Seit Ende der 1980er-Jahre ist Nobs für die Schweiz tätig, absolvierte nach seinem Doktorat in Geschichte und Englisch den «Concours diplomatique» und wurde vom Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) als Diplomaten-Stagiaire nach Costa Rica geschickt. Seine Frau Irene begleitete ihn. «Die Welt zu bereisen, war eines unserer gemeinsamen Ziele», erzählt Nobs.

Schon mehrmals traf Beat Nobs den kanadischen Premierminister Justin Trudeau. Hier bei einem Empfang im Parlament in Ottawa in Begleitung von Irene Nobs (l.) und Sophie Grégoire Trudeau.

Schon mehrmals traf Beat Nobs den kanadischen Premierminister Justin Trudeau. Hier bei einem Empfang im Parlament in Ottawa in Begleitung von Irene Nobs (l.) und Sophie Grégoire Trudeau.

ZVG

Als promovierte Pädagogin war seine Frau immer berufstätig und arbeitete vor allem im HR-Bereich der UNO, in der Privatwirtschaft und beim Kanton Bern. «Nebst ihrer eigenen Arbeit unterstützte sie mich stets tatkräftig bei den vielen Einladungen, die ein wichtiger Teil der diplomatischen Aufgaben sind», erzählt Nobs. «Sie ist eine unglaublich grosse Stütze für mich.»

Damals in Costa Rica kam ihr erster Sohn Samuel zur Welt. Nach einem Jahr kehrte die junge Familie in die Schweiz zurück, wo Simon und Christian geboren wurden. Nach vier Jahren hiess es wieder Koffer packen. Dieses Mal reiste Familie Nobs für drei Jahre nach Kenia.

Danach blieb sie acht Jahre in Bern. «So erlebten die Buben einen wichtigen Teil ihrer Kindheit in der Schweiz.» Als die Familie dann nach Neuseeland aufbrach, besass sie inzwischen ein Haus in der Nähe von Bern, das nebst Baden bis heute ein Zuhause geblieben ist.

Dass er die Welt sehen will, wusste Nobs schon als KV-Lehrling bei der BBC. Bereits sein Vater wie auch beide Grossväter arbeiteten als Ingenieure und Werkmeister dort. Der Vater reiste viel. «Er erzählte von seinen Reisen und brachte so die Welt zu uns nach Hause.» Deshalb habe er die Matur nachgeholt und nebst Geschichte Englisch studiert, davon ein Jahr im kanadischen Vancouver.

Der Überzeugungstäter

So war Kanada immer die Wunschdestination des 62-Jährigen, und es ist seine letzte Station, bevor er mit seiner Frau für den Ruhestand in die Schweiz zurückkehren wird. «Darauf freue ich mich sehr.» Dennoch: Das Botschafter-Dasein werde ihm fehlen. «Dieser Beruf ist eine Lebensaufgabe. Wir Botschafter sind Überzeugungstäter», sagt Nobs.

«Ich mache das nicht für mich, sondern für die Schweiz, weil ich stolz bin auf unser Land und seine Errungenschaften», beginnt er zu schwärmen. Und ja, als Botschafter müsse man auch ein guter Verkäufer sein. Etwa, als es darum ging, die Schweiz bei Umweltverhandlungen zu einem ernst zu nehmenden Partner zu machen. «In Sachen Umwelt ist die Schweiz heute bei internationalen Verhandlungen bis zum Schluss dabei und kann Entscheide beeinflussen.»

Nobs war ab 1997 der erste Schweizer Umweltbotschafter und hat als solcher die Umwelt-Aussenpolitik der Schweiz mitaufgebaut und geprägt. «Der Schutz der Umwelt ist mir persönlich ein grosses Anliegen und ich wünschte mir, wir hätten uns bei Abkommen wie dem Kyoto-Protokoll noch höhere Ziele abgerungen.» Nobs gilt bei Kennern als ein hartnäckiger Verhandler. Als Pragmatiker mit einem «zackigen, straffen Führungsstil» beschrieb ihn einst der «Tagesanzeiger».

An der Badenfahrt im August 1977 spielte der damals 23-jährige Beat Nobs (ganz rechts im Bild) als helvetischer Krieger beim Festspiel «Siegawyn und Ethelfrieda» mit.

An der Badenfahrt im August 1977 spielte der damals 23-jährige Beat Nobs (ganz rechts im Bild) als helvetischer Krieger beim Festspiel «Siegawyn und Ethelfrieda» mit.

ZVG

Im Gespräch gibt sich Nobs ungezwungen und herzlich; man würde ihm den Diplomaten nicht anmerken, wäre da nicht sein fokussierter Blick und die druckreife Sprache, in der immer mal wieder Fremdwörter aufblitzen. «Das liegt sicher daran, dass ich jeden Tag zwischen Englisch, Französisch, Spanisch und Deutsch hin und her wechsle, je nach dem, was mein Gegenüber spricht», erklärt sich der Botschafter die Sache mit den Fremdwörtern. Absicht sei es auf jeden Fall nicht.

«Zudem», betont Nobs nicht ohne Stolz, «spreche ich richtigen Stadtbadener Dialekt.» Und als Badener ist ihm dieses Jahr ein Termin besonders wichtig: «Meine Frau und ich möchten die Badenfahrt keinesfalls verpassen.» Nobs erinnert sich: «1977 habe ich selber beim Festspiel ‹Siegawyn und Ethelfrieda› mitgespielt.» Ein Foto, auf dem Nobs als helvetischer Krieger zu sehen ist, erschien damals auf der Titelseite des «Badener Tagblatts». Zu jener Zeit wohnte er noch in Baden und verdiente seinen Unterhalt als Chauffeur für das Warenhaus Regina in Wettingen.

Mit Neil Young im Ohr

Als Botschafter traf Nobs die verschiedensten Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur: Neben Papst Johannes Paul II zählen auch der verstorbene ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und natürlich der kanadischen Premier Justin Trudeau dazu. «Als Botschafter hatte ich ein paarmal Gelegenheit, mich mit ihm zu unterhalten.» Die Trudeaus seien sehr freundlich, sagt Nobs.

Abseits der Politik würde der Botschafter am liebsten einmal den kanadischen Rockmusiker Neil Young treffen. «Mit seiner Musik bin ich aufgewachsen», sagt der Botschafter und verrät: «Ich wäre gerne am Woodstockfestival dabei gewesen, Neil Young trat dort mit der Band ‹Crosby, Stills, Nash and Young› auf.»

Jedoch fällt es schwer, sich den Botschafter am Woodstockfestival vorzustellen. Er sei ein Mensch, der Mass halte, egal ob bei den Staatsdinnern, beim Alkohol oder Autofahren. «Ich kann mir keinen Strafzettel leisten – nicht mal eine Parkbusse. Alkohol am Steuer ist absolutes Tabu. Würde das publik, wäre ich sofort der betrunkene Schweizer Botschafter, stellen Sie sich vor.» Zudem müsse er auch auf seine Linie achten. Obwohl ihm das nicht schwerfalle.

«Die guten Gespräche mit Diplomaten oder Politikern sind ohnehin wichtiger und spannender als Canapés essen.» Details aus den Gesprächen verrät er allerdings nicht, da ist er durch und durch Diplomat. Nur so viel: «Uninteressante Reden, die jemand vom Blatt abliest, finde ich sehr langweilig», sagt er und schiebt seine längst leere Espressotasse beiseite.

Ahnenforschung mit DNA

Nach seiner Pensionierung 2019 wolle er sich unter anderem der Ahnenforschung widmen. «Der Name Nobs hat seinen Ursprung in der englischen Grafschaft Norfolk», erklärt der Historiker. «Ich will herausfinden, warum meine Vorfahren einst ausgewandert sind und wie und warum sie in die Schweiz kamen.» Dafür nutzt er auch die Genforschung.

Er habe schon ein Wattestäbchen mit seiner DNA an die Gendatenbank in Cambridge geschickt. «Dort werden Genstämme geografisch zugeordnet, sodass man seine Herkunft auf eine Region zurückführen kann.» Alles Weitere werde er recherchieren müssen. Inzwischen ist es spät geworden. Botschafter Nobs hat noch einen wichtigen Termin: Das Abendessen mit seiner Mutter. Und so macht er sich auf den Weg zurück nach Ennetbaden – zu Fuss versteht sich.