Farbige Tüchern wirbeln durch die Luft, aus dem Grammofon ertönt ein Walzer, und überall sind fröhliche Gesichter zu sehen: Der Begegnungsclown Marcel Briand sorgte im Mellinger Alterszentrum im Grüt für Heiterkeit.
«Ich chom echli go schaffe», erklärt Marcel Briand den Pflegenden, die gerade beim Znüni sitzen, seine Anwesenheit. Das zaubert den meisten ein Lachen aufs Gesicht, da und dort gibt man sich etwas verhalten. Nicht alle Tage schaut ein Clown vorbei. Doch Marcel Briand versteht es, das Eis zu brechen. «Bevor ich bei den Bewohnern das ‹Dökterle› übernehme, will ich erst am Personal ein wenig üben.» Sagt’s, zückt seine Hebammentasche und hält einer Pflegenden ein übergrosses Auge über das Ihrige.
Dies verzerrt das Sehvermögen. «Wie viele Finger siehst Du?», fragt er sie. «Mindestens zehn». Alle anderen sehen genau einen. Mit Tüchern, die es zu fangen gilt oder weissen Mäusen, die frech aus einer Schachtel gucken, wenn man sie einen Spalt öffnet, sorgt er für Heiterkeit. Und genau das will der Begegnungsclown erreichen – mit Heiterkeit den Alltag, die Routine aufbrechen. Humor helfe, Stress abzubauen und ermögliche einen wohlwollenden Umgang untereinander.
Schwelgen in Erinnerungen
Dann zieht er mit seinem Leiterwagen, der mit einem grossen Ballon, einem Grammofon, einer Schreibmaschine, einem Teppichklopfer und allerlei Krimskrams beladen ist, von dannen – auf die Abteilung. Für eine Bewohnerin, eine gebürtige Wienerin, legt er den Walzer «Die lustige Witwe» auf und reicht ihr die Hand. Ihre Oberkörper bewegen sich sanft zum Rhythmus der Musik. Man spürt förmlich, wie die alte Dame in Erinnerungen schwelgt, sich wie einst am Opernball fühlt.
Dann holt er das Fotobuch der Landesausstellung von 1939 hervor. «Ich war auch dort», sagt eine ältere Dame spontan. Und sie ist bei Weitem nicht die Einzige. Auch Ratte Fritz kommt zum Einsatz, die es liebt, wenn man sie hinter dem Öhrchen krault. Was ihr niemand abschlagen kann. Nur die kleine Reise-Schreibmaschine mag nicht so recht mitspielen. Normalerweise tippt Marcel Briand auf ihr all die unerledigten Liebesbriefe, welche die Bewohner ihm diktieren. Heute klemmt sie. Auch das wird mit Heiterkeit genommen. Denn, wie in allen anderen Situationen im Leben: Eine humoristische Sichtweise hilft, es gelassener zu nehmen.
«Es kann auch mal Tränen geben»
Beim Humor ginge es nicht primär ums Lachen, sondern ums Herstellen einer Beziehung und das Schaffen einer heiteren Atmosphäre. In diesem Umfeld könnten dann Themen wie Einsamkeit, Langeweile, Krankheit und sogar Tod thematisiert werden. Und man könne Menschen «erreichen», die sonst in sich gekehrt seien. «Nicht alle Begegnungen sind mit einem Lächeln verbunden, es kann auch mal Tränen geben. Das gehört dazu. Ich will die Menschen emotional erreichen.» Was ihm auf seine einfühlsame, behutsame Art «im Grüt» wunderbar gelang.
Marcel Briand ist Psychiatriepfleger, hat sich danach zum Stationsleiter ausbilden lassen und ist seit zehn Jahren als Begegnungsclown unterwegs. Er gibt Seminare für Pflegende und bildet angehende Begegnungsclowns im In- und Ausland aus.
Informationen: www.humorcare.ch, www.stiftung-humor-und-gesundheit.ch