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Das Aargauer Kuratorium wirft dem Badener Teatro Palino von Stella Palino künstlerische Mängel vor. Die Transgender-Theaterfrau wiederum wehrt sich mit Kritik an die Adresse des Kuratoriums. Die Zukunft des Kleintheaters ist unklar.
Seit Jahrzehnten prägt das Teatro Palino an der Rathausgasse das Badener Theaterleben. Bislang erhielt es von Kanton und Stadt jährlich Beiträge. Der Kanton zahlte Stella Palino im Jahr 2013 einen Werkbeitrag über 20 000 Franken. Doch für dieses Jahr gibt es nichts. Die Zukunft des Theaters ist ungewiss.
Vor Jahresfrist erfolgte ein Beitragsstopp, weil Palino mit der «Unvermeidbar» in einer finanziellen Krise steckte. «Das Kuratorium darf kein Geld an defizitäre Betriebe ausstellen, weil es nur das Künstlerische unterstützt und keine Subventionsbeiträge für Sanierungen verwenden darf», erklärt Walter Küng, beim Kuratorium für Theater und Tanz zuständig. In der Folge stellte Palino einen Verein auf die Beine. So war garantiert, dass die Gelder nicht anderswo hinfliessen würden.
Es sind künstlerische Kriterien
Doch das Kuratorium ist nicht mehr auf seinen Entscheid zurückgekommen, was heisst, dass die Badener Kunstschaffende, deren Sommertheater «Die Lügner» derzeit läuft, dieses Jahr keine finanziellen Beiträge von Aarau erhält. Das stellt nicht nur Stella Palino, sondern auch die junge Theatercrew vor Probleme.
«Den Ausschlag gaben aber künstlerische Kriterien. Das geforderte Niveau, das weitere Unterstützungsbeiträge rechtfertigt, wird nicht erreicht», sagt Küng. «Wir befassen uns zurzeit mit Projekten von Jungkünstlern, die sich im Quervergleich durch höhere Qualität auszeichnen», erklärt er. Konkret gehe es um Inhalt, Dramaturgie, schauspielerische Qualität und allgemein um Professionalität, die aus Sicht des Kuratoriums nicht mehr genügen würden.
Das Kuratorium stelle fest, dass Palino seit einigen Jahren «an Ort» trete und dort kein «zeitgenössisches Theater» stattfinde. «Es passiert nichts mehr nach vorwärts», beschreibt Küng die Wahrnehmung des Kuratoriums, wo das Gefühl herrscht, Palino beschäftige sich vermehrt mit sich selber als mit der Kunst. Ein nachträglich anberaumtes Gespräch sowie der Besuch der Vorstellung «Die Lügner» haben die Meinung des Kuratoriums nicht umstossen können.
Stella Palino spricht von einer «kalten Dusche» respektive von einer «Alibi-Übung», da beim Kuratorium die Meinungen offenbar schon gemacht worden seien. «Man hat uns nicht mal Mut gemacht, weiterzumachen und später wieder anzuklopfen», sagt Palino. Das sei sehr ernüchternd, ja frustrierend.
Nicht mit dem Inhalt befasst
«Natürlich sind wir sehr enttäuscht», erklärt Stella Palino. Mit «wir» meint die Transgender-Theaterfrau das junge Team, das in den vergangenen Jahren in unterschiedlicher Zusammensetzung gewirkt habe.
Sie geht mit dem Kuratorium hart ins Gericht: «Es hat sich nicht mit dem Inhalt auseinandergesetzt. Sonst hätte man festgestellt, dass hier zeitgenössisches Theater stattfindet», so Palino, und verweist auf vergangene Produktionen, das Stück «Kontrapunkt» das von den Dichtern Milena Moser und Matthias Dix eigens für das Teatro Palino geschrieben wurde.
«Im Herbst gibt es eine Produktion zum Ersten Weltkrieg», fährt Palino fort. Dass sie an Ort trete, lässt Palino nicht auf sich sitzen. Man mache so viel Theater, das verschieden sei, und zeige Mut mit einer eigenen Theatersprache. «Doch wir werden einfach nicht wahrgenommen, weil man sich nicht die Mühe nimmt, in unser Theater zu kommen», wirft Palino dem Kuratorium vor.
Küng erklärt, dass Subventionsentscheide auch vom Schreibtisch aus fallen, wenn das konkrete Projekt erst auf Papier vorhanden sei. Der Besuch der Vorstellung «Die Lügner« habe das Kuratorium in seinem Entscheid bestärkt.
Noch bleiben dem Theater die 30 000 Franken der Stadt Baden. Doch auch dort gibt es Signale für eine Kürzung. Für Maria Gstrein, derzeit Produktionsleiterin, sind das einschneidende Kürzungen. «Wir müssen die kommende Saison anders und vorausschauender planen. Für eine Eingabe um Unterstützung müssen wir mindestens vier Monate im Voraus eine realistische Planung einreichen.» Das hiesse, dass kaum finanzieller Raum mehr für Spontanes bleibe und dafür ein anderes Gefäss gefunden werden müsse, sagt Gstrein.
«Mangel an Professionalität» lässt man beim Teatro Palino jedoch nicht gelten. «Wer einen Blick in unsere Reihen wirft, sieht sofort, dass hier ein junges Profi-Theater wirkt», sagt Lena Waelly, Schauspielerin aus Zürich. Palino erwähnt auch die Produktionen mit Simona Hofmann und weist auf die neue Co-Leiterin (Nadine Tobler) im Theater im Kornhaus hin, die hier gross geworden sei.