Wettingen
Besinnliche Einstimmung in den Advent

Vom akustischen Experiment zum Kanon mit dem Publikum — der Singkreis wagte Neues

Daniel Vizentini (Text und Foto)
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Den Wettinger Singkreis gibt es seit bald 45 Jahren.

Den Wettinger Singkreis gibt es seit bald 45 Jahren.

Daniel Vizentini

Ein altersdurchmischter Chor, mit Sängerinnen und Sängern aus weiten Teilen des Kantons: Seit bald 45 Jahren übt der Wettinger Singkreis Woche für Woche in den Räumen der Kantonsschule Wettingen und besingt die Ohren des Publikums.

Am Sonntag wurde in der Kirche St. Sebastian traditionsgemäss die Adventszeit eingeläutet — mit einem Konzert und anschliessendem Offenem Singen. Den Abend markierte zudem eine stille Übergabe der Chorleitung auf der Bühne von Jonas Ehrler zu Jonas Gassmann, der den Wettinger Singkreis seit letztem Sommer führt.

Experimentierfreudiger Chor

Das erste Lied des Abends, Morten Lauridsens «O Magnum Mysterium», wurde so noch von Jonas Ehrler dirigiert. Mehrstimmig perfekt einstudiert, sang der Chor das Stück des nordamerikanischen Komponisten und überzeugte das Publikum gleich zu Beginn.

Beim zweiten Lied, dem «Ave Verum Corpus» von William Byrd, wagte der Wettinger Singkreis ein Experiment: Ein Teil des Chors lief von der Bühne und platzierte sich beim Kircheneingang. So wurde die Kirche von zwei Seiten besungen und die Akustik besser zur Geltung gebracht. Ab dem dritten Lied dann stand der neue Dirigent, Jonas Gassmann, vor dem wiedervereinten Chor. Der Konzertabend ging weiter mit dem Lied «A Hymn to the virgin» von Benjamin Britten und danach mit «Bogoroditse Djevo» von Arvo Pärt. Die Harfe, die bis anhin nur bei den Intros und als Begleitung zum Chor bespielt wurde, kam bei dem Lied mit einem Solospiel speziell zur Geltung. Zum Abschluss gab der Wettinger Singkreis noch «Ave Maria» von Franz Biebl und «O nuit brillante» von Joseph Bovet zum Besten.

Mit Ende des offiziellen Konzertteils war dann das Offene Singen an der Reihe. «Sie sind ja vermutlich nicht nur zum Zuhören hierhergekommen», sagte Dirigent Jonas Gassmann – und hatte natürlich recht. «O du stille Zeit» sang dann die ganze Kirche gemeinsam. Man sah Grosseltern mit ihren Enkeln auf dem Schoss, Freundinnen, die gemeinsam ein Notenblatt teilten, Paare und Familien: Fast alle schauten auf die Liedtexte, auf die Anweisungen des Dirigenten und sangen mit. Der Wettinger Singkreis erweiterte sich. Jonas Gassmann: «Wenn schon so viele Personen da sind, will ich einen Kanon mit Ihnen probieren.»

Angekommen in der Adventszeit

Zum Schluss sang der Chor noch das Lied «Der Stärn» vor, mit Mundarttext von Franz Hohler, ehe es dann im zweiten Teil von Publikum begleitet wurde. Es folgten die Klassiker «Das isch de Schtärn vo Bethlehem» und «Stille Nacht» als wohl erwarteter krönender Abschluss des Abends. Für dieses letzte Lied wurden die Lichter in der Kirche gedimmt. Draussen prasselte der Regen und drinnen in der Kirche hatte man nun definitiv das Gefühl, in der Adventszeit angekommen zu sein.