Baden
Bettler: Heute werden sie weggewiesen, morgen sind sie wieder da

Die Bettelbanden in der Badener Innenstadt sind immer noch aktiv – und der Stadtpolizei sind die Hände gebunden. Da die Bettler weder Geld noch einen festen Aufenthaltsort haben, können sie nicht weiter belangt werden.

Nadja rohner
Drucken
Die Polizei rät davon ab, den Bettlern Geld zu geben. Walter Schwager

Die Polizei rät davon ab, den Bettlern Geld zu geben. Walter Schwager

«Merci madame, merci monsieur» – diesen Spruch kennt wohl jeder, der regelmässig beim Langhaus durch die Kohlenhofpassage geht. Dort sitzt seit Wochen fast täglich ein Bettler, der die Vorbeigehenden anspricht. Oft mit Erfolg: Wer sich zehn Minuten Zeit nimmt, das Geschehen zu beobachten, der sieht, dass viele Passanten stehen bleiben und den Geldbeutel zücken.

Bereits im Juni berichtete die az Aargauer Zeitung über die Machtlosigkeit der Polizei gegen organisierte Bettelbanden. Die Bettler sind seither weniger geworden, verschwunden sind sie aber nicht. «Bettler werden konsequent mit auf den Posten genommen, die Identität wird abgeklärt», sagt Max Romann, stellvertretender Kommandant der Stadtpolizei Baden. «Neben einer Busse wird ihnen eine Wegweisung erteilt – das heisst, sie dürfen während maximal 20 Tagen die Stadt nicht betreten.»

Recherchen zeigen: Meldet man der Stadtpolizei den Standort eines Bettlers, wird er zwar rasch aufgegriffen, noch vor Ort kontrolliert und dann mitgenommen. Aber: Einen Tag später sitzt derselbe Bettler wieder am gleichen Ort.

«Sysiphusarbeit»

«Es ist eine Sysiphusarbeit», bestätigt Romann. Kaum habe man den Einen geholt, stehe der Nächste dort. «Wenn sich ein Bettler nicht an die Wegweisung hält, kann er wegen Missachtung einer amtlichen Verfügung angezeigt werden. Das würde eine Geldbusse nach sich ziehen.» Da die Bettler aber weder Geld noch einen festen Aufenthaltsort hätten, könnten sie nicht weiter belangt werden, so Romann. Der Polizei seien die Hände gebunden: «Eine Inhaftierung ist wegen dieses Delikts nicht möglich, es handelt sich ja nur im eine Widerhandlung gegen das Polizeireglement der Stadt Baden.

Die Bettler stammten hauptsächlich aus der Slowakei und aus Rumänien und seien der Stadtpolizei inzwischen alle namentlich bekannt. «Sie wissen, dass wir eingreifen, und trotzdem kommen sie immer wieder. Die geben nicht so schnell auf», sagt Romann. «Wegen der Personenfreizügigkeit können diese Leute einreisen, wann und wie sie wollen.»

Nur wenige Beschwerden

Auch im Metroshop und in der Badstrasse sitzen Bettler vor den Läden. «Die Ladenbesitzer beschweren sich nur hie und da – und es sind längst nicht alle», berichtet Romann. Monja Thetmeyer-Haase vom Coiffeurgeschäft Varibelle im Langhaus ruft nie die Polizei, wenn ein Bettler vor ihrem Geschäft sitzt. Im Gegenteil, sie gibt manchen Bettlern ab und zu etwas Geld. «Oft kaufen sie sich dann ein Sandwich davon. Wenn ich so sehe, wie herzhaft sie hineinbeissen, dann freue ich mich auch.» Sie betont aber, dass sie nicht jeden unterstützt. «Wenn ein Bettler einen neuen Jogginganzug trägt, dann hat er es wohl nicht so nötig.»

Romann rät davon ab, den Bettlern Geld zu geben: «Das Ganze ist organisiert und kriminell. Die Bettler haben nichts von dem Geld, nur die Drahtzieher dahinter. Am besten wäre es, wenn die Bettler gar kein Geld mehr bekommen würden. Aber viele Leute haben halt doch Mitleid und merken nicht, dass sie nur ausgenützt werden.»