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Baden
Ein Kunstprojekt auf dem Bahnhofplatz in Baden soll zur Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit anregen und lässt die Passanten innehalten. Es befasst sich mit der Sterblichkeit und den Lebenswünschen der Menschen.
Das Projekt animierte Passanten zum Nachdenken, Sie schrieben mit Filzstiften auf eine Tafel, was sie vor dem Ende ihres Lebens noch realisieren möchten. Schon wenige Stunden nach Beginn der dreitägigen Aktion waren die vier würfelförmig angeordneten, weissen Flächen voll. Da hiess es unter anderem: «Bevor ich sterbe, will ich... nach Rio reisen... das Leben geniessen... Grossmutter werden... Justin Bieber heiraten... sorglos sein... Einhörner züchten... ein Bier... lieben und geliebt werden... Bob Marley erwecken... die Weltherrschaft an mich reissen... Rihanna flachlegen...»
So unterschiedlich wie die vielen Menschen, die vor den Tafeln stehen blieben, waren die Wünsche, die sie notierten. Einige betrachteten die Aktion ganz offensichtlich als Jux, andere nahmen sie ernst und wurden richtig nachdenklich. Das Lebensziel von Biopsychologiestudentin Hallie Batschelet aus Baden: in der Forschung reüssieren und einen Beitrag in der amerikanischen Zeitschrift Science publizieren. Ein Afrikaner wollte vor seinem Tod «die Welt verbessern» und ein alter Mann einfach nur «gesund bleiben».
Sogar einen Heiratsantrag gabs. Fremde gerieten spontan ins Diskutieren, denn viele waren aufgewühlt, als sie plötzlich innehielten und darüber nachdachten, was für sie wirklich wichtig ist.
Initiiert wurde das Projekt vom Badener Philipp Meier nach dem Original «Before I die» der Amerikanerin Candy Chang, New Orleans, das begeisterte Nachahmer in der ganzen Welt fand. Nach Zürich ist Baden die zweite Schweizer Stadt, die das Projekt «Bevor ich sterbe, will ich...» veranstaltet. «Ich überlege mir ständig, wo es in meinem Leben hingehen soll», sagte Meier.
Er macht Nägel mit Köpfen, entwickelte eine kleine Firma, für die er von überall her arbeiten kann, und geht nächstes Jahr auf grosse Weltreise. «Träume und Ziele sollte man unbedingt verfolgen», erklärte der Software-Verkäufer. Und: «Viele Leute begreifen das nicht; sie sind in ihrem Trott und Konsumverhalten gefangen und folgen der grossen grauen Masse.»
Laszlo Stutz aus Hendschiken spazierte auf dem Arbeitsweg an den Tafeln vorbei, blieb fasziniert stehen und meinte: «Ich finde es ganz wichtig, dass man sich mit der Sterblichkeit auseinandersetzt. Denn sterben werden wir alle.» Jela und Janice Briner aus Othmarsingen fügten hinzu: «Jeder Mensch sollte sich frühzeitig damit befassen, was er vom Leben will. Irgendwann ist man plötzlich alt und es ist zu spät.» Und die Badenerin Caroline Senn: «Die Aktion ist super. Ich arbeite als Krankenschwester und muss mich täglich mit dem Leben und Sterben auseinandersetzen.»