Ein georgischer Asylbewerber muss sich vor dem Bezirksgericht Baden für mehrere Delikte verantworten, die schon eine Weile her sind. Seine Entschuldigungen vor Gericht halfen ihm aber nicht.
Der 30-jährige Andro (alle Namen geändert) ist kaum mehr als 155 Zentimeter gross. Den verbleibenden Haarkranz hat er wegrasiert. Er trägt einen hellgrauen Trainingsanzug und zwischen blauen Clogs Fussfesseln. Beschuldigt des gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls und der mehrfachen Hehlerei steht er vor Einzelrichterin Gabriella Fehr. Laut Anklageschrift ist Andro Kampfsportler, doch scheinen ihm sportliche Aktivitäten ebenso tempi passati zu sein wie die Tage, in denen der Staatsanwalt Anklage erhoben hatte, war das doch im November 2014.
In jenem Jahr kam Georgier von Frankreich her per Bus in die Schweiz und wurde im Bundesasylzentrum Kreuzlingen untergebracht. Am 5. Juni 2014 wurde er im Thurgau zu einer bedingten Geldstrafe von 900 Franken, 13 Tage später von der Staatsanwaltschaft Winterthur zu einer ebensolchen von 180 Franken verurteilt. Andro hatte das Wort «Selbstbedienung» auf seine eigene Art interpretiert.
Ende Juni verlegte Andro seine Tätigkeit in den Aargau. Mit von der Partie war Batu, ein Landsmann aus dem Asylzentrum. Am 25. Juni entführten die beiden aus der Coop-Filiale Reusspark in Mellingen 10 Flaschen Spirituosen im Wert von 322.15 Franken. Sechs Tage später war die Coop Filiale im Tägi Wettingen das Ziel der zwei Schnapsdrosseln.
Mit 16 Flaschen im Wert von 567.40 Franken war die Ausbeute hier noch besser. Da die «Hausbar» im Asylzentrum damit offenbar aufgefüllt war, besannen sich Andro und Batu darauf, dass männlicher Haarwuchs gepflegt sein will. Am 3. Juli klauten sie in der Wettinger Migros-Filiale Gilet-Rasierklingen im Wert von 2072.10 Franken und vier Tage später in der Migros Mellingen weitere Packungen im Wert von 818.10 Franken.
Nach dem ersten Diebstahl im Coop Mellingen, waren sie im Auto in Pfäffikon SZ in eine Verkehrskontrolle geraten. Im Kofferraum fanden die Beamten nebst Spirituosen und Zigaretten auch drei neuwertige Rucksäcke. Andro und Batu gaben an, die Waren bei einem Türken für 130 Franken gekauft zu haben.
Wegen Verdachts auf Hehlerei kamen sie für zwei Tage vorläufig in Haft. Zwei Wochen später folgten zehn Tage U-Haft: Andro und Batu hatten an der Autobahnraststätte Kölliken ein Auto für 102 Franken vollgetankt, waren ohne zu zahlen davongefahren, aber nicht weit gekommen.
Nun kehrten die beiden der Schweiz den Rücken. Von Batu fehlt noch immer jede Spur. Andro geriet am 2. November am Hauptbahnhof Zürich in eine Kontrolle. Seither sitzt er im vorgezogenen Strafvollzug. Er sei auf der Durchreise nach Italien gewesen, um seinen Cousin zu besuchen. Die vergangenen Jahre habe er daheim in Georgien, bei Frau und dem nunmehr 9-jährigen Sohn verbracht.
Die Diebstähle bei Coop und Migros gibt Andro zu. Batu sei nur zufällig dabei gewesen, sie hätten sich weder abgesprochen noch etwas geplant gehabt. Er sei damals stark Alkohol- und Methadon-abhängig gewesen. Die georgische Gerichtsdolmetscherin vermittelt:
«Ich entschuldige mich für die Diebstähle und bitte Sie, mich ganz bald zu meiner Familie fahren zu lassen.»
In larmoyantem Tonfall wiederholt Andro die Entschuldigung und den Hinweis auf seine Sucht mehrfach.
Nach dem Willen des damaligen Staatsanwaltes sollte der 30-Jährige mit 12 Monaten Haft unbedingt bestraft werden. Der Verteidiger beantragte dem Gericht, seinen Mandanten auf freien Fuss zu setzen. Die Betäubungsmittel-Vergehen seien verjährt, die Hehlerei nicht erstellt, die Diebstähle seien weder geplant noch gemeinsam ausgeführt worden. «Mein Mandant hat keinerlei Sachschäden verursacht und auch keine Privatpersonen, sondern Grossverteiler geschädigt und er sitzt jetzt bereits gut eineinhalb Monate im Gefängnis.»
Gerichtspräsidentin Gabriella Fehr hielt zwar fest, dass von der Anklage nicht wahnsinnig viel übrigbleibe, «aber Andro hat regelmässig delinquiert und sich schon in den Einvernahmen sehr viel widersprochen. So können wir ihm keine gute Prognose stellen.» Nachdem er Geldstrafen gar nicht würde bezahlen können, verurteilt Fehr ihn zu 6 Monaten Freiheitsstrafe unbedingt. Davon habe Andro, mit der U-Haft im 2014, inzwischen 65 Tage abgesessen. Fehr:
«Bei guter Führung bleiben also noch zirka zwei Monate übrig.»