Ramona Kim (40) aus Baden kandidiert für die Grünen als Bezirksrichterin. Als Tochter eines Kantonspolizisten hat sie früh ein Gefühl für Recht und Unrecht entwickelt. Wie sie mit der emotionalen Belastung umgehen will.
Am 15. Mai wählt die Stimmbevölkerung des Bezirks Baden einen neuen Bezirksrichter respektive eine neue Bezirksrichterin. Nötig wird die Wahl, weil Esther Egger (Die Mitte) wegen der sogenannten Altersguillotine beziehungsweise ihrem 70. Geburtstag im Herbst zurücktritt. Es kommt zur Kampfwahl gegen Rainer Saner (Die Mitte) aus Birmenstorf.
Die 40-jährige Primarlehrerin Ramona Kim aus Baden geht für die Grünen ins Rennen. Wenn man sie fragt, warum sie sich für das Amt interessiert, spürt man, dass ihre Vergangenheit eine wichtige Rolle spielt. Mit Recht und Gesetz kam Kim früh in Berührung. Ihr Vater Paul, mittlerweile pensioniert, war Postenchef bei der Kantonspolizei Aargau.
«Auch wenn ich jeweils keine Einzelheiten erfuhr, so bekam ich doch einen Einblick in die Welt der Verbrechen und Gerichte», sagt Kim. Häufig ging es am Mittagstisch um das Gesetz und Menschen, die damit in Konflikt geraten sind. Sie habe früh ein Gespür für Recht und Unrecht entwickelt und die Erkenntnis gewonnen, dass nicht alles schwarz oder weiss ist, sondern häufig Graubereiche vorherrschen.
Die Bezirksgerichte im Aargau sind überwiegend aus Laienrichtern zusammengesetzt, die in Gruppen Fälle bearbeiten und von ausgebildeten Juristen geführt werden. Sie bilden die erste Instanz in Zivil- und Strafprozessen.
Als Kim von einem Parteimitglied angefragt wurde, ob sie für das Amt kandidieren wolle, habe sie sich sehr darüber gefreut. Kim bezeichnet sich als unterstützendes Mitglied der Partei, hilft gerne beim Aufhängen von Wahlplakaten, nimmt ab und zu an Sitzungen teil und hat sich auch schon für Grossrats- und Einwohnerratswahlen auf die Liste setzen lassen.
Die Kandidatur als Bezirksrichterin habe sie mit ihrem Mann und ihrem Vater besprochen. Deren Unterstützung war ihr schnell gewiss. «Es ist ein guter Zeitpunkt für eine neue Aufgabe und für ein neues Kapitel im Leben», sagt Kim. Sie ist sich bewusst: «Die Gesetze und Fälle werden immer komplexer, juristisches Wissen wichtiger.» Als Bezirksrichterin will sie Opfern und Tätern gleichermassen gerecht werden. Ihr Arbeitspensum an der Primarschule Obersiggenthal wird die Mutter eines Sohnes (vier) und einer Tochter (zwei) deshalb von 50 auf 30 Prozent reduzieren.
Dass ihr Profil passt, davon ist sie überzeugt. Kim kommt als Lehrerin nicht nur mit Schülerinnen und Schülern, sondern auch mit deren Eltern und verschiedensten Milieus und Sprachen in Berührung. Sie erhält Einblicke in die Lebenssituationen unterschiedlichster Menschen.
Auch möchte sie im Bezirksgericht die jüngere Generation vertreten. «Es sollten nicht nur Pensionierte dieses Amt ausfüllen», sagt Kim. Sie sei jemand, der mitten im Leben stehe.
Kim hat die Bezirksschule in Endingen besucht und dann ganz «klassisch eine solide Lehre als kaufmännische Angestellte absolviert». Nach zwei Berufsjahren hat sie sich den Wunsch erfüllt, Primarlehrerin zu werden. Diesen Beruf übt sie nun seit 16 Jahren aus. Zudem ist sie ausgebildete Theaterpädagogin und als Kulturvermittlerin tätig.
Lernprozesse und Anpassungen gehören zu ihrem Leben dazu. Sie könne gut zuhören, gut im Team arbeiten, vermitteln und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Komplexes in einfache Worte zu fassen, gehöre als Lehrerin zu ihren täglichen Aufgaben.
Respekt hat Kim vor der emotionalen Belastung als Bezirksrichterin. «Ich bin mir bewusst, dass ich Geschichten zu hören bekomme, die mich nicht so schnell loslassen.» Doch sie habe sich eine Resilienz, eine Widerstandsfähigkeit angeeignet; sei es durch die vielen Wohnortswechsel in ihrer Kindheit oder längere Auslandsreisen, auf denen sie alleine unterwegs war. Vieles vom Erlebten verarbeite sie mit Schreiben. Zudem ist sie eine leidenschaftliche Velofahrerin.
Ihren Gegner bei der Ersatzwahl, Rainer Saner aus Birmenstorf (Die Mitte), kennt sie nur vom Online-Hearing der Parteien. «Grundsätzlich finde ich es gut, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger eine Wahl haben», sagt Kim. Sie betont aber auch, dass die Grünen, die bisher keinen Bezirksrichtersitz haben, aufgrund der Wahlen von 2016 und 2020 einen Anspruch auf das Amt besitzen. Ein Amt, dass sie gerne über längere Zeit ausfüllen will. «Ich habe das Gefühl, die Arbeit als Bezirksrichterin kann sehr erfüllend sein», sagt Kim.
Das Porträt über Bezirksrichter-Kandidat Rainer Saner (Die Mitte) aus Birmenstorf erscheint in den kommenden Tagen.