Bezirksgericht Baden
Sex mit ungeahnten Folgen: «Sie sagte, sie sei 16 und ich habe ihr vertraut»

Zwei junge Menschen hatten einvernehmlichen Sex, doch das Strafgesetzbuch hatte etwas dagegen. Er musste sich nun vor dem Bezirksgericht Baden verantworten – auch wegen anderer Delikte.

Rosmarie Mehlin
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Der junge Mann und das Mädchen kamen sich näher als erlaubt. (Symbolbild)

Der junge Mann und das Mädchen kamen sich näher als erlaubt. (Symbolbild)

Bild: Pixabay

«Mehrfache sexuelle Handlungen mit Kindern»: Steht dies in einer Anklageschrift, weckt das Abscheu. Als dergestalt Beschuldigter sass vor Einzelrichterin Angela Eckert ein 24-jähriger Bursche: Mittelgross, das dunkle Haar akkurat geschnitten, Sneakers, Baumwollhose und ein verwaschener Hoodie. Stefan (alle Namen geändert), auch noch wegen Urkundenfälschung sowie Betäubungsmittel-Vergehen angeklagt, beantwortete die Fragen der Richterin klar und in ausgesprochen höflichem Ton.

An einem Montagnachmittag im September 2019 war Stefan bei seinem besten Freund Dani, als dessen Ex-Freundin Nora mit ihrer Kollegin Lilly dazu stiess. Auf Danis Bett liegend, schaute sich das Quartett einen Film an. Dabei kuschelte Lilly sich in Stefans Arm. Nachdem das andere Paar das Schlafzimmer verlassen hatte, begannen sie sich gegenseitig über und unter den Kleidern zu streicheln. Stefan erzählt:

«Als Lilly sagte, sie sei bereit mit mir zu schlafen, fragte ich sie, wie alt sie sei, sie sagte 16 und ich hab ihr vertraut. Wir hatten dann zweimal hintereinander geschützten Sex.»

In Tat und Wahrheit war Lilly damals noch nicht ganz 15-jährig.

Laut Anklageschrift traf das Quartett sich am folgenden Samstag bei Stefan daheim erneut, wo es ein weiteres Mal zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr kam. «Das stimmt nicht», sagt Stefan vor Gericht dezidiert. Vielmehr habe beim Zusammensitzen Nina irgendwann zu Lilly «du mit deinen 15 Jahren» gesagt. «Ich habe Lilly zur Rede gestellt, Nora und Dani haben mich blöd angezündet und es kam zu einem Riesenstreit.» Seither, so Stefan weiter, habe er zu keinem der Drei je wieder Kontakt gehabt.

Personen erfunden, Unterschriften gefälscht

Der mehrfachen Urkundenfälschung hatte der damals 22-Jährige sich im Mai 2019 schuldig gemacht: Er war als Aussendienstmitarbeiter für eine Firma unterwegs, um neue Mitglieder für das Schweizerische Rote Kreuz anzuwerben. Auf acht Formularen «erfand» Stefan die Personalien von angeblichen solchen samt deren Unterschriften. «Ich wollte niemanden schädigen, aber wenn ich die Quoten nicht erfüllte, hätte ich den Job verloren.» Es sei eine Verzweiflungstat gewesen. «Ich war lange arbeitslos und in sehr schlechter Verfassung, hatte Probleme in der Familie und Schulden am Hals. Ich brauchte den Job zum Überleben.»

Stefan wohnt mit zwei jüngeren Geschwistern noch bei seinen Eltern, hatte eine KV Lehre gemacht. Die Schulden von gegen 12'000 Franken hat er bei seinem Vater. Heute hat der 24-Jährige eine Arbeit im administrativen Bereich eines Spitals, die ihm sehr gut gefällt.

Auch von den Drogen ist er weg. «Ich hatte zwischen Februar 2018 und Sommer 2019 viel zu viel Marihuana konsumiert, so dass ich vergesslich und unzuverlässig wurde und zu niemandem mehr Kontakt hatte.» Er habe aber, so Richterin Eckert, auch Kokain konsumiert. «Ja, aber nur einmal, nachdem ich die Vorladung der Polizei bekommen hatte.»

Fast halbierte Geldstrafe

Die Staatsanwältin hatte beim Hauptanklagepunkt, der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern, als Zusatz auch den Antrag auf fahrlässige Begehung gestellt. Sie forderte eine bedingte Geldstrafe von 16'200 Franken und 2500 Franken Busse. Der Verteidiger beantragte primär einen Freispruch, allenfalls einen Schuldspruch wegen Fahrlässigkeit.

Lilly habe den Geschlechtsverkehr ausdrücklich gewünscht und so sei dieser einvernehmlich gewesen. «Es war ein Fehler meines Mandanten, dass er Lilly nur einmal nach dem Alter gefragt und nicht nachgehakt hat. Das ist aber ein leichtes Verschulden.»

Im Übrigen habe Stefan von Anfang an konsequent an seinen Aussagen festgehalten, im Gegensatz zu Dani und Nora die bei der Polizei widersprüchliche und ungenaue Angaben gemacht hätten. Lilly ihrerseits sei davon ausgegangen, Nora habe Stefan über ihr wahres Alter aufgeklärt gehabt. Für die weiteren Anklagepunkte sei Stefan zu 1800 Franken bedingt und 600 Franken Busse zu verurteilen.

Angela Eckert sprach Stefan schuldig der fahrlässig begangenen sexuellen Handlungen mit einem Kind, der mehrfachen Urkundenfälschung sowie der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz in mehreren Punkten. Bei der Geldstrafe reduzierte sie gegenüber der Anklägerin sowohl die Anzahl Tagessätze, als auch – angesichts von Stefans finanziellen Lage – deren Höhe: 9600 Franken bedingt auf zwei Jahre und 2200 Franken Busse, so das Urteil.