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Elektroscooter ist nicht gleich Elektroscooter: Das musste ein Kiffer erfahren. Er stand wegen mehrerer Delikte vor Gericht – für ihn ging es um eine Gefängnisstrafe.
Weil er Hunger hatte, fuhr der 24-jährige Loris (Name geändert) an einem Oktoberabend im Jahr 2020 mit dem Elektroscooter seiner Freundin über die Limmat in die Nachbargemeinde und holte einen Kebab. Auf der Rückfahrt geriet er in eine Polizeikontrolle. Deren Erkenntnisse führten zur Anklage der Staatsanwaltschaft und vor das Bezirksgericht Baden. Dieses beurteilte den Fall unter der Leitung von Gerichtspräsident Christian Bolleter.
Loris gab die ihm durch die Polizei beziehungsweise die Staatsanwaltschaft zur Last gelegten Verfehlungen zu – er bekannte sich schuldig. Die Polizei hatte festgestellt, dass er nicht berechtigt war, den Elektroscooter zu fahren, denn das Modell hatte eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h. Damit entspricht es einem Kleinmotorrad, für das ein Fahrausweis und eine Haftpflichtversicherung nötig sind und auf dem Helmpflicht gilt.
All diese Vorgaben erfüllte Loris nicht, und somit verstiess er gegen die gesetzlichen Vorschriften. Seine Begründung: Er habe geglaubt, es handle sich um einen Scooter, der maximal 25 km/h fahre. Ein solcher dürfte wie Velos ohne Fahrausweis, Haftpflichtversicherung und Helm gefahren werden.
Zudem hatte er drei Tage vor der Fahrt Cannabis geraucht. Die Blutprobe ergab, dass der Grenzwert um mehr als das 15-fache überschritten war. Er beabsichtigt mit der Suchtberatung, vom Cannabiskonsum loszukommen. Bereits habe er einmal zwei Wochen kein Cannabis geraucht. Er bezeichnete sich als nicht süchtig.
Bei seinem Urteil zur Scooter-Fahrt hatte das Bezirksgericht Baden auch Zugriff auf frühere Verfehlungen. Es ging dabei um ein Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom August 2020. Dieses hatte Loris zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, allerdings bedingt. Das Bezirksgericht Baden hätte diese Strafe mit seinem Urteil in eine unbedingte Haft umwandeln können. «Weshalb ist es so weit gekommen?», wollte Bolleter wissen. Loris, aufgewachsen im Zürcher Kreis 4, sieht die Ursache im schlechten Umfeld:
«Ich wollte dazu gehören, den anderen zeigen, dass ich einer von ihnen bin.»
So liess er sich Raub, Diebstahl, Betrug, Urkundenfälschung, Hehlerei, Schwarzfahren und Beamtenbeleidigung zu Schulden kommen. Im Rahmen des damaligen Verfahrens sass er 217 Tage in Untersuchungshaft. Für den Badener Gerichtspräsidenten «eine sehr eindrückliche Menge von Strafbefehlen».
Loris versicherte mehrmals, er wolle sich bessern. Er suche intensiv nach einer Stelle und beabsichtige, eine Berufsausbildung zu absolvieren. Momentan lebt er hauptsächlich von Sozialhilfe und arbeitet zeitweise temporär. Das Gericht zeigte einige Zweifel, denn: «Sie haben auch in der Probezeit und nach der Untersuchungshaft delinquiert.» In seinem Schlusswort sagte Loris, er wolle künftig ein geregeltes Leben führen: «Dafür werde ich alles geben.»
Mit seinem Urteil folgte das Gericht weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Loris wurde schuldig gesprochen. Die Geldstrafe wurde auf 60 Tagessätze zu 30 Franken und eine Busse von 160 Franken festgelegt. Die bedingte Freiheitsstrafe des Bezirksgerichts Zürich wurde nicht widerrufen, aber die Probezeit wurde um ein Jahr verlängert. Die Kosten des amtlichen Verteidigers übernimmt der Staat, der das Geld von Loris zurückfordern kann.