Ein junger Schweizer stand wegen mehrfachem Fahren ohne Führerausweis vor Bezirksgericht in Zurzach. Ihm droht eine Gefängnisstrafe.
«Ich bin mit dem ÖV angereist», erklärte der Beschuldigte auf die Frage von Bezirksgerichtspräsident Cyrill Kramer – und er konnte auch ein Bahnbillett vorweisen. Vorgeworfen wurde dem 22-jährigen Schweizer aus dem Zürcher Unterland mehrfaches Fahren ohne Berechtigung.
Gemäss Verfügung des Strassenverkehrsamtes des Kantons Zürich war dem jungen Mann im Februar 2020 das «Billett» auf unbestimmte Zeit entzogen worden. Am 24. Juli 2021, in den ersten Morgenstunden, blieb er in Kaiserstuhl in einer Verkehrskontrolle «hängen». Wenige Tage später, am 29. Juli, wurde er in Bülach erneut am Steuer eines Personenwagens ertappt. Und nur wenige Tage später, am 11. August, wiederum in Bülach, gleich zum dritten Mal.
Die Staatsanwaltschaft beantragte eine unbedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten. Wobei es sich um eine Gesamtstrafe handelt samt Widerruf einer bedingten Freiheitsstrafe von 60 Tagen respektive einer Geldstrafe von 2700 Franken.
«Psychisch sehr am Anschlag»
«Autos sind für mich eine sehr grosse Leidenschaft», erklärte der Beschuldigte vor Gericht. Er absolviert eine Lehre als Automechatroniker, tummelt sich in der Tuningszene und möchte nach Lehrabschluss an der Berner Fachhochschule in Biel den Studiengang Automobil- und Fahrzeugtechnik absolvieren.
«Nach dem letzten Vorfall sind Sie in der Psychiatrie untergetaucht», meinte der Gerichtspräsident zum Beschuldigten. «Bis heute liegt jedoch kein Therapiebericht vor. Am 11. August 2021 war der letzte Vorfall. Ab 12. August waren Sie krankgeschrieben. Deshalb konnten Sie auch nicht durch die Staatsanwaltschaft befragt werden. Bis 11. August waren Sie nicht in psychiatrischer Behandlung. Weshalb erst vom 12. an?»
Dazu meinte der Beschuldigte: «Ähh. Das lässt sich so erklären, dass ich psychisch sehr am Anschlag war.» Immerhin räumte er ein, dass er vom Entzug des Führerausweises gewusst habe.
Zum Umgang mit Drogen – ein Gutachten zur Fahreignung spricht von einem «steten, intensiven Kokainkonsum» – meinte der Beschuldigte, dass er mit 17 mit Kiffen aufgehört habe. Der Kokainkonsum sei ein einmaliger Vorfall gewesen. «Illegale Drogen sind jetzt kein Thema mehr», erklärte er.
Auf die Ergänzungsfragen seiner Verteidigerin führte der Beschuldigte aus, dass er extrem überfordert gewesen und wegen einer Depression in Kliniken behandelt worden sei. Deshalb habe er auch seine Berufslehre für ein Jahr unterbrechen müssen.
Jetzt müsse er keine Medikamente mehr nehmen. Es gehe ihm gut. «Ja», sagte er. «Ich habe mein Leben wieder im Griff.» Er denke nicht, dass er wieder straffällig werden würde. Dank der Unterstützung seiner Eltern und der Therapie habe er gute Aussichten im Berufsleben.
Der Richter wundert sich
Die Verteidigerin verlangte im Beweisantrag, dass die Therapieberichte zu den Akten zu nehmen seien. Das wurde vom Gerichtspräsidenten, wie er feststellte, «mit Verwunderung» zur Kenntnis genommen. Immerhin sind seit Austritt des Beschuldigten aus der Klinik mehrere Monate ins Land gegangen. «Die Therapieberichte sind angefordert, aber noch nicht eingetroffen», versicherte die Verteidigerin.
An diesem Punkt musste die Verhandlung abgebrochen werden. Das Warten auf die Therapieberichte geht offensichtlich weiter.