Heute vor 100 Jahren
Blick ins BT-Archiv: Mandeltorten, Filzfinken und Blut- und Leberwürste

Im Dezember 1918 mahnte die Stadtregierung noch, die Lebensmittelkarten für den Januar rechtzeitig zu beziehen. Die Badener Geschäfte führten aber wieder ein reichhaltiges Angebot. Und der Verleger und Redaktor des BTs hatte sich eine Grippe eingefangen.

Andreas Fahrländer
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1918 war das BT noch «Allgemeines Anzeigenblatt für Stadt und Bezirk Baden, sowie für die angrenzenden Landesteile».

1918 war das BT noch «Allgemeines Anzeigenblatt für Stadt und Bezirk Baden, sowie für die angrenzenden Landesteile».

Andreas Fahrländer

Weihnachten vor 100 Jahren war ein besonderes Fest. Der furchtbare Krieg in Europa war seit einem guten Monat beendet, die Wunden waren aber noch längst nicht verheilt. In der Region Baden veränderte sich das Leben langsam zurück zur Normalität. Die Anzeigenseiten im Badener Tagblatt waren in der Kriegszeit geprägt von Rationierung und wirtschaftlicher Not.

Jetzt, kurz vor Heiligabend 1918, mahnte die Stadt im BT zwar noch immer für den rechtzeitigen Bezug der Lebensmittelkarten für Januar. Die Badener Geschäfte aber boten alles an, was das Herz begehrt: Auf dem Paradiesplatz, dem heutigen Cordulaplatz, gab es Weihnachtsbäume. Nicht weniger als acht Badener und Ennetbadener Metzger priesen ihre frischen Blut- und Leberwürste an. Die Conditorei Schnebli am Stadtturm (später war hier der Disler) hielt Mandeltorten, feinste kalte Pasteten, Hausleckerli und Marzipan feil.

"Ein passendes Weihnachtsgeschenk"

In der Spirituosen- und Weinhandlung Fastenrath an der Badstrasse gab es Crême de Kirsch, Eier-Cognac, Nusswasser und Vanille-Likör. Matter an der Rathausgasse empfahl «Kümmel, Weinbeeren, Vanillzucker, Nelken und Zimmt». Die Papeterie Höchli schlug als «passende Weihnachtsgeschenke Damen-Taschen, Schul-Mappen und schöne Briefpapiere» vor, die Schuhmacherei Maurer an der Mittleren Gasse Filzfinken, Holz- und Strohschuhe.

Auch die Kunst kam nicht zu kurz: In einer Einsendung schrieb ein selbst ernannter «Freund der Diletantenkunst» (sic): «In der Buchhandlung zum Pflug am Löwenplatz ist gegenwärtig ein Oelgemälde ausgestellt, ein Cyklamenstock mit Stilleben, das seine Anerkennung verdient, da der Ersteller des Gemäldes, Seidl, ein Fabrikarbeiter sein soll. Das Gemälde trägt den schönen Zug, dass es die moderne Malerei ganz beiseite lässt und getreu die Manier der alten Künstler nachahmt, was auch sehr gelungen ist. Ein passendes Weihnachtsgeschenk.»

BT-Verleger und Redaktor Otto Wanner sen. hatte sich derweil eine vorweihnachtliche Grippe eingefangen. Das BT erschien trotzdem, wenn auch am 21. Dezember mit dem Hinweis: «Infolge Betriebsstörung (Grippe) muss leider auch die heutige Nummer textlich in etwas reduziertem Umfang erscheinen.»