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Zu wenige Bäume und zu wenige Grünflächen im Zentrum: Trotz Wakkerpreis gibt es in Baden Kritik am Umgang mit den Freiräumen.
Baden hat 2020 den Wakkerpreis des Schweizer Heimatschutzes erhalten. Die verkehrsgeplagte Stadt habe mit klugen Investitionen in öffentliche Freiräume an Lebensqualität zurückgewonnen, so die Begründung. Doch bei weitem nicht alle in der Stadt sind in Feierlaune.
Die Natur komme in der Innenstadt zu kurz, kritisieren Politikerinnen und Politiker der Grünen Partei. «Die Bäume im öffentlichen Raum haben es in Baden nicht leicht», schreibt Einwohnerrätin Corinne Schmidlin in ihrem Postulat mit dem Titel «Mehr Bäume für die Stadt».
«In den letzten Jahren sind diverse grosse Bäume im Stadtzentrum aufgrund von Bauarbeiten ersatzlos verschwunden: vor dem Bezirksgebäude, auf dem Bäderplatz oder im Gebiet des neuen Oberstufenzentrums Burghalde.» Der Baumschutz bei Hoch- und Tiefbauvorhaben sei häufig mangelhaft, bei einigen Neuplanungen habe man es verpasst, eine angemessene Bepflanzung mit Bäumen anzugehen.
«Stadtbäume leisten einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität der Bevölkerung, zu einem ansprechenden Stadtbild aber auch zur Biodiversität», schreibt Schmidlin weiter. «Und sie tragen wesentlich zur Reduktion der Hitzebelastung im Siedlungsraum bei.» Wer sich bei Hitze unter einem Baum aufhalte, spüre den wohltuenden Effekt von Schatten und Verdunstungskühlung. Die Stadt Baden habe dies erkannt und am 18. September 2020 im Rahmen der kantonalen Aktion «Klimaoase» im Bereich der Velostation eine Traubeneiche gepflanzt. «Die Klimaoase ist ein erstes sichtbares Zeichen für eine grüne Klimaadaptionsmassnahme – ihr haben weitere Bäume zu folgen», fordert Schmidlin.
Bereits in ihrem Infoblatt äusserten sich die Grünen kritisch. Sie begrüssen zwar die Initiative der Stadt, die vertikale Grünflächen plant – sogenannte hängende Gärten, etwa beim Gartenstrasse-Parkhaus oder vor dem Eingang zum Blinddarm (siehe Visualisierung). Aber: «Die Stadt sollte nun zeigen, dass sie ihre Ambitionen hinsichtlich einer grüneren Stadt nicht nur bei Vorzeigeprojekten beschränkt, sondern ein umfassendes Vorgehen verfolgt.» Die Antwort der Stadt auf das eben eingereichte Postulat steht noch aus.
Wenn es um Grünflächen bei der Stadtplanung geht, sind auch aus dem linksliberalen Lager kritische Stimmen zu hören. Bei Neubauprojekten zum Teil der Bau von Parkplätzen und somit der Autoverkehr gefördert. Neuestes Beispiel hierfür sei der geplante Neubau des Regionalen Pflegezentrums Baden, einer hundertprozentigen Tochter der Stadt, wie Fritz Bosshardt (Team) kürzlich im Einwohnerrat kritisierte.
«Die überbaute Fläche auf dem RPB-Areal soll mehr als verdoppelt werden – damit geht ein wesentlicher Teil der Grünfläche verloren.» Wo sich heute ein Park befinde, werde eine Tiefgarage gebaut. Über ihr würden 44 neue oberirdische Parkplätze erstellt. «Ist es wirklich im Interesse der Einwohnergemeinde, dass die RPB AG Grünfläche verbaut?», fragte Bosshardt rhetorisch. Mit dem Planungsleitbild 2016 habe sich die Stadt eigentlich dazu verpflichtet, die Grünfläche im ganzen Stadtgebiet und insbesondere im Quartier Limmat rechts zu erhalten, hält er fest.
Die Stadt antwortete zwar auf die Dringliche Anfrage Bosshardts, das Pflegezentrum solle dank öffentlich zugänglicher Angebote und dank öffentlicher Park- und Aussenanlagen zum Begegnungsort im Quartier werden. Und die Anordnung des oberirdischen Parkfelds werde beim Baubewilligungsverfahren geprüft. Doch Bosshardt hält fest: «Es wiederholt sich hier die Geschichte vom Kurpark: Eine städtische Aktiengesellschaft will für Profitmaximierung Grünfläche verbauen.» Das möge im Interesse der Gesellschaft sein, nicht aber im Interesse der Badener Bevölkerung. «Nun würden wir uns aber wünschen, dass der Stadtrat in seiner Funktion als Eigentumsvertreter Einfluss nimmt beim RPB-Neubau.»
Hans Schwendeler, Direktor des Pflegezentrums, lässt diese Kritik nicht so stehen. Das RPB betreibe als Nonprofit-Unternehmung in keiner Weise Gewinnoptimierung, sondern bietet der Badener Bevölkerung erschwingliche Alterswohnungen. Und bereits im Sommer erklärte Schwendeler: Die Grünfläche auf dem gesamten Areal werde zwar durch die Neubauten insgesamt tatsächlich kleiner sein als bisher – «aber sicher nicht halbiert».
Auch würden ein Tiergehege und ein öffentlicher Kinderspielplatz in der bebauten Fläche realisiert. «Das RPB wird auch in Zukunft eine grüne Oase sein», hält er fest. Und ergänzt, das kritisierte Parkfeld existiere bereits.» Derzeit sei es den Angestellten vorbehalten, künftig werde es ausschliesslich für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Aber auch auf der Website der Stadt Baden sind kritische Worte betreffend der RPB-Planung zu lesen. «Eine alte Badenerin muss weichen», heisst es im Umweltblog. Gemeint ist damit eine «prächtige Hängebuche», die heute in ihrem besten Alter sei. Dem Neubau des regionalen Pflegezentrums müssten alte Bäume weichen. «Dadurch geht viel verloren, denn alte Bäume sind besonders wertvoll für ein angenehmes Stadtklima. Sie kühlen ihre Umgebung und bieten Kleintieren einen Lebensraum. Alte Bäume müssen deshalb besser geschützt werden.» Bauprojekte, heisst es im Umweltblog der Stadt, müssten so gestaltet werden, «dass alte Bäume stehen bleiben können». Dies sei insbesondere von Interesse für die Menschen, die das Bauwerk später nutzen.
Den Bäumen sei innerhalb des Projekts grosse Beachtung geschenkt und ein entsprechendes Baumschutzkonzept erstellt worden, so das RPB. Nach Möglichkeit werde so gebaut, dass Bäume stehen bleiben können, an den entsprechenden Standorten werden die Baugruben senkrecht gestaltet, der Wurzelschutz während des Bauprojekts periodisch überwacht und Anlagen zur Wurzelbewässerung während der Bauzeit erstellt. «Ebenso werden auch wieder neue Bäume gepflanzt. Nach dem Bau werden wir mehr Bäume haben als vor dem Bau.» Und das RPB gibt zu Bedenken: Bäume können auch krank werden. «Wir müssen beispielsweise drei kranke Bäume fällen, um die Sicherheit auf dem Gelände für Spaziergänger weiterhin gewährleisten zu können.»