Der Badener Poet schreibt diesmal über Dinge, von denen wir bald sagen werden, dass sie aus einer anderen Zeit stammen.
Früher war da mal ein gelber Plastikdeckel drauf. Aber mit unserem Handrasenmäher raspelte ich ihn nach und nach weg. Einfach, weil ich zu faul war, mich zu bücken. Und es war auch eine Art Spiel. Ich verbot mir, beim Mähen innezuhalten. Ich wollte den Rasen möglichst in gleichbleibendem Tempo mähen, quasi im Flow, als hätte ich einen elektrischen Rasenmäher, und das Schicksal sollte entscheiden, ob die sich drehenden Klingen den Plastikdeckel treffen oder nicht.
Nun. Es traf diesen gelben Plastikdeckel jedes Mal. Und natürlich konnte auch von «Flow» nie die Rede sein. Denn dieser Handrasenmäher blockierte alle paar Schritte, und ich zog ihn zurück, und rammte ihn vorwärts, als hiesse es, in eine Burg einzufallen. Das Unkraut spritzte nach allen Seiten, ich schwitzte und fluchte, und eben, killte den gelben Plastikdeckel. Es war brutal.
Aber noch brutaler war, was nun hervorlugte. Ein von Rost zerfressener Metallring. Er ragte einen Zentimeter aus dem Boden. Es war ein Ding, aus einer anderen Zeit. Das Ding, in das man früher den «Stewi» reinstellte.
Ich sah schon unsere beiden Löwen, wie sie sich beim Tschutten oder beim Kämpfen auf der Wiese die übelsten Verletzungen zuzogen. Die meisten davon tödlich. Ich musste handeln. Und stopfte deshalb einen Tennisball in das Stewi-Rohr. Problem gelöst. Und das Ding ward vergessen. Es wuchs Gras über die Sache.
Und dann kam die Stromkrise.
Und elektrische Rasenmäher oder Wäschetrockner wurden zu Dingen aus einer anderen Zeit. Ich tschuttete den Tennisball aus dem verrosteten Ring und fiel in die Garage ein. Ich musste mich bücken. Hinter dem Regal. Der Wand entlang. Am Boden. Lag der Stewi. Schlummerte wie Dornröschen vor sich hin. Ein Chrüsimüsi aus Holz und gelbem Plastikseil.
Aber ich musste handeln. Und das Schicksal meinte es gut. In einer verstaubten Kiste fand ich auch noch den Berg an Kerzen, die wir als Kinder beim Kerzenziehen auf dem Bahnhofplatz gezogen hatten, mhhh, und der Bienenwachs duftete immer noch. Und da waren auch alle meine gesammelten Drei???-Kassetten, und der Kassettenrekorder, um den die Löwen schon bald kämpften, wie früher ums iPhone. Oder den Laptop. Oder die Game-Konsole.
Diese Dinge schlummern nun alle in der Garage. In einer Kiste. Und da ist ein gelber Plastikdeckel drauf. Ich holpere mit dem Handrasenmäher übers Unkraut. Und die Zeit – ist im Flow.
*Simon Libsig (45) ist Autor und Poet. Sein neustes Buch erscheint am 1. September 2022: «Dorfpolizist Gruber hat’s erwischt».