Wettingen
Budget-Abstimmung: Kanton weist Beschwerde ab – Gemeinde atmet auf

Nachdem gegen die Wettinger Budget-Vorlage eine Stimmrechtsbeschwerde vorlag, stand die Gemeinde für Anfang 2018 quasi ohne Budget da. Ab dieser Woche kann die Gemeinde aber wieder alle Ausgaben tätigen. Ammann Roland Kuster kündigt für künftige Vorlagen strengere Kontrollen an.

Sabina Galbiati
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Bei der Budget-Abstimmung in Wettingen hatte ein wichtiger Nebensatz gefehlt.

Bei der Budget-Abstimmung in Wettingen hatte ein wichtiger Nebensatz gefehlt.

Aargauer Zeitung

In kaum einer Aargauer Gemeinde dürfte die vergangene Budget-Abstimmung so viel zu reden gegeben haben wie in Wettingen. Weil im grauhinterlegten Antragstext in der Abstimmungsvorlage der entscheidende Nebensatz fehlte, dass der Stimmbürger mit einem Ja an der Urne einer dreiprozentigen Steuerfusserhöhung zustimmt, erntete der Gemeinderat heftige Kritik.

Der ehemalige Wettinger SVP-Einwohnerrat und Grossrat, Thomas Bodmer, forderte gar, die Abstimmung für ungültig zu erklären, und reichte beim Kanton eine Stimmrechtsbeschwerde ein. Nun hat der Kanton diese abgewiesen, obwohl «die Abstimmungsunterlagen an einem Mangel leiden» und «die Erläuterungen offensichtlich unvollständig sind». Denn die Erwähnung der Steuerfusserhöhung auf Seite sieben der Abstimmungsvorlage genüge nicht.

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Gemäss dem kantonalen Gesetz über die Aufgabenverschiebungsbilanz sowie über die Übergangsbeiträge wäre der Gemeinderat verpflichtet gewesen, ausdrücklich die dreiprozentige Steuerfusserhöhung auszuweisen. Der Grund: Da der Kanton seinen Steuerfuss um drei Prozentpunkte erhöht hat, mussten die Gemeinden ihren um drei Prozentpunkte senken. Ein gleichbleibender Steuerfuss, im Fall von Wettingen 95 Prozent, entspricht deshalb einer Steuerfusserhöhung.

In seinem Entscheid, der der AZ vorliegt, argumentiert der Kanton damit, dass der Gemeinderat das Stimmmaterial frühzeitig zugestellt hat und damit die Möglichkeit gab, allfällige Fehler zu korrigieren. Der Gemeinderat habe richtigerweise versucht, den Mangel mit einer Korrektur zu beheben, indem er im amtlichen Publikationsorgan, der «Limmatwelle», eine zusätzliche Information über die Steuererhöhung vorgenommen habe.

Zudem sei in den Medien ebenfalls über die Vorlage und die Steuerfusserhöhung berichtet worden. «Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass mit der gesamten Berichterstattung über das Budget 2018 mit dem Steuerfuss von 95 Prozent der Mangel weitgehend behoben werden konnte.»

Weiter stützt sich der Kanton auf das klare Abstimmungsresultat. Bei einer Stimmbeteiligung von 32,4 Prozent haben die Stimmbürger das Budget mit 68,5 Prozent angenommen. Wegen des klaren Resultats schliesst der Kanton aus, dass der fehlende Nebensatz das Abstimmungsresultat derart beeinflusst hat, dass die Abstimmung anders ausgefallen wäre. «Ein anderer Ausgang der Abstimmung wäre bei einem derart klaren Ergebnis auch bei ordnungsgemässen Abstimmungsunterlagen nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen.»

Bodmer: «Kein Weiterzug»

Thomas Bodmer sagt, er werde die Beschwerde nicht ans Verwaltungsgericht weiterziehen. «Es müsste die Argumentation widerlegt werden, dass der Entscheid hätte kippen können.» Bei welchem Verhältnis zwischen Ja- und Nein-Stimmen anders entschieden worden wäre, bleibe in der Argumentation offen.

«Es ist eine Ermessensfrage, wo die Grenze gezogen wird, und erfahrungsgemäss entscheidet das Verwaltungsgericht bei Ermessensfragen nur sehr zurückhaltend anders.» Er gibt aber zu bedenken, dass viele Leute brieflich und direkt nach der Verteilung der Unterlagen abstimmen. «Die Präzisierung des Gemeinderats zur Steuererhöhung ist erst gekommen, als viele schon abgestimmt hatten.»

Deshalb fände er es schwierig, mit dem klaren Resultat zu argumentieren, sagt Bodmer, «Meine politische Erfahrung zeigt: Wenn das Volk etwas Stossendes feststellt, dann entscheiden sich auch bei kleinen Punkten plötzlich sehr viele Leute um. Und dann kann eine Abstimmung auch dann kippen, wenn vorher alles klar war.»

Kuster: «Haben Lehren gezogen»

Für die Gemeinde bedeutet der Entscheid, dass sie ab dieser Woche alle Ausgaben tätigen kann. Denn solange die Beschwerde noch hängig war, durften lediglich die gebundenen Ausgaben, wie etwa die Löhne oder die Sozialhilfe, getätigt werden. Teils mussten aber geplante Arbeiten zurückgestellt werden.

Gemeindeammann Roland Kuster zeigt sich ob des Entscheids erleichtert. «Der Fehler ist passiert, und er ist ärgerlich. Der Entscheid zeigt aber, dass wir richtig und schnell reagiert haben.» Dennoch hält Kuster fest: «Wir haben unsere Lehre gezogen.» Künftig werde die Gemeinde die Kontrollen bei Abstimmungsvorlagen verschärfen.

Mindestens ein kleines Lehrgeld fällt trotz dem Entscheid an: So hatte der Gemeinderat im Falle eines Weiterzugs ans Verwaltungsgericht geplant, am 4. März erneut über das Budget abstimmen zu lassen. Trotz dem positiven Entscheid für die Gemeinde müssen die Abstimmungsunterlagen wegen der Verzögerung nun mit der um knapp 1800 Franken teureren B-Post statt einer günstigeren Massensendung verschickt werden.Kommentar Meinungsseite