Baden
Budget zurückgewiesen: An Tiefpunkt angelangt

Der Badener Einwohnerrat hat das Budget 2017 zurückgewiesen. Die Analyse zu diesem Beschluss und der Finanzpolitik in der Stadt Baden.

Roman Huber
Roman Huber
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Das Stadthaus in Baden.

Das Stadthaus in Baden.

Walter Schwager

Jetzt ist auch die Stadt Baden so weit: Erstmals hat ihr Einwohnerrat ein Budget zurückgewiesen. Die städtische Politik ist auf einem Tiefpunkt angelangt.

Über Jahre hinweg hat der Einwohnerrat dem Stadtrat und der Verwaltung neue Aufgaben in hoher Qualität zugeschaufelt. Was sich Baden anschaffte, konnten sich andere nicht leisten. Die Verwaltung wurde wiederholt beauftragt, Konzepte und Leitbilder für Planungen und Entwicklungen, Energie, Kinderbetreuung, Kultur, Naturräume, Quartiere, Radwege, Schule etc. etc. zu erarbeiten, die fortan dem Einwohnerrat als Grundlage für seine Entscheide dienen sollten. Einzig die SVP erhob hie und da den Mahnfinger. Die Stadt Baden konnte im Oktober 2008 mit dem Budget 2009 sogar den Steuerfuss um 5 Prozent auf deren 95 senken, womit man mit Stolz beinahe Wettinger Verhältnisse schuf.

Vom Stadtratstisch aus kam das Versprechen, man werde den Steuerfuss wieder erhöhen, wenn die Schulden steigen oder die Steuererträge sinken würden. Es gab aber auch aus Sicht der Investitionspolitik keinen Anlass zur Besorgnis, gingen doch die Hypothekarzinsen noch tiefer in den Keller. Selbst erste Zeichen einer Finanzkrise beunruhigten in Baden niemanden, denn die Energiebranche mit ABB, Alstom und Axpo schien von einer Krise weit entfernt.

Ungemach kam erst auf, als auf der Ertragsseite auch die Steuerreformen, so auch diejenigen für Unternehmen, sowie aufwandseitig steigende Gesundheits- und Verkehrskosten spürbar wurden. Im Frühjahr 2013 war im Stadthaus plötzlich von Sparbemühungen zu hören. Ein entsprechendes Budget 2014 zeigte erstmals auf, wie ernst es dem Stadtrat damit war.

Mit den Zauberwörtern «Optima» und «Projektportfolio» versuchte er, den Einwohnerrat bei Laune zu halten. Da verwundert nicht, wenn im bürgerlichen Lager angesichts von 250 Millionen Franken an Investitionen der Unmut wuchs. Doch schon die überraschend zustande gekommene linksgrüne Mehrheit im Stadtrat gab den Bürgerlichen Anlass zu Zweifeln und vermehrter Opposition. Die Affäre um Stadtammann Geri Müller führte in der Folge zum Vertrauensbruch, der sich auf den Stadtrat, dessen Politik und Verhältnis zum Einwohnerrat negativ auswirkte.

Und jetzt hat also auch die Stadt Baden ihr Budget-Debakel. Vor über einem Jahr erhielt der Stadtrat den Auftrag, die Geheimniskrämerei um «Optima» einzustellen und seine Sparmassnahmen offenzulegen. Im Mai dieses Jahres präsentiere er diese, jedoch nur diejenigen, die er selber durchgewinkt hatte. Für eine offene Diskussion fehlte damit die notwendige Transparenz. In einer Trotzreaktion verweigerte es die bürgerliche Ratsmehrheit, gar auf das «Optima»-Paket einzutreten. Die letzte Hoffnung, dass das Budget 2017 noch in die richtigen Bahnen gelenkt werden könnte, war damit dahin.

In der Folge wollten die Bürgerlichen – unter der Bedingung, dass keine Linksparteien dabei sind – an einem runden Tisch mit dem Stadtrat das Gespräch suchen. Dies wie auch die Sparattacken, die kurz vor der Einwohnerratssitzung über Mail und soziale Netzwerke geritten wurden, offenbaren ein seltsames Gebaren, eine für Baden neue Auffassung von Politkultur. Die Finanzkommission hat zwar ihre Bedenken geäussert, jedoch dem Budget zugestimmt, in der Erwartung, dass der versprochene Finanzplan Ende Jahr vorliegt und dass das vom Einwohnerrat geforderte Null-Wachstum der Aufgaben mit dem Budget 2018 erreicht wird.

Die erfolgte Machtdemonstration der bürgerlichen Parteien, die bei 1,178 Millionen Franken zu viel Ausgaben (von total 55,4 Mio.) das Budget zurückwiesen, wie auch die blinde Belobigung der stadträtlichen Politik und fehlende Einsicht für die Finanzsituation bei den Linksparteien werfen beim Bürger Fragen auf. Die Verwaltung, die mit Jahresbeginn keine Gewähr darüber hat, ob sie ihren Job richtig ausführt, wird sich Gedanken machen über ihren Arbeitsplatz und über diejenigen, die ihr das eingebrockt haben: den Stadtrat und in erster Linie den Einwohnerrat.

Warum plötzlich diese politische Unkultur? Vielleicht mit ein Grund: Bis heute wechselte die Hälfte der 2013 gewählten Einwohnerräte. Will Baden seine Standortqualität wahren, braucht es Kontinuität in der Arbeit. Gut, dass es nicht mehr weit ist bis zum Herbst 2017, wenn Einwohnerrat und Stadtrat neu gewählt werden.