Frauenstreik
Bunte Aktionen in Baden, Brugg und Bad Zurzach: Mit so vielen Frauen rechnete niemand

400 bis 500 Frauen beim Badener Stadthaus, eine bunte Schar im Garten des Kulturhauses Odeon in Brugg und eine Grillade im Zurzacher Kurpark: Der Frauenstreik mobilisierte zahlreich.

Pirmin Kramer, Sarah Kunz, Claudia Meier
Drucken
Frauenstreik in Baden
16 Bilder
Frauenstreik Baden
Frauenstreik Baden
Frauenstreik Brugg Frau Stadtammann Barbara Horlacher bekommt von den Männern des Kulturhauses Odeon eine "Streiksuppe". Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.
Frauenstreik Brugg Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.
Frauenstreik Brugg Frau Stadtammann Barbara Horlacher bekommt von den Männern des Kulturhauses Odeon eine "Streiksuppe". Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.
Frauenstreik Brugg Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.
Frauenstreik Brugg Frau Stadtammann Barbara Horlacher bekommt von den Männern des Kulturhauses Odeon eine "Streiksuppe". Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.
Frauenstreik Brugg Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.
Frauenstreik in Bad Zurzach Frauenstreik in Bad Zurzach
Frauenstreik in Bad Zurzach Frauenstreik in Bad Zurzach
Frauenstreik in Bad Zurzach Frauenstreik in Bad Zurzach
Frauenstreik in Bad Zurzach Frauenstreik in Bad Zurzach
Frauenstreik in Bad Zurzach Frauenstreik in Bad Zurzach
Frauenstreik in Bad Zurzach Frauenstreik in Bad Zurzach

Frauenstreik in Baden

Alex Spichale

«Unglaublich, die ganze Rathausgasse ist voll», sagte Connie Fauver, Co-Präsidentin von Frauen Aargau und Mitorganisatorin des Frauenstreiks in Baden. Schätzungsweise 400 bis 500 Frauen und Kinder – sowie auch einige Männer – waren gestern um 11 Uhr zum Badener Stadthaus gekommen, wo Stadtammann Markus Schneider das Manifest mit den zehn wichtigsten Forderungen entgegennahm.

News, Reaktionen, Bilder und Videos vom Frauenstreik - hier gehts zum Liveticker.

Jede einzelne wurde vorgelesen (ohne Mikrofon, mit einer derart hohen Zahl an Streikenden war nicht gerechnet worden), gefolgt von Applaus, Jubel beziehungsweise Trillerpfeifen-Protest.

In Baden startete der Frauen-Streik um 7.30 Uhr mit Yoga auf der Wiese bei der reformierten Kirche; über 40 Frauen stärkten sich mit Sonnengrüssen für den Tag. Eine 61-Jährige sass daneben und schüttelte den Kopf: «Unglaublich, wie wenig sich in den vergangenen Jahrzehnten für uns Frauen gebessert hat.» Unverständnis äusserte sie über die «Ignoranz» der Frauen-Wandergruppe, die sie kurz zuvor beim Bahnhof gesehen hatte: «Wie kann man an einem solchen Tag wandern statt mitstreiken?»

Alex Spichale

Später versammelten sich Frauen in mehreren Quartieren sowie auch in Wettingen, um sich gemeinsam auf den Weg zum Badener Stadthaus zu machen. Fast jede nannte andere Gründe, warum sie an diesem Tag am Streik teilnahm. «Wir müssen zusammenhalten mit Frauen, die schlechter gestellt sind als wir», sagte Marianne Zehnder. «Und ich will darauf aufmerksam machen, wie viel Freiwilligenarbeit wir Frauen leisten. Ohne diese würde viel zusammenbrechen.» Alice Piazzesi, aufgewachsen in Mailand, erklärte: «Der Wiedereinstieg nach der Schwangerschaft wird den Frauen hier leichter gemacht.

Frauenstreik Baden

Frauenstreik Baden

Alex Spichale

In Italien aber ist die Betreuung der Kinder während der Schulzeit viel besser organisiert.» Bettina Meyer, die auf dem Familiengericht arbeitet, erklärte: «Ich bin nicht hier wegen mir, ich konnte immer schon machen, was ich wollte. Aber in meinem Arbeitsalltag begegne ich vielen Frauen, die alleine dastehen mit Kindern, aber keinen bezahlbaren Krippenplatz finden. Darum haben sie keine Zeit, um einer Arbeit nachzugehen, die so viel Lohn einbringt, dass sie davon leben können. Das ist ein grosses gesellschaftliches Problem.» Julia Kind marschierte mit, weil sie auf die wirtschaftliche Komponente der Benachteiligung von Frauen aufmerksam machen wollte. Sie wünscht sich, dass Frauen in höheren Gremien besser vertreten sind. Die 61-jährige Christine Etter sagte: «Für Frauen muss sich noch so viel verbessern. Aber ich will daran erinnern, dass wir auch schon einiges erreicht haben, beispielsweise das Frauenstimmrecht erkämpft haben. Ich hoffe, dass es immer wieder Vorkämpferinnen geben wird.»

Frauenpotenzial wird unterschätzt

In Brugg war im Gegensatz zum Grossaufmarsch in der Stadt Baden vor 12 Uhr noch wenig zu spüren vom Frauenstreiktag. Am Infostand vor dem Brunnen auf dem Neumarktplatz, wo die Organisatorinnen Flyer verteilten, plauderten drei Frauen. Nur wer ein paar Meter weiter ging, traf im Garten hinter dem Kulturhaus Odeon auf eine bunte Schar gut gelaunter Frauen und Männer. Die Einen sassen an den roten Tischen, die Anderen standen Schlange für die vegane Gratis-Streiksuppe, die von Lukas Huppenbauer und Ueli Basler mit frischen Zutaten zubereitet worden war.

Frauenstreik Brugg Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.

Frauenstreik Brugg Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.

Alex Spichale

So auch Bruggs Stadtammann Barbara Horlacher, die sich aus Frauensolidarität am Aktionstag beteiligte und den ganzen Tag nicht ins Stadthaus ging, am Abend aber den offiziellen Anlass am Schulschlussessen wahrnahm. «Ich selber habe zwar das Glück, dass ich in einer privilegierten Situation aufgewachsen bin. Dennoch finde ich es wichtig, dass man auf die nach wie vor aktuellen Themen wie beispielsweise Lohnungleichheit und Vorsorgelücken bei Frauen hinweist», hielt Horlacher fest.

Musikerinnen sorgten auf der kleinen Bühne für gemütliche Gartenfeststimmung, bevor das Manifest unter anderen von zwei Kindern, die sich selber dafür gemeldet hatten, vorgelesen wurde. Unter den Zuhörerinnen war auch Ursula Renold, Präsidentin des Fachhochschulrats, mit violettem Kleid, violetter Handtasche und violetten Schuhen. Die 58-Jährige bekleidet im Wissenschaftsbetrieb, der «hochgradig von Männern dominiert ist», mehrere Führungspositionen und weiss, dass es in Sachen Gleichstellung auf vielen Ebenen noch grossen Handlungsbedarf gibt. «Leider wird das Potenzial der Frauen in Führungspositionen noch immer stark unterschätzt», sagte Renold. Um in der Gesellschaft etwas zu verändern, müsse man sich zudem selber engagieren. Sie sei auch stellvertretend für die Schwächsten hier, die an diesem Aktionstag nicht teilnehmen können, aber gerne würden.

Frauenstreik Brugg Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.

Frauenstreik Brugg Frauenstreik, Odeon Garten, Brugg, 14. Juni 2019.

Alex Spichale

Für die 51-jährige Judith Fuchs und die 64-jährige Marianne Strebel war es im Odeon Garten die erste Teilnahme an einem Frauenstreiktag. Warum sie sich 1991 nicht am nationalen Aktionstag beteiligt hatten, konnten sie nicht sagen. Strebel begrüsste es, dass auch ein paar Männer den Weg hinter die Mauern des «Odeons» gefunden hatten. Denn ohne Männer gebe es keine Gleichstellung.

Über 120 Portionen Streiksuppe wurden insgesamt verteilt. Die Organisatorinnen, Nergis Kablan und Ligia Vogt, zeigten sich positiv überrascht über das Interesse am Brugger Aktionstag. «Es freut mich, dass alle Generationen so gut vertreten sind», sagte Vogt und hoffte, dass alle mit ihr nach Aarau kommen würden.

Grilladen gingen schnell weg

Violette T-Shirts, violette Banner und Fahnen, das Wort «Frauenstreik» in violetter Kreide am Boden geschrieben: Auch Bad Zurzach bekannte gestern Farbe. Im Pavillon beim Kurpark fand ein Mittagstisch mit Grill, Kaffee und Kuchen statt. Knapp 80 Frauen und einige Männer kamen zusammen, unterhielten sich gemütlich und applaudierten kräftig, als die beiden Organisatorinnen Elena Flach und Cybel Dickson das Manifest vorlasen. «Ich streike, weil ich in meinem Alltag immer wieder Ungleichheiten erlebe», sagte Flach. «Dagegen will ich etwas tun.»

Frauenstreik in Bad Zurzach Frauenstreik in Bad Zurzach

Frauenstreik in Bad Zurzach Frauenstreik in Bad Zurzach

Sarah Kunz

Die Co-Präsidentin der SP Bezirk Zurzach wollte mit der Aktion aufmerksam machen und die Frauen aufwecken. Vor allem in Randgebieten sei es wichtig, die eigene Stimme wahrzunehmen. «Es nervt vielleicht, wenn wir immer wieder mit denselben Forderungen kommen», sagte Flach. «Aber solange noch keine Lösung auf dem Tisch ist, müssen wir auch weiterhin darüber sprechen.» So schienen das auch andere Zurzibieter zu sehen: Der Aufmarsch war grösser als erwartet. «Unsere Grilladen neigen sich bereits dem Ende zu», sagte Flach lachend. «Greift also besser schnell zu.» Nebst dem gemütlichen Beisammensein organisierten Flach und Dickson auch einen Siebdruck. Dort konnten T-Shirts und Taschen mit dem Logo des Frauenstreiks versehen werden. Im Hintergrund lief Musik. Natürlich von Frauen. Natürlich über Frauen.

Weitere Bilder zum national Frauenstreik:

Frauenstreik 2019 Blog
83 Bilder
Demonstration in Aarau.
Demonstration in Aarau.
Demonstration in Aarau.
Demonstration in Aarau.
Demonstration in Aarau.
Zehntausende am Zürcher Limmatquai.
Frauenstreik in Zürich Auf den Plakaten steht: "Auch albanische Frauen haben ein Recht auf Erbschaften."
Zehntausende in Bern.
Demonstration in Aarau.
Zehntausende in Bern: Nähe Bundesplatz.
Die Veranstalterinnen sprechen von 35'000 Personen auf dem Bundesplatz.
Teilnehmerinnen in Lausanne.
Nachmittagsdemo: Aufmarsch der Frauen in Aarau.
Nachmittagsdemo: Aufmarsch der Frauen in Aarau.
Nachmittagsdemo: Aufmarsch der Frauen in Aarau.
Nachmittagsdemo: Aufmarsch der Frauen in Aarau.
Nachmittagsdemo: Aufmarsch der Frauen in Aarau.
Nachmittagsdemo: Aufmarsch der Frauen in Aarau.
Frauen in St.Gallen tragen ein Transparent, an einer Kundgebung zum nationalen Frauenstreik.
Badens Stadtammann Markus Schneider. Demonstrationszug vor dem Stadthaus.
Badens Stadtammann Markus Schneider mit Stadträtin Ruth Müri. Demonstrationszug vor dem Stadthaus.
Badens Stadtammann Markus Schneider mit Stadträtin Ruth Müri. Demonstrationszug vor dem Stadthaus.
Stadtammann Markus Schneider mit Stadträtin Ruth Müri. Demonstrationszug vor dem Stadthaus.
Manifest in Aarau.
Manifest in Aarau.
Manifest in Aarau.
Frauen tragen das Manifest durch Aarau.
Frauen tragen das Manifest durch Aarau. Blockierter Bus.
Frauenstreik in Aarau.
Frauenstreik in Aarau: Präsentation des Manifestes.
Parlamentarierinnen streiken in Bern vor dem Bundeshaus.
Versammlung in Luzern.
Versammlung in Luzern.
Versammlung in Luzern.
Versammlung in Luzern.
Parlamentarierinnen streiken in Bern vor dem Bundeshaus.
Parlamentarierinnen streiken in Bern vor dem Bundeshaus.
Parlamentarierinnen streiken in Bern vor dem Bundeshaus.
Parlamentarierinnen streiken in Bern vor dem Bundeshaus.
Sternmarsch der Berner Kulturschaffenden.
Streik am Schulhaus Aemtler in Zürich.
Streik am Schulhaus Aemtler in Zürich.
Runter mit der Tamponsteuer, Bern.
Runter mit der Tamponsteuer, Bern.
Corso entlang der Langstrasse in Zürich.
Dieses Kaffee bestreikt. Lausanne.
: Der Niklaus-Thut-Brunnen in den Streik-Farben. (Foto: Franziska Kremer.)
Projektion auf den Rochetower in Basel: Heute ist Frauenstreik
Frauenbind an einem Geländer. Lausanne.
Seit dem Freitag 14. Juni twittert auch Bundesrätin Sommaruga - ihr erster Tweet hat den Frauenstreik zum Inhalt.
Frauen färben Brunnen in Baden in den Streikfarben ein.
Streikfrühstück in Lausanne.
Streikfrühstück in Lausanne.
Die Session in Bern im Zeichen des Frauenstreiks. Die SP-Nationalrätinnen Nadine Masshardt, Yvonne Feri, Laurence Fehlmann Rielle, Priska Seiler Graf, Barbara Gysi, Mattea Meyer, und Jacqueline Badran, von links, posieren für ein Selfie.
Die Session in Bern im Zeichen des Frauenstreiks.
Die Session in Bern im Zeichen des Frauenstreiks: Bundesrätin Viola Amherd im Gespräch mit Walter Mueller, FDP-SG.
Aargauer Statue im Frauenstreik.
Frauen verbrennen BHs in Lausanne. Kampf für gleichen Lohn und Respekt.
Pfannenkonzert in vielen Städten, Bild: Lausanne.
Demonstration für Frauenrechte in Lausanne.
Demonstration für Frauenrechte in Lausanne.
Demonstration für Frauenrechte in Lausanne.
Projektion aufs höchste Gebäude der Schweiz: Roche Tower in Basel.
20190613_Greve_Femme_Lausanne_LG_15201-1_copie
20190613_Greve_Femme_Lausanne_LG_15258-1_copie
Frauen verbrennen BHs in Lausanne. Kampf für gleichen Lohn und Respekt.
Corso entlang der Langstrasse in Zürich.
Streikende Frauen übernehmen die Nachtwache in Lausanne.
Demonstration für Frauenrechte in Lausanne.
20190613_Greve_Femme_Lausanne_LG_15258-1_copie
Streikende Frauen gingen in der Nacht in vielen Städten auf die Strasse, hier in Lausanne.
Frauen stehen auf. Die grossen Demonstrationen am Freitag.
Die Zeichen des Streiks Ein Button mit dem Datum des Frauenstreiks hägt an der Jacke von Stephanie Vonarburg, Vizepraesidentin syndicom. Anlass ist eine Medienkonferenz am 20. Mai 2019 in Bern.
Einen Monat vor dem Frauenstreik informierten das Komitee Frauenstreik Aargau und weitere Organisationen über die Streikgründe und -aktivitäten am 14. Juni im Aargau.
Bunt: Das Programm zum Frauenstreik im Kanton Solothurn.
Der 1.Mai im Zeichen des Frauenstreiks. Kundgebungsteilnehmer laufen am traditionellen 1. Mai-Umzug 2019, am Tag der Arbeit im Zeichen des Frauenstreiks in Zürich.
Der Frauenstreik 2011 in Genf.
Das Frauenstreik Logo.
Rückblick auf den Frauenstreik 1991: Streikende Frauen und Männer vor der St.-Ursen-Kathedrale in Solothurn.
Rückblick: An den Anliegen hat sich seit 27 Jahren nichts geändert: Streikende Frauen am nationalen Frauenstreik vom 14. Juni 1991 in Zürich.
Rückblick: Am ersten Frauenstreiktag 1991 legten wie hier in Basel eine halbe Million Frauen ihre Arbeit nieder. Key
Der Tag der Arbeit wurde nämlich auch in den Dienst des Frauentags vom 14. Juni gestellt: So wurde etwa auch wie in Basel mit violetten Plakaten für den nationalen Frauenstreik mobilisiert.

Frauenstreik 2019 Blog

Colin Frei