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Seit letztem Jahr ist beim Stadtturm eine neue Verkehrsüberwachungsanlage in Betrieb. Wer unerlaubterweise unter dem Stadtturm hindurch fährt, riskiert eine Busse von 100 Franken. Das gilt nicht für die Polizei.
Im Budget 2019 der Stadt Baden sind sage und schreibe 400 000 Franken Busseneinnahmen eingerechnet, was 4000 Bussen oder rund 10 Bussen pro Tag ergäbe. Ein prominentes "Opfer" wurde Ende letzten Jahres bereits bekannt: Metzger Thomas Müller tapte, respektive fuhr prompt in die Stadtturm-Falle (die AZ berichtete).
Dieser Umstand hat Kurt Hartmann aus Baden veranlasst, die Redaktion zu kontaktieren. «Die Metzgerei Müller betreibt gelegentlich auf den Schlossbergplatz einen Wurstgrill. Sie ist dazu mit dem Grill im Auto durch das Stadtturmtor gefahren und hat deshalb von der Stadtpolizei eine saftige Busse erhalten. Gestern nun habe ich mich an diese Geschichte erinnert – wegen einer fasnächtlichen Schnitzelbank.»
Doch damit nicht genug. Genau vor einer Woche um 10 Uhr sei er über den Schlossbergplatz spaziert. «Da fuhr ein Streifenwagen der Stadtpolizei an mir vorbei und fuhr direkt weiter durch das Stadtturmtor. Dabei meine ich doch, für Polizisten gelten – privat und im Einsatz – die genau gleichen Strassenverkehrsregeln wie für alle andern Verkehrsteilnehmer», sagt Hartmann. Gewiss, in einem Notfall dürften Rettungsfahrzeuge die Verkehrsregeln missachten. «Aber wirklich nur im Notfall und meines Wissens nur mit Blaulicht und Martinshorn.»
Für dieses Verhalten der Stadtpolizei gebe es seines Erachtens nur zwei mögliche Erklärungen: «Entweder die Stadtpolizei bezahlt jährlich einen grösseren Bussenbetrag in die Stadtkasse und kauft sich so quasi frei von der Verpflichtung, die Verkehrsregeln einhalten zu müssen», vermutet Hartmann. «Doch dann müsste dies durch den Chef der Stadtpolizei auch entsprechend kommuniziert werden.» Oder aber die Stadtpolizisten seien tatsächlich der Ansicht, Verkehrsregeln seien nur für gewöhnliche Sterbliche gemacht. «In diesem Falle wäre es höchste Zeit, dass der Chef der Stadtpolizei seine Untergebenen eines Besseren belehrt.
Auf Anfrage nimmt Andreas Lang, Kommandant der Stadtpolizei Baden, wie folgt Stellung: «Im Einsatz darf die Polizei von den Verkehrsregeln abweichen – Schweiz weit, seit Jahrzehnten. Rollt ein Streifenwagen der Polizei auf der Strasse, handelt es sich um eine Interventions- bzw. Patrouillen- oder Kontrollfahrt.» Denn die Polizei fahre nicht ohne Grund los. «Deshalb dürfen sowohl Streifenwagen der Kantonspolizei Aargau als auch jene der Stadtpolizei Baden oder der Stützpunktfeuerwehr Baden den Stadtturm passieren.»
Das erklärt wohl auch, weshalb die Polizei im Kappelerhof eine eigentlich mit Fahrverbot belegte Quartierstrasse befahren darf. Denn auch dies ist Kurt Hartmann ein Dorn im Auge. «Vor ein paar Wochen musste ich als Fussgänger ausweichen und Platz machen für ein Streifenfahrzeug der Polizei, das ohne Martinshorn unterwegs war.»