Baden
Centre Pompidou in Baden: Spektakulär wohnen auf dem Schartenfels

Der Badener Unternehmer Dölf A. Köpfli macht einen aussergewöhnlichen Vorschlag für bezahlbaren Wohnraum in der Stadt. Ähnliche Siedlungen gibt es bereits in Zürich und Berlin – es sind Erfolgsmodelle.

Andreas Fahrländer
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An bester Lage über dem Landvogteischloss: Im Container-Dorf könnten Studenten, Handwerker und Kreative leben und arbeiten

An bester Lage über dem Landvogteischloss: Im Container-Dorf könnten Studenten, Handwerker und Kreative leben und arbeiten

Metaloca AG

Freier Wohnraum in der Stadt Baden ist knapp. Noch knapper sind Wohnungen zu moderaten Preisen. Eine unkonventionelle Idee, um dieses Problem zumindest ein Stück weit zu lösen, hatte der Badener Unternehmer Dölf A. Köpfli.

Auf dem Lägernkopf, gegenüber dem Badener Landvogteischloss und unterhalb von Schloss Schartenfels, möchte er eine temporäre Siedlung aus farbigen Hochsee-Containern erstellen. Mit gemeinschaftlich genutzten Aussenflächen, Begrünung und einzigartiger Aussicht auf die Badener Altstadt.

Mehr als nur eine Utopie

Was im ersten Moment wie eine verrückte Idee klingt, meint Köpfli durchaus ernst: «Baden ist eine kleine Stadt mit einer grossen Geschichte. Ich möchte, dass Baden auch eine gute, spannende Zukunft hat», sagt er im Gespräch. Die Idee sei mehr als eine Utopie. Ähnliche solcher temporärer Siedlungen mit Containern gibt es seit einigen Jahren etwa am Vulkanplatz in Zürich-Altstetten und in Berlin. Es sind Erfolgsmodelle.

Dölf A. Köpfli Der Badener Unternehmer will auf dem Schartenfels in Baden eine temporäre Siedlung erbauen.

Dölf A. Köpfli Der Badener Unternehmer will auf dem Schartenfels in Baden eine temporäre Siedlung erbauen.

Walter Schwager

Köpfli hat einen ersten Konzeptentwurf samt Zeichnungen verfasst, in dem es unter anderem heisst: «Rund dreissig Container bilden ein spannendes, kunstvolles Gebilde, das zahlbare Räume für Arbeiten und Wohnen bietet.» In der reich besonnten Siedlung in unmittelbarer Nähe zur Altstadt und zum Bahnhof könnten Kreative, Schriftsteller, Studenten, junge Senioren oder Kleinhandwerker einziehen, schreibt Köpfli.

Die Idee für die Siedlung auf dem Lägernkopf sei ihm gekommen, als er von der Hochbrücke auf den Felsen geschaut habe. «Direkt hinter dem Felsen stehen Häuser, dort ist Bauzone. Warum soll man temporär nicht auch auf dem Felsen bauen können?» Er wolle einen Diskussionsbeitrag liefern, wie Baden mutig, optimistisch, offen und kreativ über seine Zukunft nachdenken könnte.

«Frischen Wind in die Kleinstadt Baden bringen»

Ob die Idee wirtschaftlich, rechtlich und politisch machbar sei, werde sich weisen. Köpfli betont in seinem Konzept auch den sorgfältigen Umgang mit Ressourcen. So soll etwa auf Autogaragen und Lifte verzichtet werden. Leitungen und Röhren sollen nicht im Boden – oder in den Fels – versenkt werden, sondern wie beim Centre Pompidou in Paris an der Oberfläche bleiben und zum optischen Ganzen beitragen.

Dölf A. Köpfli hat Erfahrung mit Bauen: In seinem Auftrag wurde in Baden das ehemalige Höchli-Haus an der Badstrasse 21 aufwendig saniert. Zusammen mit seiner Tochter, der Zürcher Architektin Lucienne Antonia Köpfli, hat er 2012 das Stadthaus am Theaterplatz 5 gebaut.

Direkt hinter dem Felsen stehen Häuser, dort ist Bauzone. Warum soll man temporär nicht auch auf dem Felsen bauen können?

(Quelle: Dölf A. Köpfli, Badener Unternehmer )

An der Badstrasse, zwischen Knecht Reisen und Bücher Doppler, wollte er eigentlich einen Neubau mit Wohnungen, Läden und einem Restaurant realisieren. Diese Pläne hat Köpfli mittlerweile aufgegeben und die vier zusammenhängenden Grundstücke verkauft.

Es gehe ihm nicht zuletzt darum, etwas frischen Wind in die Stadt Baden zu bringen und das Städtchen aus seiner Lethargie aufzurütteln, sagt Köpfli. «Viele Badener haben das Gefühl, es gehe im Moment nicht richtig vorwärts. Mir geht es auch so.» Er wolle als Unternehmer Ideen einbringen, die vielleicht etwas ausgefallen, aber realisierbar seien.

Stadtammann: «Lieber in andere Visionen investieren»

Ein geologischer Gutachter hat Köpfli bezeugt, dass es keinen besseren Baugrund gäbe, als den Fels am Lägernkopf. «Es ist zwar ein unkonventioneller Vorschlag, vielleicht ein Wolkenschloss. Aber die Lage schreit fast danach, den Fels zu nutzen. So ein Projekt würde weit über die Region hinaus Furore machen.»
Stadtammann Markus Schneider (CVP) hat Köpflis Pläne gesehen. Er sagt, er sei durchaus angetan gewesen von der Idee: «Ich finde solche Vorschläge immer spannend, aber es ist überhaupt nicht realistisch, an diesem Ort zu bauen.»

Das Argument, es gehe nicht vorwärts in der Stadt, lässt Schneider nicht gelten. Es sei vieles im Umbruch in Baden, gerade baulich passiere derzeit unglaublich viel. «Es ist eine sehr schöne Vision, aber sie ist so nicht umsetzbar. Ich glaube, wir sollten in Baden in andere Visionen investieren, als am Schartenfels Wohnraum zu bauen», sagt Markus Schneider.

Köpfli versteht die zurückhaltende Reaktion des Stadtammanns, wie er sagt. Er gibt jedoch zu bedenken, dass verrückte Ideen die Diskussion über die Zukunft der Stadt Baden befruchten können.

Prächtiger Blick Die Aussicht vom Lägernkopf auf Baden.

Prächtiger Blick Die Aussicht vom Lägernkopf auf Baden.

Chris Iseli/Badenfahrt

Felsplatte steht unter Naturschutz

Ob verrückt oder nicht: Die Idee einer Nutzung des Lägernkopfs ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Hier, wo die Lägern auf die Limmat trifft, wurden vermutlich schon seit der Römerzeit Steine abgebaut und damit gleichzeitig die enge Limmatklus geweitet. In grossem Aussmass wurden die Malmkalkschichten dann um 1890 vom Zürcher Steinbruchunternehmer Siegfried Scheyer für die junge Industriestadt Baden abgebaut.

Bis es im Juni 1899 zur Katastrophe kam und der Lägernkopf zu grossen Teilen einstürzte. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt, selbst das Restaurant Felsenegg blieb unbeschädigt.

Heute steht die Felsplatte unter Naturschutz und gilt als wertvoller Lebensraum für seltene Insekten, Schnecken und Schmetterlinge. Nicht selten wurde die Felsplatte für politische Propaganda genutzt – und 1981 schmückte der Schriftsteller Beat Gloor den Felskopf mit einer grossen, schwarzen Spinne aus Holz. Sie stiess auf keine Begeisterung bei den Badener Behörden: Nach kurzer Zeit löste die Stadtpolizei das acht Meter grosse Tier aus der Verankerung – weil es dort nicht hingehörte, wie es von der Stadt hiess.