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Die Birmenstorfer Gmeind lehnt mehrere Sparmassnahmen des Gemeinderat ab – und korrigiert auch das Budget für 2021.
Von 94 auf 98 Prozent: Die Birmenstorfer Stimmbevölkerung hat an der Gemeindeversammlung diese Woche überraschend den Steuerfuss erhöht. Dies entgegen des Vorschlags des Gemeinderates. Dieser hatte der Einwohnergemeindeversammlung eigentlich im Rahmen des Budgets 2021 einen gleichbleibenden Steuerfuss von 94 Prozent vorgeschlagen.
Dass früher oder später eine Erhöhung des Steuerfusses aussteht, daraus machte der Gemeinderat keinen Hehl: Die Steuereinnahmen stagnieren mit der Einwohnerzahl. Gleichermassen wird durch Folgekosten der 5-Millionen-Franken-Investition für den im vergangenen Jahr bewilligten Schulhaus-Neubau spätestens ab 2022 die Rechnung belasten. Eine Steuerfusserhöhung würde sich im Hinblick auf die steigenden Sozial- und Gesundheitskosten nicht mehr vermeiden lassen, heisst es in einer Gemeindemitteilung.
Die Kosten wollte der Gemeinderat nicht mit einer Steuererhöhung, sondern unter anderem mit zwei Massnahmen drücken: Durch die Kündigung des Leistungsauftrags für die Jugendarbeit und die Reduktion des Gemeindebeitrags für die Transportkosten der Schüler zu auswärtigen Schulen. Die Jugendarbeit in Birmenstorf erfolgt seit mehr als zehn Jahren durch Angestellte der Stadt Baden − das kostet die Gemeinde rund 100'000 Franken pro Jahr.
Da sich mittlerweile durch mehrere Akteure in Birmenstorf Alternativen gebildet haben, spielte der Gemeinderat mit dem Gedanken, die Jugendarbeit wieder selbst in die Hand zu nehmen. Dadurch sollten jährlich 50'000 Franken gespart werden.
Die Anwesenden an der Gemeindeversammlung standen diesem Vorhaben kritisch gegenüber. Unter anderem, da die Birmenstorfer Schüler sowieso spätestens ab der Oberstufe in Baden unterrichtet werden und sich die Jugendarbeit dann dort abspielt. Für die Bus-Abos der Schüler, die ausserhalb Birmenstorfs zur Schule gehen, kommt die Gemeinde zudem vollumfänglich auf. Im Hinblick darauf, dass diese Abos auch privat genutzt werden könnten, wollte die Gemeinde die Beteiligung auf 70 Prozent der Kosten reduzieren und so jährlich rund 16'000 Franken einsparen. Auch das passte den Anwesenden nicht.
Da diese Einsparungen nicht zustande kamen, wäre der geplante Aufwandüberschuss von 20000 Franken für 2021 noch weiter gestiegen. Deshalb kam der Vorschlag auf, nun doch die Steuererhöhung um vier Prozent zu beschliessen. Mit neun Gegenstimmen bei 76 Stimmberechtigten wurde die Steuererhöhung angenommen − dadurch soll eine schwarze Null in der Rechnung resultieren.
Brisant: Die SVP-Ortspartei ergriff im vergangenen Jahr das Referendum gegen den Budget-Beschluss, nachdem die Gmeind der geplanten Steuererhöhung auf 99 Prozent zugestimmt hatte.
Im Februar lehnte das Stimmvolk an der Urne die Steuererhöhung knapp ab, das Budget 2020 wurde erst im Mai mit unverändertem Steuerfuss abgesegnet. «Wir hatten den Urnengang klar als Aufruf zum Sparen verstanden», sagt Marcel Humbel, Präsident der SVP-Ortspartei, auf Anfrage. Umso überraschender sei das Votum der Anwesenden an der jüngsten Gmeind gewesen. «Unser Vorstand berät, ob wir nun erneut das Referendum gegen die Erhöhung des Steuerfusses ergreifen wollen.»