Kantonsschule
Das «Zimmer» steht auf Luftveränderungen

Beat Zoderers Skulptur hat einen neuen, temporären Standort – vor der Kantonsschul-Mensa.

Elisabeth Feller
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Das «Zimmer» steht auf Luftveränderungen

Das «Zimmer» steht auf Luftveränderungen

«Ein schiefer Turm steht wie ein unbewohntes, ungeschütztes Zimmer. es ist fast wie eine Ruine; alt, rostig, bemalt. Wem bietet dieses Zimmer Wohnung?» Das ist die Frage, geht es der Beobachterin durch den Kopf. Abermals hat sie dieses Zimmer vor Augen – aber diesmal ragt es nicht wie ein unbesiegbarer Turm vor ihr auf, sondern liegt wie ein Schwerkranker auf einem Lastwagen.

Wo stecken die Infusionsschläuche? Nirgends, denn es gibt gar keine. Dafür gibt es Drahtseile, die am vermeintlichen Patienten – Beat Zoderers Skulptur «Zimmer» –, befestigt sind und diesen sachte in die Höhe hieven. Obgleich schräg und deshalb etwas unsicher in der Luft baumelnd, wirkt das «Zimmer» quicklebendig – ungeachtet von «alt und rostig».

Die erste Reise ging nach Aarau

Ihr Schöpfer, Beat Zoderer, hat die 6 Meter hohe und 11 Tonnen schwere Skulptur mit den eingangs erwähnten Worten bedacht und diese als Liebeserklärung verstanden. Der Wettinger weiss aber: Wer rastet, der rostet. Also sieht er seine Skulptur gerne auf Reisen. «Das ‹Zimmer› ist eine Dropsculpture», sagt Zoderer. Was meint er damit? «Diese Skulptur ist wie ein Tropfen. Sie lässt sich ganz einfach hochheben – und dann fällt sie wie ein Tropfen immer wieder auf eine neue Stelle.»

So einfach gestaltet sich der «Tropfenfall» allerdings nicht. Denn das «Zimmer» ist ein Teil des insgesamt 21 Skulpturen zählenden Kulturweges Baden–Wettingen–Neuenhof (siehe Artikel). Während 20 Jahren stand Zoderers Kunstwerk in Neuenhof, bevor es im Januar dieses Jahres erstmals nach Aarau reiste – aus triftigem Anlass.

Das Aargauer Kunsthaus feiert 2010 seinen 50. und der aargauische Kunstverein seinen 150. Geburtstag. «Da machen wir den beiden ein temporäres Geschenk», sagte die Kulturweg-Stiftung und veranlasste den Umzug der Skulptur in den Rathausgarten beim Kunsthaus Aarau. Im August kehrte das «Zimmer» dann zurück, jedoch nicht mehr an seinen Stammplatz in Neuenhof.

Als neuen Standort hatte die Kulturweg-Stiftung, in Absprache mit der Gemeinde und dem Kanton, die Wiese neben der Mensa der Kantonsschule Wettingen ausersehen. Vorerst wurde die Skulptur in einem Depot gelagert. Als dann die Baubewilligung der Gemeinde Wettingen vorlag, stand der Züglete nichts mehr im Wege.

Anders als im Januar zeigte sich das Wetter im September gnädig: Der Boden war diesmal nicht gefroren, was das Setzen der Skulptur auf der Wiese leicht machte. Nun steht der schiefe Turm auch am neuen Ort da «wie ein unbewohntes, ungeschütztes Zimmer. Wem bietet dieses Zimmer Wohnung?» Darüber können sich die Wettingerinnen und Wettinger den Kopf zerbrechen. Wie lange denn? Hans Wanner (Stiftungsratspräsident) lächelt: «Ein Jahr». Und dann? «Sehen wir weiter.»