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Baden
Im August tagen ehemalige Schweizergardisten am Gründungsort der Garde.
Wenn in der Stadt Baden heute die Fronleichnamprozession durch die Strassen zieht, sind vier ehemalige Schweizer Gardisten mit ihren dreifarbigen Uniformen und Hellebarden mitten im Geschehen. Einer von ihnen ist Simon Groth, der Präsident der regionalen Sektion Argovia der schweizweiten Vereinigung ehemaliger Gardisten. Der 40-jährige Full-Reuenthaler diente um die Jahrtausendewende zwei Jahre als Gardist im Vatikan. «Das Bild, das viele im Kopf haben, wenn die Rede von Schweizergardisten ist, stimmt so nicht ganz.»
In der farbigen Uniform stundenlang still stehen und geradeaus blicken, das sei nur ein Teil der Aufgaben der Gardisten, so Groth. Überhaupt sei der Beruf «eine Herzensangelegenheit. Man sollte die Aufgabe als Schweizergardist mit Überzeugung ausüben. Für mich ging damit ein Kindheitstraum in Erfüllung.» Die Leibwache des Papstes, der aktuell rund 110 Gardisten angehören, kümmert sich um die Sicherheit in und um die päpstlichen Räumlichkeiten im Vatikan, wobei zum Beispiel auch Kontrollen bei Personen, die in den Stadtstaat einreisen möchten, oder Auskünfte an Touristen in Museen zum Alltag zählen.
Dass die ehemaligen Gardisten an der heutigen Fronleichnamprozession dabei sind, hat seinen guten Grund: Ende August hält die Vereinigung der ehemaligen Schweizergardisten die Zentraltagung in Baden ab. Dabei stehen die Generalversammlung sowie ein Festbankett im Trafo auf dem Programm. Bei der Tagung, die alle zwei Jahre stattfindet, könne auch die Bevölkerung mithelfen, sagt Groth: «Schön wäre, wenn in der Altstadt die Fenster mit Stadt- und Kantonsfahnen geschmückt sind.» Die Zentraltagung findet nicht zufällig hier statt: Die Schweizergarde wurde 1505 an der Tagsatzung in Baden ins Leben gerufen und bezog im folgenden Jahr Posten im Vatikan.
Damit jemand als Schweizergardist dem Papst dienen darf, muss eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehören eine Körpergrösse von mindestens 1,74 Metern, ein einwandfreier Leumund sowie die abgeschlossene Rekrutenschule. Zudem muss ein Gardist männlich, bei Dienstantritt zwischen 19 und 30 Jahren und ledig sein, so Urs Breitenmoser von der Informations- und Rekrutierungsstelle der päpstlichen Schweizer Garde.
Auch nach seinem berufsbedingten Austritt 2001 hat Groth das Gardisten-Leben nicht losgelassen. 60 Franken pro Jahr zahlt der Zollbeamte, um der regionalen Sektion Argovia der Vereinigung ehemaliger Gardisten anzugehören. Insgesamt verteilen sich 13 solche Sektionen über die Schweiz. Die tiefe Verbindung zur Garde entwickelte Groth seit einer Vertiefungsarbeit in der Schule: «Ich plante, über das Militär zu schreiben, was jedoch zu umfangreich war. In der Folge erfuhr ich von einem ehemaligen Schweizer Gardisten und durfte mit ihm ein Interview führen, was das Feuer in mir entfachte.»
Groth absolvierte wie die meisten Gardisten die Mindestdienstzeit von 26 Monaten im Vatikan, bevor es ihn zurück in die Schweiz zog. Die Schweizergarde befinde sich stets im Wandel: «Viele Gardisten kehren für andere berufliche Ziele oder für ein Studium zurück. Die meisten bleiben nach dem Dienst in der Garde im Bereich der Sicherheit.» Als besonderes Erlebnis dürfen Gardisten während der Vereidigung im Mai dem Papst ihre Eltern vorstellen. Das ist gleichzeitig auch für die Eltern ein spezieller Anlass, da Touristen normalerweise keine Chance haben, hinter die Gemäuer der Vatikanstadt zu kommen, ausser in die öffentlichen Bereiche: «Zutritt erhalten in erster Linie Angestellte sowie Personen mit einer Einladung oder einer sonstigen Begründung», sagt Groth.
Die Schweizergarde ist in drei Sektionen, sogenannte Geschwader, unterteilt. Eine Gruppe bilden Deutschschweizer, Welsche zusammen mit Tessinern ein zweites Geschwader und ein drittes die Musikanten. Zur Erholung vom Dienst sind die Gardisten auch privat in Rom unterwegs. Dabei sollten sie ein gewisses Verhalten zeigen, sagt Groth: «Als Gardist musst du damit rechnen, in Rom zum Beispiel in einem Café erkannt zu werden. Man trägt Verantwortung.»